Deutschen bleibt mehr vom Lohn

APA6780638-2 - 08022012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - THEMENBILD - Illustration zu den Themen Sparpaket, Euro, Steuern und Geld aufgenommen am Montag, 6. Februar 2012. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP verhandeln über ein umfassendes Sparpaket. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Mitarbeiter kosten Firmen in Österreich zehn Prozent mehr als in Deutschland.

Weniger Kosten für den Arbeitgeber und bei besserem Verdienst mehr im Börserl: Bei gleichem Bruttolohn haben Firmen in Österreich für ihre Mitarbeiter um rund zehn Prozent höhere Gesamtkosten als in Deutschland – quer durch alle Einkommensklassen. Bei höheren Einkommen bleibt den Mitarbeitern in Deutschland zugleich netto mehr in der Tasche. Das zeigt eine Vergleichsrechnung der Steuerberatungskanzlei Ecovis, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Steuern und Sozialabgaben schlucken bei Einkommen von 2.000 Euro monatlich schon 45 Prozent des Betrages, den die Firma für den Mitarbeiter aufbringen muss, bei einem Einkommen von 600.000 Euro sind es derzeit gut 51 Prozent. Auch bei Lohnerhöhungen freuen sich Staat und Sozialversicherungen mehr als der Arbeitnehmer: für einen Euro mehr Nettolohn sind ein Euro an Steuern und Abgaben vom Arbeitnehmer sowie weitere 60 Cent Arbeitgeberbeitrag zu den Steuern und Abgaben fällig: In Summe kostet einen Arbeitgeber eine Gehaltserhöhung das 2,6-fache der Nettoerhöhung, "eine frustrierende Situation für beide Seiten", meint Ecovis-Geschäftsführer David Gloser.

Nach Einkommen

Ecovis hat Abgaben bei einem Jahreseinkommen von 28.000, 70.000 und 600.000 in Österreich und Deutschland verglichen. Bei 28.000 Euro Brutto (2.000 Euro monatlich, Alleinerzieherin mit einem Kind) muss die Firma in Österreich mit allen Nebenkosten rund 36.800 Euro veranschlagen, in Deutschland nur 34.000 Euro. In dieser Rechnung hat die Mitarbeiterin allerdings netto mehr im Geldbörsel als in Deutschland: 20.600 Euro statt 19.200 Euro.

Deutschen bleibt mehr vom Lohn

Bei einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro (5.000 Euro monatlich, Alleinverdiener mit zwei Kindern) hat die Firma in Österreich 90.500 Euro an Kosten, in Deutschland 82.750 Euro. Trotzdem bleibt dem Arbeitnehmer in Österreich mit 43.300 Euro netto weniger als in Deutschland (45.100 Euro).

Bei Hochverdienern wächst die Mehrbelastung durch die von der Regierung im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes geplante Zusatzsteuer auf Einkommen über 500.000 Euro weiter: Derzeit wächst ein Bruttojahreslohn von 600.000 Euro (etwa 42.900 Euro monatlich) in Österreich auf Gesamtkosten von 670.000 Euro. Wenn Einkommen über 500.000 Euro nicht mehr steuerlich abzugsfähig sind, kommen noch einmal 25.000 Euro Körperschaftssteuer (KÖSt) dazu - macht dann Gesamtkosten von 695.000 Euro. In Deutschland muss die Firma zum Vergleich mit 619.000 Euro rechnen. Netto bleiben dem Österreicher 326.700 Euro, dem Deutschen 340.800 Euro.

Österreich ist einer der Spitzenreiter in Europa bei der Besteuerung niedriger Einkommen. Schon ab knapp 1.200 Euro Monatsbrutto werden Steuern und Sozialabgaben von über 40 Prozent fällig. Die wirtschaftsliberale Ökonomengruppe "proMarktwirtschaft" kritisiert das als "Flat Tax auf hohem Niveau" und fordert eine rasche Steuerreform.

Das Problem ist bekannt, wird von Experten regelmäßig kritisiert und im Wahlkampf haben zuletzt alle Parteien Abhilfe versprochen: Bis zu einem Jahreseinkommen von 11.000 Euro brutto wird keine Lohnsteuer fällig, darüber gleich ein hoher Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent. Inklusive Sozialabgaben müssen damit schon Geringverdiener über 40 Prozent Abgaben bezahlen. Bis etwa 4.500 Euro steigen die Abgaben auf 49 Prozent, darüber sinkt die Abgabenlast wieder, weil keine Pensionsbeiträge mehr fällig werden.

Thomas Url, studierter Volkswirt und beruflich am Wirtschaftsforschungsinstutit tätitg, kritisiert das als "Flat Tax auf hohem Niveau". Gemeinsam mit seinem proMarktwirtschafts-Kollegen Peter Brandner, Wirtschafts- und Finanzmarktexperte im Finanzministerium, kritisierte er die Verschiebung der im Wahlkampf versprochenen Steuerreform. Denn die stark steigenden Grenzsteuersätze im Niedriglohnbereich würden letztlich auch als negativer Arbeitsanreiz und damit als Wachstumsbremse wirken.

Sie plädierten für eine "Glättung" des Lohnsteuertarifs im unteren Einkommensbereich und verwiesen darauf, dass Österreich mit seinem hohen Eingangssteuersatz europaweit hinter Schweden und Dänemark an dritter Stelle liege. Url schwebt daher ein linear ansteigender Steuertarif vor, der "Sprungstellen" vermeidet. So könnten etwa bei 380 Euro monatlich 0,1 Prozent Lohnsteuer fällig werden, bei 390 Euro 0,2 Prozent usw.

Gegenfinanziert werden sollte die Entlastung aus Sicht der Wirtschaftsforscher durch Einsparungen in der Verwaltung oder - sollte das nicht gelingen - durch die volle Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehalts. Allein damit könnten laut Url fünf Mrd. Euro für die Entlastung der unteren Einkommensbezieher locker gemacht werden.

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