Löscher-Rauswurf kostet Siemens mehr als neun Mio. Euro

Mit einem Sparplan will Vorstandschef Peter Löscher innerhalb von zwei Jahren die Kosten seines Hauses um 6 Mrd. Euro drücken.
Kein Geld nur wenn Löscher kündigt oder Aufsichtsräte aus "wichtigem Grund" feuern.

Siemens muss sich den Rauswurf von Konzernchef Peter Löscher mehr als neun Millionen Euro kosten lassen.

Gemäß der Vergütungsregeln der Münchner bekommt ein Vorstand bei einvernehmlichen Ausscheiden zwei Jahresgrundgehälter inklusive Bonus, was sich im Fall des Österreichers auf 6,7 Millionen Euro summiert. Hinzu kommt eine Spritze für sein Pensionskonto über gut 2,2 Millionen Euro sowie anteilig der - noch nicht festgelegte - Bonus für das laufende Geschäftsjahr.

Die Zahlungen fallen nur weg, wenn Löscher von sich aus kündigt oder die Aufsichtsräte den Österreicher aus "wichtigem Grund" feuern. In seiner sechsjährigen Amtszeit hat sich Löscher zudem Ansprüche für seine Altersversorgung über fast 15 Millionen Euro erworben.

Heißer Kandidat für Nachfolge

Löscher-Rauswurf kostet Siemens mehr als neun Mio. Euro
Siemens Finanzvorstand Joe Kaeser (l) und der Vorstandsvorsitzende Peter Löscher (r) stehen am 23.01.2013 bei einer Pressekonferenz, vor Beginn der Hauptversammlung in München (Bayern), zusammen. Foto: Peter Kneffel/lby +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die Aufsichtsratsmitglieder des Konzerns haben am Samstag entschieden, Löscher nach einer Reihe von Misserfolgen und verpatzten Prognosen vor die Tür zu setzen.

Am Mittwoch soll sein Nachfolger gekürt werden, Kreisen zufolge Finanzvorstand Joe Kaeser.

20. Mai 2007: Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme präsentiert überraschend den in Deutschland noch unbekannten Pharmamanager Peter Löscher aus Kärnten als Nachfolger von Klaus Kleinfeld.

1. Juli: Löscher nimmt seine Arbeit auf. Vor allem muss er die milliardenteure Schmiergeldaffäre in den Griff bekommen.

5. Juli: Der frischgebackene Siemens-Boss aus Villach macht der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) seine Aufwartung - und kündigt kurz zuvor an, bei dem Konzern alles auf den Prüfstand zu stellen.

5. Oktober: Der neue Chef verpasst dem Konzern eine neue, schlankere Struktur, die auf drei Säulen Infrastruktur, Energie und Gesundheit beruht. Darüber installiert er einen kleineren Vorstand.

30. April 2008: Löscher muss gleich für sein erstes komplettes Geschäftsjahr die Jahresprognose nach einem Gewinneinbruch im zweiten Quartal kassieren.

8. Juli: Löscher setzt den Rotstift an und streicht fast 17.000 Stellen im Konzern. Er will die Kosten um 1,2 Milliarden Euro senken.

15. Dezember: Siemens einigt sich mit den US-Behörden auf ein Strafmaß für die Schmiergeldaffäre - damit ist der größte Brocken des Skandals aus dem Weg geräumt.

29. April 2009: Anders als zunächst erhofft muss Löscher angesichts ausbleibender Aufträge in der Krise doch die Gewinnprognose für das Geschäftsjahr kappen.

2. Dezember: Siemens einigt sich mit früheren Managern auf millionenschweren Schadenersatz für die Schmiergeldaffäre und schließt dieses Kapitel damit weitgehend ab.

28. Jänner 2010: Nach einem überraschend guten Start ins Jahr schockt Löscher die Belegschaft mit neuen Plänen für Stellenstreichungen.

11. November: Löscher kann für das Geschäftsjahr 2009/2010 Rekordwerte präsentieren. Er selbst kassiert in diesem Jahr fast 9 Millionen Euro Salär.

25. Jänner 2011: Auf der Hauptversammlung loben Aktionäre Löscher für den Konzernumbau und seine Politik insgesamt. Es ist vermutlich das erfreulichste Aktionärstreffen für den Manager.

29. März: Löscher baut weiter um und will einen vierten Sektor für Infrastruktur und Städte schaffen, die Lichttochter Osram soll an die Börse gebracht werden.

27. Juli: Der Aufsichtsrat von Siemens verlängert den Vertrag mit Löscher vorzeitig bis 2017 - vor allem wegen der Erfolge, die der Manager beim Umbau des Konzerns erzielt hat.

4. September: Angesichts von Turbulenzen an den Aktienmärkten verschiebt Siemens den geplanten Börsengang von Osram.

24. Januar 2012: Der Start ins neue Jahr misslingt, der Gewinn bricht ein. An seinen Zielen für das Jahr hält Löscher aber fest.

25. April: Es hilft nichts: Löscher muss erneut eine Prognose kassieren. Neben Lieferschwierigkeiten bei Zügen sind es vor allem Probleme bei der Windkraft. Löscher räumt Fehler ein.

1. Juli: Löscher hat die erste Amtszeit hinter sich. Vor allem gibt es Lob. Betriebsrat, Gewerkschaft und Aktionärsschützer stellen Löscher ein überwiegend positives Zeugnis aus.

26. Juli: Wieder wackelt eine Prognose. Ein klassischer Osram-Börsengang wird ganz abgesagt, es läuft nicht rund. Löscher verkündet ein neues Sparprogramm. Die Kritik an seiner Führungsarbeit wird lauter.

8. November: Löscher muss einen Gewinneinbruch bekanntgeben und präzisiert sein Sparprogramm mit dem Namen Siemens 2014. Um sechs Milliarden will die Kosten drücken, wie viele Stellen das kosten soll, sagt er nicht. Auch in Österreich sollen Stellen wegfallen.

Dezember/Jänner: In Medien wird Löschers Zukunft bei Siemens infrage gestellt. Etliche Indiskretionen scheinen aus dem Unternehmen selbst zu kommen. Sogar von einer drohenden Revolte ist zu lesen. Löscher weist Gerüchte über seinen Abschied oder eine Revolte zurück.

2. Mai: Wieder muss Löscher ein Gewinnziel abschreiben. Die Kritik bringt den Konzernchef weiter in Bedrängnis.

8. Juli: Im dritten Anlauf schafft der Lichtspezialist Osram den Börsenstart. Statt einem klassischen Börsengang erhalten die Siemens-Aktionäre für je 10 Papiere des Elektrokonzerns eine Osram-Aktie.

25. Juli: Es ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: Löscher muss auch das langfristige Gewinnziel für 2014 kappen, das ein Kern seines Sparprogramms war.

27. Juli: Löscher muss gehen. Die Aufsichtsräte sollen bei ihrer nächsten regulären Sitzung am 31. Juli über seine vorzeitige Ablösung beschließen. Eine Mehrheit der Aufseher ist für Siemens-Finanzchef Joe Kaeser als Nachfolger.

Kommentare