ÖBB-Catering: An der Bürokratie gescheitert

Attila Dogudan: "Wurden unter der Gürtellinie diskreditiert und schlecht gemacht"
DO&CO bewirbt sich nicht mehr. Aber international auf Expansionskurs.

"Wir können das Spiel nicht gewinnen und nehmen zur Kenntnis, dass wir gescheitert sind." Für Attila Dogudan, international höchst erfolgreicher Gründer und Chef von DO&CO, hat sich das Kapitel ÖBB-Catering demnächst erledigt. Der börsenotierte Gourmetkonzern, der den Vertrag mit den ÖBB aufkündigte, macht bei der Neuausschreibung nicht mehr mit.

Die Tochter "Henry am Zug" werde die Bahn nur noch so lange bekochen, bis eine geregelte Übergabe an einen Nachfolger abgewickelt werden könne. Dogudan geht von einigen Monaten aus. Inzwischen aber hat die Bahn die Ausschreibung gestoppt. Weil es keinen Kollektivvertrag für Köche und Servierkräfte im Zug gibt.

DO&CO steigt aus dem Abenteuer ÖBB nach fünf Jahren mit zehn Millionen Euro Verlust aus. Das Unternehmen matcht sich wie berichtet wegen Arbeitszeitüberschreitungen mit der Gewerkschaft, das Arbeitsinspektorat droht mit 1,3 Millionen Euro Strafe. "Wir sind gutgläubig in jede Falle getappt, die uns aufgestellt wurde. Wir wurden unter der Gürtellinie diskreditiert und schlecht gemacht", hat Dogudan die Nase voll.

Bei der Ausschreibung des Catering-Auftrages habe es einen betrieblichen Kollektivvertrag (KV) des Vorgänger-Unternehmens gegeben. Dieser war auch die Basis für die Ausschreibung. Der KV wurde dann aber nicht auf "Henry am Zug" übertragen, weshalb man eine Betriebsvereinbarung abschloss – die auch von der Gewerkschaft unterschrieben wurde.

Dann habe sich herausgestellt, dass eine Betriebsvereinbarung ohne KV gar nicht gilt. Also setzten sich alle Beteiligten für einen neuen KV an den Verhandlungstisch.

Gastronomie oder Schiene?

Dabei stellte sich heraus, dass sich die Sozialpartner, also Gewerkschaft und Wirtschaftskammer, nicht einmal einig sind, unter welches KV-Dach das Bahn-Catering überhaupt gehört: Zur Gastronomie oder zur Schiene? "Wir sind ein fahrendes Wirtshaus und kein Schienenunternehmen", meint dazu Dogudan. Wie viele der 600 Mitarbeiter vom Nachfolger übernommen werden, ist offen.

Streit gibt es auch um die 40 fliegenden Köche, die auf den Langstreckenflügen der AUA eingesetzt werden. Da wird darüber diskutiert, ob die Köche, die seit etlichen Jahren an Bord sind, als Flugbegleiter eingestuft werden müssen. "Wenn es nicht gewünscht wird, dann hören wir eben damit auf", sagt Dogudan. Die Köche könnten sofort bei anderen Airlines an Bord gehen. Allein für Turkish Airlines hat Dogudan fast 1000 Köche im Einsatz.

100.000 VIP-Gäste bei der EM

Die französische DO&CO-Tochter Hediard wird auf der Fußball-Europameisterschaft bei 51 Spielen in zehn Stadien mehr als 100.000 VIP-Gäste betreuen. Hediard ist nicht nur für die Verpflegung zuständig, sondern für die gesamte Infrastruktur. Inklusive der Zulieferer sind rund 7000 Mitarbeiter im Einsatz. Für die Sicherheit werde bei der Euro "das Menschenmöglichste" getan. Die Stadien seien mit mehreren Sicherheitsringen abgesichert.

Nur ein ganz kleiner Auftrag, für Dogudan aber Prestigesache: Mit der Bundesliga-Saison 2016/’17 übernimmt DO&CO das Catering für die VIP-Gäste der Wiener Austria.

Nach der EURO eröffnet der Konzern in Paris die 30. Großküche. In den USA sind vier weitere Standorte geplant. Das Hotel in Istanbul soll heuer aufsperren.

Rekordjahr

Das Geschäftsjahr 2015/16 (31. März) war laut Dogudan das beste Jahr seit Bestehen des Konzerns. Der Umsatz stieg um knapp 15 Prozent auf 916 Millionen Euro, das Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) verbesserte sich leicht auf 55,5 Millionen. Wäre die türkische Lira nicht abgewertet worden, hätte der Konzern die Milliardengrenze beim Umsatz erreicht. Der Nettogewinn war mit 28 Millionen zwar niedriger als im Jahr zuvor, damals gab es aber einen Einmaleffekt.

Größte Division des breit aufgestellten Konzerns ist das Airline-Catering mit 631 Umsatzmillionen. DO&CO catert etliche große Qualitäts-Airlines. Das Unternehmen ist mittlerweile der weltweit größte Caterer von Sportveranstaltungen. Der Retail-Bereich mit direktem Zugang zum Endkunden soll in zehn Jahren die größte Division werden.

Die Zahl der Mitarbeiter wurde weltweit um 1000 Arbeitskräfte auf insgesamt rund 11.000 Beschäftigte aufgestockt.

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