Das Ende des billigen Telefonierens

Mobiltelefonieren wird teurer - zumindest ein bisschen
Die Abschaffung der Roaming-Gebühren innerhalb der EU ab 2015 verteuert die Handytarife im Inland.

Ein Binnenmarkt, ein Handy-Tarif: Ab 15. Dezember 2015 soll es für Handy-Nutzer keinen Unterschied mehr machen, ob sie im Heimatland oder in einem EU-Ausland telefonieren oder im Internet surfen. Die Verrechnung von zusätzlichen "Maut-Gebühren" für die Benützung ausländischer Handynetze ist dann nicht mehr erlaubt.

Das sieht zumindest der Plan der EU-Kommission vor. Anfang April, also noch rechtzeitig vor der EU-Wahl im Mai, soll das Roaming-Aus im EU-Parlament besiegelt werden. Einen ersten Etappensieg gab es diese Woche im Industrieausschuss. Nach dem EU-Parlament müssen aber noch die 28 Mitgliedstaaten der Roaming-Reform zustimmen.

Das Roaming-Aus soll sowohl den grenzüberschreitenden Wettbewerb fördern als auch die Nutzung von Apps ankurbeln. Profitieren würde davon die europäische App-Industrie. Wegen hoher Auslands-Gebühren nutzen viele Kunden mobile Internetdienste derzeit nur im Inland. Gewinner auf Anbieterseite wären wohl global agierende Telekomriesen wie Vodafone oder Deutsche Telekom, die ihre Marktmacht weiter ausdehnen könnten.

Bärendienst

Für Österreich ist das Roaming-Aus ein "Bärendienst am Konsumenten", wie es die Branchenvertretung Forum Mobilkommunikation (FMK) ausdrückt. Was sich Geschäftsreisende und Touristen durch die wegfallenden Gebühren im Ausland sparen, müssen Handynutzer im Inland kompensieren.

Österreich ist ein beliebtes Tourismusland, die heimischen Mobilfunker erwirtschaften mit den Roaming-Einnahmen bis zu 20 Prozent ihrer Umsätze – so viel wie in keinem anderen EU-Land. Mit ein Grund, warum die Tarife im Inland so niedrig gehalten werden konnten. "Roaming ist eine Quelle für Quersubventionierung", sagt Telekom-Experte Karim Taga vom Beratungsunternehmen Arthur D. Little.

Schon die von der EU verordnete Herabsetzung der Roaming-Tarife kostete die Anbieter hohe Summen. Ein Total-Ausfall gefährde dringend nötige Investitionen und Arbeitsplätze, warnt der FMK. T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth kündigte bereits in einem früheren futurezone-Interview höhere Inlandstarife an. Österreich sei beim Fall der Roaming-Regelung "ein großer Verlierer".

Erhöhungen außerhalb der EU

Nur etwa 20 Prozent der Handy-Kunden telefonieren regelmäßig mit dem EU-Ausland, während 80 Prozent dies nie oder nur ab und zu tun. Wieweit die Auslands-Aufschläge daran schuld sind, ist umstritten.

Taga verweist darauf, dass die Betreiber auch mit dem Roaming außerhalb der EU gut verdienen. Hier könnten Erhöhungen auf die Kunden zukommen. Die Arbeiterkammer warnt auch vor der Aushebelung von Konsumentenschutzregeln in einem grenzenlosen EU-Telekommarkt.

Österreichische Mobilfunkkunden konnten sich lange über vergleichsweise günstige Preise freuen. Seit einiger Zeit ist jedoch Schluss mit lustig. Die Mobilfunkanbieter hatten sich in einem harten Wettstreit verausgabt, ihre Kosten stiegen. 2011 führten alle Kontrahenten die Servicepauschale ein, 2013 wurde Orange von Drei geschluckt, später im selben Jahr fand die Frequenzauktion für die nächste Mobilfunkgeneration statt.

Dann kamen die Preiserhöhungen für die Kunden. Zunächst wurden die Tarife für Neukunden teurer. Seit Jänner werden aber auch Bestandskunden zur Kasse gebeten. Marktführer A1 legte mit neuen Preisen für seine Diskontmarken Bob und Yesss! vor. Nun wurden Preiserhöhungen für ältere A1-Tarife angekündigt. Dass T-Mobile und Drei mitziehen, scheint absehbar.

Mehrkosten

Begründet werden die jüngsten Preiserhöhungen der Mobilfunker vor allem mit zwei Umständen. Der erste betrifft den Anstieg des mobilen Datenverkehrs. Durch die Verbreitung von Smartphones hat sich etwa die Menge der im A1-Netz übertragenen Daten seit 2010 vervierfacht. Soll die Qualität des Angebots nicht sinken, muss das Netz ausgebaut werden.

Der zweite Faktor ist die Frequenzauktion für die nächste Mobilfunkgeneration LTE. Knapp zwei Milliarden Euro gaben die Mobilfunker im Oktober 2013 dafür aus, sich Teile am Frequenzkuchen zu sichern. Ein harter Brocken für die Unternehmen. Sie kritisierten das auf Erlösmaximierung ausgelegte Auktionsdesign und die angeblich intransparente Verfahrensordnung. Der Mobilfunker Drei legte eine Beschwerde ein, blitzte damit aber ab. Experten waren sich schnell darin einig, dass der Konsument wohl die Rechnung begleichen müsse.

Hoffnung

In Zukunft wollen die Mobilfunker ihre Einnahmen auch über eine Verbraucherpreisindex-Anpassung absichern. Der Wegfall von Roaming-Einnahmen soll durch teurere Tarife im Inland kompensiert werden. Bei all den drohenden Mehrkosten müsse man sich allerdings das Verhältnis ansehen, meint Hannes Ametsreiter: "Wir haben in Österreich nach wie vor die billigsten Tarife in Europa und liegen 40 Prozent unter dem Durchschnitt."

Der A1-Chef sieht außerdem einen Faktor, der die Preise wieder drücken könnte: So genannte Mobile Virtual Network Operators (MVNO). Damit sind Netzbetreiber gemeint, welche die Infrastrukturen der großen Mobilfunker gegen Gebühr mitnutzen. Ihre Zahl soll in den nächsten Jahren steigen.

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