"Sind auf Augenhöhe mit dem Flugzeug"

"Sind auf Augenhöhe mit dem Flugzeug"
Bahn-Chef Kern über schnellere Verbindungen, Tunnelbauten und das Wahlkampfjahr 2013.

Seine Ziele für das neue Jahr hat sich der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Bundesbahnen, Christian Kern, schon gesteckt. "Wir wollen 2013 noch besser abschneiden als 2012", sagt er im APA-Gespräch. Das Wachstum soll hauptsächlich vom Personenverkehr kommen: Die Ausweitung des Angebots, die Inbetriebnahme der Neubaustrecke im Westen und die damit einhergehende Beschleunigung, hohe Benzinpreise und ein Kulturwandel sollen dafür sorgen. "Der Trend geht in Richtung Bahn".

Schneller in den Westen

Die Bahn hänge heute auf vielen Strecken das Auto ab: Von Wien nach Salzburg, Innsbruck oder München, sei eine Reise mit der Bahn billiger, der Reiseverlauf angenehmer. Durch die mit dem Winterfahrplan eröffnete Hochgeschwindigkeits-Strecke zwischen Wien und St. Pölten wurde die Weststrecke noch schneller, Wien-Salzburg ist mit dem ÖBB-Railjet in 2 Stunden 22 Minuten zu erreichen. "In Wahrheit sind wir auf Augenhöhe mit dem Flugzeug", meint Kern. Zwischen Salzburg und Graz wurde das Angebot aufgestockt, Fernverkehrszüge verkehren im Zwei-Stunden-Takt.

Südstrecke

"Sind auf Augenhöhe mit dem Flugzeug"

Doch auch auf der im Vergleich deutlich langsameren Südstrecke wollen die ÖBB weiter wachsen: Der Einsatz der Railjets zwischen Wien und Graz sowie zwischen Wien und Villach habe fünf bis sechs Prozent mehr Fahrgäste in die Züge gebracht. Die Region Graz habe mit dem Ausbau der Koralmstrecke den stärksten Zuwachs im Nahverkehr in ganz Österreich zu verzeichnen.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es für Liebhaber der Lagunenstadt: Mit Italien gebe es "gute Gespräche" über die Direktverbindung nach Venedig, so Kern: "Wir hoffen 2013 auf ein neues Angebot."

Bahn kein "Spielball" im Wahlkampf

Ob die ÖBB im Wahljahr 2013 ein Thema der parteipolitischen Auseinandersetzung werden und Rufe nach einer Privatisierung wieder laut werden? Die Bahn solle nicht zum "Spielball" im Wahlkampf gemacht werden, dafür gebe es keine Grundlage, meint der ÖBB-Chef. "Ich glaube nicht, dass das im Wahlkampf hochkommt. Unsere Performance hat sich entscheidend verbessert". Die Bundesbahnen absichtlich in den Wahlkampf zu ziehen, "damit ist nichts zu gewinnen".

Tunnelbauten stehen außer Streit

"Sind auf Augenhöhe mit dem Flugzeug"

Die großen Tunnelbauten Semmering und Koralm stehen für den Bahn-Chef außer Streit. Die Regierung habe den Rahmenplan "einstimmig" beschlossen, es gehe hier um "Nachholinvestitionen" für die Bahnkunden. Jahrzehntelang sei die Straße gegenüber der Bahn bevorzugt worden, nun werde auf der Schiene mit Zukunftsinvestitionen aufgeholt. Auch der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll, lange ein Gegner des Semmering-Basistunnels, sei nun davon überzeugt. "Er ist beim Spatenstich neben mir gestanden".

Westbahn

"Sind auf Augenhöhe mit dem Flugzeug"

2012 war das erste Jahr für die ÖBB in Konkurrenz mit der mehrheitlich privaten Westbahn, die zwischen Wien und Salzburg fährt. "Das war eine sehr positive Erfahrung, wir haben uns sehr gut geschlagen", zeigt sich Kern mit der neuen Wettbewerbssituation zufrieden. Die ÖBB hätten Pläne, ihr Angebot weiter zu verbessern, dazu gehöre auch ein "stabileres WLAN". Das Roll-out des neuen Do&Co-Caterings laufe gut. Einen Seitenhieb auf die wirtschaftliche Lage der Westbahn, die in den roten Zahlen fährt, kann sich der Bahn-Chef nicht verkneifen: "Wenn du das schnelle Geld suchst, wirst du es nicht im Bahnfahren finden".

Die Westbahn gehört der französischen Staatsbahn SNCF und dem Bauindustriellen Hans-Peter Haselsteiner (je 35 Prozent) sowie dem Industriellen Erhard Grossnigg (30 Prozent über die Schweizer Augusta-Holding).

Nachjustieren

Verbesserungsbedarf sieht Kern im Fahrplan auf der Weststrecke: Dass drei Züge innerhalb von 20 Minuten von Wien nach Salzburg losfahren, und dann 40 Minuten keiner, habe mit den verschiedenen Geschwindigkeiten der Züge und der Orientierung an internationalen Anschlüssen in Salzburg zu tun, das sei aber nicht im Interesse der Kunden. Hier müsse eine "sinnvolle Ordnung" angestrebt werden, die wettbewerbsrechtlich korrekt und auch für die Kunden besser sei. "Das System Bahn funktioniert am besten, wenn es kooperativ ist". In der neuen Konkurrenz sieht der ÖBB-Chef jedenfalls keine Bedrohung: "Wir haben Wachstum, die Westbahn hat Wachstum - der Markt verträgts."

Die Gewerkschaft vida kritisiert die Arbeitsbedingungen beim Bordservice in ÖBB-Zügen. Wie der ORF berichtet, sollen dort viele Mitarbeiter des Catering-Unternehmens „Henry am Zug“, eine Tochterfirma von DO&CO, wenig verdienen.

„Es sind mehr als 50 Prozent der Kolleginnen und Kollegen nach ungarischem Kollektivvertrag angestellt und verdienen zwischen 450 und 600 Euro“, wird Ida Fleissner, Betriebsratsvorsitzende der ÖBB Personenverkehr AG der Region Salzburg zitiert. Außerdem würden die Arbeitszeiten teilweise zehn Stunden ohne gesetzliche Pause betragen. Dazu sei es nicht möglich, einen Betriebsrat zu gründen. „Kollegen, die interessiert waren, wurden gekündigt.“

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