Know-how für Iran: Heimische Firmen wittern Geschäft

Zu viel Autoverkehr und eine veraltete Müllverbrennungsanlage sorgen für dicke Luft in Teheran.
In der Hauptstadt des Iran hoffen Firmen auf Aufträge nach Ende der Sanktionen.

Es geht um eine Zukunft mit weniger Treibhausgasen und mehr Mülltrennung, hier auf der 15. Internationalen Umweltmesse in Teheran. Aber zunächst wird die Vergangenheit zelebriert. Mit Revolutionsführer Khomeini im Film und einigen Suren aus dem Koran, inbrünstig vorgetragen am Rednerpult. Das internationale Publikum wirkt interessierter am Gebet als das heimische. Die Gäste wie Umweltminister Andrä Rupprechter oder seine Kollegen aus Finnland und Japan warten geduldig. Denn sie sind in ein Land gekommen, das nach den langen Jahren der Sanktionen dringend Know-how braucht, gerade in den Bereichen Wasseraufbereitung und -entsorgung sowie Abfallwirtschaft. Und da haben österreichische Unternehmen einiges zu bieten.

Know-how für Iran: Heimische Firmen wittern Geschäft
Offizieller Arbeitsbesuch von HBM Andrä Rupprechter in der Islamischen Republik Iran. Arbeitsgespräch HBM Andrä Rupprechter und Vizepräsidentin Masoumeh Ebtekar mit anschließender Pressekonferenz. Botschafter Friedrich Stift, Umweltminister Andrä Rupprechter, Iranische Vizepräsidentin Masoumeh EBTEKAR.
"Das ist die richtige Zeit, in die Green Economy einzusteigen", sagt Minister Rupprechter und unterzeichnet mit der Vizestaatspräsidentin und Chefin des Umweltamtes, Massoumeh Ebtekar, ein Memorandum of Understanding. Daraus soll beim Besuch von Staatspräsident Hassan Rohani im März in Wien ein konkreter Aktionsplan für zwei Jahre werden. Rupprechter nennt die wichtigsten Punkte: Verarbeitung von Abfall, Recycling gefährlicher Stoffe, Maßnahmen zur Reinigung von Flüssen und Kooperationen bei den Nationalparks, die es in beiden Ländern gibt. Schon bald sollen zwölf Ranger aus iranischen Nationalparks die österreichische Praxis kennenlernen.

Klimafonds

Ziel der Zusammenarbeit ist es zunächst, das Handelsvolumen wieder auf die Zeit vor den Sanktionen anzuheben. Dazu soll auch beitragen, dass der Klima- und Energiefonds im Iran aktiv wird und das Finanzministerium Exportgarantien abgibt.

Im Norden begrenzen schneebedeckte Berge die 11-Millionen-Metropole Teheran. Oben, auf knapp 4000 Metern ist auch die Luft gut, aber von unten sieht man die Bergkette nur schemenhaft, der Smog quält die Bewohner, ausgelöst durch Staus rund um die Uhr und schlecht gefilterte Industrieanlagen. Die einzige Müllverbrennungsanlage der Stadt wurde mit chinesischer Technologie entwickelt. Jetzt soll sie verbessert werden, niedrigere Temperaturen stoßen weniger Schadstoffe aus, dafür gibt es Know-how aus Österreich.

Das AIT, das Austrian Institute of Technology, beteiligt sich an einem Wettbewerb der Stadt Teheran, um durch Mülltrennung das System effizienter zu machen. Ein System der Mülltrennung müsste ganz neu aufgebaut werden. Die Abwasserentsorgung, die Rupprechter ebenfalls besucht, wurde mit österreichischer Hilfe errichtet, ist aber nur für die Hälfte der Teheraner Bevölkerung angelegt, muss also ausgebaut werden. Die Entsorgung des Schlamms muss deutlich verbessert werden.

Investoren fragen sich natürlich: Ist der Iran nach den internationalen Zugeständnissen in der Atomforschung ein stabiles Land, wo doch konservative Kräfte dagegen agiert hatten und generell die Öffnung des Landes sehr skeptisch betrachten oder gar verhindern wollen? Die Parlamentswahlen haben die sogenannten Reformer, zu denen auch Vizepräsidentin Ebtekar gehört, gestärkt.

Wandel

Werner Fasslabend, seit vielen Jahren ein aktiver Präsident der österreichisch-iranischen Gesellschaft, glaubt ganz sicher an Öffnung und Wandel: "Zwei Drittel der Iraner sind unter 30 Jahre alt, das Land braucht pro Jahr eine Million Arbeitsplätze, um nur die Männer zu beschäftigen. " Dazu komme ein ungeheuer hoher Bildungsgrad mit einer Akademikerquote über dem Schnitt europäischer Staaten, wobei an den Universitäten 60 Prozent Frauen studieren. "Die Sanktionen haben natürlich die Bevölkerung getroffen, die Jungen wollen besser leben, nicht leiden."

Als wesentlichen Faktor für eine ruhige Weiterentwicklung des Iran nennt Fasslabend die Religion: "Sie spielt im täglichen Leben nicht die große Rolle, wie man in Europa glaubt. Allerdings, der schiitische Islam ist eine verbindende Infrastruktur, die eine Stabilität darstellt."

Der iranische Automarkt ist der zweitgrößte im Nahen Osten. Nach der Ölindustrie ist die Autobranche der zweitgrößte Wirtschaftszweig des Iran und etwa zur Hälfte unter staatlicher Kontrolle. Sie gehört zwar zu den Sparten, die für ausländische Investoren am attraktivsten sind, ist aber technologisch veraltet. Einige französische Modelle werden in Lizenz hergestellt. Daher haben die Franzosen eine bessere Ausgangslage. So will der französische Autohersteller PSA Peugeot Citroën jährlich 200.000 Fahrzeuge mit dem größten Hersteller Khodro fertigen. Daimler vereinbarte mit Khodro eine Kooperation bei Nutzfahrzeugen.

Präsident Hassan Rohani kündigte am Dienstag auf einer Automesse in Teheran an, die Branche komplett privatisieren und wettbewerbsfähig machen zu wollen. Dazu sollten die iranischen Hersteller eng mit ausländischen Unternehmen zusammenarbeiten. „Unsere Hersteller müssen Weltklasse sein, und wir werden mit ausländischen Firmen kooperieren, damit unsere Hersteller eine Präsenz auf den globalen Märkten bekommen“, sagte Rohani. Die Iraner wollen aber nicht nur Investitionen, sondern auch Zugang zu Technologien.
2014 sind im Iran 1,1 Millionen Autos neu zugelassen worden. Mittelfristig geht man von einem Volumen von drei Millionen pro Jahr aus.

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