Pilnacek geriet in Fangschaltung des BAK

Pilnacek geriet in Fangschaltung des BAK
Der Chef der Strafrechtsabteilung geriet über zwei Freunde in eine Abhöraktion der Korruptionsjäger.

Ermittlungen in den eigenen Reihen sind für die Justiz immer unangenehm. Besonders heikel wird’s aber, wenn einer der einflussreichsten Beamten des Ministeriums am Radar auftaucht. Christian Pilnacek, Chef der Strafrechtsabteilung, Herr über die Staatsanwaltschaften und die rechte Hand von Justizministerin Beatrix Karl, geriet über zwei langjährige Freunde in eine riesige Abhöraktion des BAK, des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung. Die Ermittlungen gegen den Karrierejuristen wurden wieder eingestellt. Die Frage der Optik ist eine andere.

Im Verschlussakt 4 St 107/11x geht es um mögliche Anstiftung zum Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses und den Versuch verbotener Intervention. Der KURIER berichtete bereits. Beschuldigte sind Martin Standl und Christoph Pöchinger, beide früher im Kabinett der blau-orangen Ex-Justizministerin Karin Gastinger. Heute nutzen die zwei Mitglieder der schlagenden Burschenschaft Suevia ihre Kontakte in die Justiz für sogenannte Litigation PR – die Beratung und Unterstützung von Anwälten. Kann nicht schaden, wenn man Kunden und solche, die es werden sollen, wissen lässt, wie gut man in höchsten Justizkreisen vernetzt ist.

Im Zug des Telekom-Skandals begann die Justiz gegen Pöchinger wegen Honoraren für den Wahlkampf von Gastinger zu ermitteln und ihn sowie Standl abzuhören. Was die beiden Viel-Telefonierer plauderten, löste eine Abhöraktion aus, bei der mehr als 7000 Gespräche aufgezeichnet wurden. Längst ging es nicht nur um die Telekom, sondern um Telefonate mit Justizbeamten – und Pilnacek.

Pilnacek geriet in Fangschaltung des BAK

Mit ihm unterhielten sich die beiden über so prominente Fälle wie den ehemaligen kasachischen Botschafter Rakhat Aliyev , die 100-Millionen-Euro-Kaution von Julius Meinl und den möglichen Telekom-Kronzeugen, Ex-Vorstand Gernot Schieszler . Pilnacek, Trauzeuge von Pöchinger, erfuhr erst im heurigen Juni von der Korruptionsstaatsanwaltschaft, dass das BAK monatelang mitlauschte (siehe Faksimile). Die eifrigen Ermittler, die auch Private als „Vertrauenspersonen“ einspannten und die Verdächtigen bis in ihr Stammlokal, das „Schwarze Kameel“ in der Wiener Innenstadt, observieren ließen, wollten den Herrn Sektionschef schließlich gesondert über sein privates Handy überwachen. Der Dienstanschluss schien zu riskant, davon „wird im Hinblick auf die politische, entscheidungstragende Position von Mag. Pilnacek Abstand genommen“, formuliert das BAK im Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft.
Diese stellte die Ermittlungen gegen ihren obersten Chef rasch wieder ein. Kein Tatverdacht. Gegenüber dem KURIER beteuert Pilnacek, „niemals“ über Dinge gesprochen zu haben, die dem Amtsgeheimnis unterliegen. Über Aliyev, Meinl und Schieszler unterhielt man sich freilich schon, „aber nur über Dinge, die in den Medien standen“. Wenn Standl &Pöchinger mehr wissen wollten, „habe ich immer abgewehrt und klargemacht, dass ich Geheimnisträger bin“. Auf die Frage, warum er mit Außenstehenden überhaupt über so heikle Causen redete: „Ich werde überall auf aktuelle Themen angesprochen.“ Die Freundschaft hat sich für Pilnacek erledigt.

Ziemlich sauer war der Herr Sektionschef auch darüber, dass das Duo seine private Handynummer einem Kunden, dem Chef einer großen Wiener Anwaltskanzlei, weitergab. Der Advokat hatte keine Akteneinsicht und wollte Infos über den Verfahrensstand gegen Aliyev. Die er offenbar erhielt – auf welchem Weg auch immer. Was Gegenstand einer Anzeige gegen unbekannte Täter ist.

In Sachen Meinl-Kaution ergriff ein PR-Berater die Initiative bei Pöchinger. Die Fronten zwischen Meinl und Justiz waren bereits völlig verhärtet, ob das Duo was erreichen könne? Man brauche keinen Vertrag, rechnete sich aber eine hübsche Provision aus. Immerhin ging es um 100 Millionen Euro. Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl lehnte nach einem Treffen allerdings ab.

Was die Ermittler über die Gespräche mit Schieszler mitschnitten, könnte den geschassten Telekom-Manager seine Kronzeugen-Regelung kosten. „Standl hat meinem Mandanten gesagt, die Kronzeugen-Regelung sei glatt durch“, ärgert sich Schieszler-Anwalt Prochaska . Der Kronzeugen-Status entscheidet sich ohnehin erst 2013, am Ende des Prozesses um die Kursmanipulationsaffäre. Letzte dafür zuständige Instanz: Christian Pilnacek. Er habe nur seine eigene persönliche Einschätzung mitgeteilt, schwört Standl.

Schieszler hat obendrein ein Strafverfahren in Zusammenhang mit einem Bauprojekt in Albanien am Hals. Dorthin war er gemeinsam mit Standl gereist, der für einen Kunden ein Projekt vermitteln wollte. „Unfug, das wird sich demnächst in Luft auflösen. Das Projekt wurde nie ausgeschrieben“, meint Prochaska.
Standl&Pöchinger weisen alle Vorwürfe vehement zurück und beklagen, dass sie trotz mehrfacher Urgenz bis heute nicht einmal den vollen Strafakt erhalten haben. Pöchinger berät übrigens weiterhin den Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK). „Es gilt die Unschuldsvermutung, wir sind mit der Arbeit sehr zufrieden“, sagt man dort.

Als die beiden im Vorjahr die Beratungsfirma Policon gründeten, war anfänglich auch die Kanzlei von Christoph Herbst mit an Bord. Der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende des Flughafens ist immerhin Richter am Verfassungsgerichtshof.

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