Mobilfunk-Tarife um bis zu 101 Prozent gestiegen

Mobilfunk-Tarife sind um bis zu 101 Prozent gestiegen
Zusatzgebühren und steigende Tarife. Österreichische Mobilfunkkunden mussten im vergangenen Jahr einiges schlucken. Vor allem im Diskontbereich wird kräftig zugelangt.

Der erste große Kundenaufschrei fand 2011 statt, als alle Mobilfunker praktisch zeitgleich eine jährliche Servicepauschale einführten. Die Entwicklungen nach der Orange-Drei-Fusion lassen ebenfalls nichts Gutes erwarten. Einzelne Smartphone-Tarife sind in den vergangenen 15 Monaten um bis zu 101 Prozent gestiegen, A1 etwa schreckte auch nicht davor zurück, Bestandskunden-Tarife anzupassen. Probleme anderer Natur plagten nach dem Zusammenschluss Orange- und Drei-Kunden, die über Netzausfälle und Service-Probleme klagten.

Vorhersehbar

„Dass der Wegfall eines Mobilfunkanbieters steigende Preise nach sich zieht, war rückblickend betrachtet eigentlich zu erwarten. Dass aber gerade der Diskont-Bereich so stark betroffen ist, ist ein unschöner Nebeneffekt“, meint Konsumentenschützerin Daniela Zimmer von der AK zur futurezone. Sie spricht dabei die Preiserhöhung für bestehende Bob-Kunden um bis zu 20 Prozent (von 9,90 auf 11,90 Euro) und deutliche Preiserhöhungen bei der Smartphone-Nutzung außerhalb festgelegter Pauschalen und in manchen Vertragstarifen („bob vierer“) um bis zu 70 Prozent an.

Tatsächlich sind gerade die bei Smartphone-Einsteigern beliebten Monatspakete von bob und Yesss, die nach der Drei-Orange-Fusion nun beide zu A1 gehören, unverhältnismäßig stark von Preiserhöhungen betroffen. Kostete der Smartbob XL-Tarif Ende 2012 noch 9,90 Euro, gibt es diesen mit einem Drittel mehr inkludierten Sprachminuten, SMS und Megabyte nun 19,90 Euro – also ein Plus von 101 Prozent.

Yesss bot Kunden noch im April 2013 seinen Yesss Complete Tarif um 8,80 Euro an. Nun muss man zumindest 14,90 Euro pro Monat bezahlen, eine Preissteigerung von über 69 Prozent. Dass es dafür nun statt je 1000 Minuten/SMS/Megabyte nun 1500 Einheiten gibt, mag zumindest ein kleiner Trost sein, viele Diskonter-Kunden fanden mit den geringeren Pauschalen aber ohnehin das Auslangen, profitieren also vom aufgestockten Kontingent in keinster Weise. „Mit der Yesss-Preiserhöhung fällt leider auch eine Alternative für wechselwillige bob-Kunden weg“, kritisiert Konsumentenschützerin Zimmer.

Vergleich unzulässig

„Ein Vergleich der erwähnten bob- und Yesss-Tarife ist so nicht zulässig, da wir auch mehr Leistung in Form von mehr Minuten, SMS und Megabyte inkludieren“, meint A1-Sprecherin Livia Dandrea-Böhm im Gespräch mit der futurezone. Die Empörung von Kunden über Preiserhöhungen sei zwar verständlich, Investitionsausgaben von mehreren Hundert Millionen Euro pro Jahr und die Inflation würden moderate Anpassungen aber notwendig machen. „Der mobile Datenverkehr verdoppelt sich derzeit alle ein bis eineinhalb Jahre, das dafür notwendige Netz baut sich ja nicht von alleine. Ein Blick über die Grenze zeigt zudem, dass wir in Österreich europaweit beim Mobilfunk immer noch die höchste Qualität und die niedrigsten Preise haben“, sagt Dandrea-Böhm.

Neben den Preissteigerungen und der Einführung umstrittener Nebengebühren wie der Servicepauschale stoßen sich Konsumentenschützer in erster Linie an der intransparenten Gebührengestaltung, welche die wahren monatlichen Kosten eines Vertrags, aber auch die Kosten für ein neu erworbenes Handy verschleiern. „Wenn man die Nebengebühren wie die Aktivierungsgebühr von bis zu 70 Euro und die Servicepauschale von 20 Euro miteinrechnet, ist der Monatstarif gar nicht mehr so günstig, wie er eigentlich angepriesen wird“, meint Ulrike Docekal vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegenüber der futurezone.

Intransparenz

Sowohl der VKI, als auch die Arbeiterkammer schlagen deshalb vor, dass anfallende Nebengebühren von vornherein in die monatlichen Tarife miteingerechnet werden sollten. Als Zeitpunkt biete sich dabei die Mindestvertragsdauer an, da Kunden in dieser Zeit im Normalfall nicht kündigen dürfen. Als „irreführende Werbung“ sieht der VKI auch die Anpreisung von 0-Euro-Handys, die im Normalfall mit stark überteuerten Handytarifen zwischen 30 und 50 Euro gekoppelt sind. „Zu behaupten, das Smartphone ist gratis, ist angesichts der entstehenden Nachfolgekosten durch den teuren Vertrag schlichtweg irreführend“, sagt Docekal. Mit Verbandsklagen will der VKI die Mobilfunker hier zu mehr Transparenz – zumindest in der Werbung zwingen.

