Plagiatsjäger im Weihnachtsstress

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3000 bis 4000 Pakete mit Fälschungen zieht der Zoll wöchentlich aus dem Verkehr - ein Lokalaugenschein.

Andreas Gassmann weiß, was „in“ ist. Und das macht ihn bei seinen Bekannten – vor allem bei den weiblichen – heiß begehrt. „Beim Einkaufen gehst du mit“, sagen sie dann zum Amtsdirektor.

Plagiatsjäger im Weihnachtsstress
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Chanel, Louis Vuitton, Louboutin oder Abercrombie & Fitch: Gassmann weiß, was gefragt ist. Er muss es wissen. Denn er sitzt mit seinen Kollegen bei der Zollstelle Wien in Inzersdorf. Tausende Pakete werden hier täglich aus aller Welt angeliefert. Und speziell vor Weihnachten steigt die Zahl noch einmal beträchtlich. Denn immer öfter wird im Internet eingekauft. Doch nicht alles, wo Burberry oder Miu Miu draufsteht, ist auch tatsächlich von den Nobel-Herstellern. 97.957 Plagiate, also Produktfälschungen, hat der Zoll im vergangenen Jahr aus der Post gefischt. Wert: 5,3 Millionen Euro. Den Produktpiraten wird in Inzersdorf der Kampf angesagt.

Trefferquote

„Derzeit kommen rund 20.000 Pakete pro Woche herein. Zwischen 3000 und 4000 fallen auf – vor allem aufgrund der Herkunft und der Produktbeschreibung auf den Einfuhr-Unterlagen – und werden kontrolliert. Fast 95 Prozent davon sind Treffer“, erklärt Gassmann. Alle Sendungen aus dem Ausland landen hier. Außer jene aus der Schweiz – die werden in Vorarlberg behandelt.

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Interesse weckt bei den Plagiatsjägern ein großer Karton aus China. Schon die Herkunft lässt bei den Beamten der Zollstelle die Alarmglocken läuten – denn China ist der größte Hersteller von Fälschungen. Und tatsächlich. Unter biederen rosa Mäntelchen kommen Chanel-Tücher aus Kunstfaser, Chanel-Ohrstecker aus Plastik und nachgemachte Handtaschen der Nobel-Marke zum Vorschein. Darunter finden die Zollfahnder auch noch ein Burberry-Hemd in XXL und Ballerinas von Miu Miu. „Das schaut nicht nach einer Privatbestellung aus, da will wohl jemand damit handeln“, urteilt Gerhard Marosi, Leiter der Abteilung Betrugsbekämpfung. Der Empfänger aus dem 16. Wiener Gemeindebezirk wird die Ware allerdings nie bekommen.

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Ebenso wie jener, der auf ein exklusives Handycover von Louis Vuitton wartet. „Gut gemacht“, urteilt Plagiatsjäger Gassmann. „Aber die Verpackung ist billig.“ Bei Unsicherheiten hilft ein großes Daten-Archiv. Dort sind alle Erkennungsmerkmale der Markenwaren verzeichnet.

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Und auch jener Besteller, der eine Großpackung Viagra (mit Fruchtgeschmack) und Vitaminpillen geordert hat, wird wohl ohne auskommen müssen. „Das Problem ist die Form. Die ist nämlich patentiert“, sagt Marosi. Und damit verstößt man gegen das Markenrecht. „Mehrere Hundert Euro an Strafe sind möglich.“ Aber auch gesundheitlich bergen die Medikamenten-Importe große Gefahren. „Wir haben einmal ein Herzmedikament aus Russland untersuchen lassen. Das bestand aus Ziegelstaub, Markierungsfarbe und Möbelpolitur“, zählt Marosi auf.

Übrigens: Noch immer groß in Mode sind bei Schuhimporten die warmen, aber gefälschten UGG-Boots. „Sobald es wärmer wird, kommen dann wieder mehr Louboutins und Manolo Blahniks“, weiß Gassmann.

Fakten: "Die Homepage des Händlers genau anschauen“

Vor allem gefälschte Kleidung und Arzneimittel werden häufig übers Internet bestellt – obwohl der Käufer oft gar nicht weiß, dass es sich um Plagiate handelt.

Doch der gesunde Menschenverstand hilft schon dabei, Produktpiraterie zu erkennen. Klassiker: Ein Designer-Teil, das zu einem Schleuderpreis angeboten wird. Der Rat von Gerhard Marosi, Leiter der Abteilung Betrugsbekämpfung: „Die Homepage des Händlers genau anschauen. Gibt es überhaupt ein Impressum mit Adresse?“ Auch die Internet-Suche nach der Firma lohnt sich. Denn oft finden sich in Foren hilfreiche Einträge. Und auf seriösen Händlerseiten sind auch Hinweise über mögliche Zollabgaben und Steuern zu finden. Im Idealfall wickelt man den Online-Kauf nur mit bekannten, etablierten Unternehmen ab.

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Zoll und Einfuhrumsatz- und Verbrauchersteuern auf Waren fallen für den Konsumenten dann an, wenn die Ware in Nicht-EU-Ländern gekauft und nach Österreich eingeführt wird. Innerhalb der EU gibt es keine Verzollung.

Waren, etwa aus den USA oder Asien, die per Internet bestellt wurden und importiert werden und einen Warenwert von 22 Euro übersteigen, sind einfuhrumsatzsteuerpflichtig. Zoll ist zusätzlich ab einem Wert von 150 Euro zu bezahlen.

Werden Piraterie-Waren online gekauft, können die Markeninhaber Verfahren einleiten oder die Vernichtung der Ware beantragen – was im Großteil der Fälle auch passiert.

Weiterführender Link

www.bmf.gv.at

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