Was dem VKI ebenfalls sauer aufstößt, sind die Sonderregelungen, von denen der Mobilfunkmarkt derzeit noch profitiert. So dürfen Entgelte bei laufenden Verträgen laut Telekomgesetz angehoben werden, solange Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt wird. Wenn es angesichts steigender Tarife dann allerdings keine wirkliche Alternative gibt, bleibt Kunden nichts anderes übrig, als die Änderung des Vertrages wohl oder übel zu akzeptieren.

Dass Telekom-Anbieter darüber hinaus in dem einen oder anderen Fall bestehende Entgelte über die Verbraucherpreis-Indexanpassung anheben wollen, ist laut VKI eine grobe Benachteiligung von Kunden. „Es stellt sich schon die Frage, warum Anbieter, nachdem sie ohnehin schon das Privileg besitzen, Verträge einseitig zu ändern, auch noch auf die Indexanpassung pochen“, sagt Docekal. Als dritten umstrittenen Weg zur Geldbeschaffung, der mittlerweile von Gerichten bereits als nicht zulässig beurteilt wurde, gilt die sogenannte „Erklärungsfiktion“, die eine Zustimmung zu einer Vertragsänderung vorsieht, sofern der Kunde nicht aktiv widerspricht. T-Mobile war hier vor Gericht gescheitert, nachdem über SMS-Benachrichtigung Kunden Zusatzkonditionen aufgedrängt wurden.

Dauerbrenner Netzqualität

Während in den vergangenen Wochen vor allem A1 mit einer Reihe von Tariferhöhungen und Zusatzgebühren Kunden auf die Palme brachte, sorgte die Fusion von Drei und Orange für viele Beschwerden wegen der mangelnden Netzqualität. Laut 3-Sprecher Tom Tesch sind die Beschwerden mittlerweile wieder zurückgegangen, was Tesch im Gespräch mit der futurezone auch auf die fortgeschrittene 3G-Zusammenführung der Netze zurückführt.

Wie viele Kunden von den Serviceproblemen tatsächlich dauerhaft betroffen sind, ist sehr schwer zu eruieren. Laut der Rundfunkbehörde RTR, die man auch beim Thema Netzqualität kontaktieren kann, wenn die Gespräche mit dem Mobilfunkbetreiber kein Ergebnis bringen, wurden von Oktober 2013 bis Februar 2014 gerade einmal 57 Anträge betreffend Netzqualität bei der Schlichtungsstelle eingebracht. Die überwiegende Mehrheit betraf mit 47 allerdings Drei-Kunden.

Laut RTR muss ein Kunde nicht jede Netzverschlechterung hinnehmen. Wenn eine normale Nutzung des Services dauerhaft nicht mehr möglich ist, können Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden. In besonders gravierenden Fällen kann auch ein kostenloses außerordentliches Kündigungsrecht zugesprochen werden.

Wird es noch teurer?

Die große Frage bleibt allerdings, ob die Preise nach schlaraffenlandartigen Zuständen in der Vergangenheit in den kommenden Jahren weiter anziehen werden. Die Anhebung der Aktivierungsgebühr von knapp 50 auf 70 Euro, die Einhebung von knapp 20 Euro bei Vertragsverlängerung und neuem Handy, die Abschaffung von günstigeren SIM-only-Tarifen sowie die Anhebung von bestehenden und Neuverträgen durch A1 könnten darauf hindeuten.

Auch wenn die Tarife aufgrund veränderter Leistungen, die inkludiert sind, nur schwer zu vergleichen sind – selbst Drei, das derzeit noch mit günstigen Einsteigertarifen lockt, erhöhte mit Februar die Hallo-Plus-Tarife von 25/35/45 Euro auf nun 29/39/49 Euro. Der Mobilfunker begründet dies mit einer Smartphone-Versicherung, die nun im Vertrag inkludiert ist. Außerdem habe man ein derart breites Portfolio, dass ohnehin jeder einen für sich passenden Vertrag finden werde.

Drei und T-Mobile wiegeln ab

Die von A1 eingeführten Nebengebühren-Erhöhungen will man derzeit nicht nachmachen, beteuern Drei und T-Mobile unisono gegenüber der futurezone. Ähnliches hieß es allerdings auch schon nach der Einführung der Servicepauschale durch A1, UPC und Tele 2, die mit einigen Wochen Verspätung schließlich auch übernommen wurde. Die teure Frequenzversteigerung zum LTE-Ausbau könnte das ihre dazu beitragen, dass die Mobilfunker frische Geldquellen anzapfen müssen.

Zumindest 3-Sprecher Tom Tesch glaubt, dass Zusatz-Einnahmen nicht automatisch nur über höhere Tarife generiert werden müssen. „Man kann auch einfach mehr verkaufen. Es gibt immer mehr Endgeräte mit SIM-Karten – Stichwort Machine-to-Machine – da kann man ebenfalls Geld lukrieren, dass man für die Investitionen in das Netz benötigt. Zudem muss man als Betreiber vorhandene Einsparungspotenziale ausschöpfen – wie wir es im Rahmen der Drei- und Orange-Zusammenführung auch getan haben“, so Tesch.

Kommentare