Hirn, bleib dabei

1,3 Kilo Hirnmasse bei der Sache zu halten ist nicht einfach. Alle drei Minuten werden wir abgelenkt.
Wir schauen 221-mal am Tag aufs Handy, machen fünf Sachen gleichzeitig und werden dabei alle 180 Sekunden gestört. Wie soll man da arbeiten?

Gut, dass dieser Beitrag an einem Samstag erscheint und Sie ihn nicht unter der Woche im Büro lesen. Sie würden ihn wahrscheinlich nicht zu Ende lesen. Denn eMails, Telefonate, Kollegen und das Großraumbüro lassen uns nicht bei der Sache bleiben. Durchschnittlich alle 180 Sekunden werden wir abgelenkt. Und wir brauchen ganze 23 Minuten, um wieder in den Flow zu kommen, haben Forscher der University of California herausgefunden.

So hohe Ansprüche wie heute hat Arbeit noch nie an unser Gehirn gestellt, weiß die Forschung. Entscheidungen treffen, Bewertungen machen, ständig kommunizieren und das immer schneller – eine Riesenherausforderung. Durchschnittlich 221-mal am Tag schauen wir dazu aufs Smartphone, haben simultan acht Fenster am Computer offen. So stundenlang konzentriert bei der Sache bleiben? Aus neuronaler Sicht gar nicht möglich. "Unser Gehirn selektiert Information. Es entscheidet ständig, welche Informationen es unterdrücken soll und auf welche es sich fokussieren soll", sagt Manuela Macedonia, Neurowissenschaftlerin an der Johannes Kepler Universität. Dieser Wechsel strengt das Gehirn an. Je munterer wir sind, desto einfacher selektiert es, je später der Tag, desto anstrengender wird es, aufmerksam zu bleiben.

Leistungskiller Großraumbüro

Der Ort an dem wir arbeiten spielt eine große Rolle für die Leistung, die wir erbringen. Ein Leistungskiller sei das Großraumbüro, am produktivsten arbeite man alleine, sagt Macedonia. Der Büromöbel-Hersteller Steelcase hat herausgearbeitet, wie wir Neurowissenschaft am Arbeitsplatz als Wettbewerbsvorteil nutzen können. Den eigenen Flow ohne Ablenkung beizubehalten, könne man trainieren. Forschungen belegen: Meditierende Mönche haben durch die Wiederholungen ihrer Übungen eine 30-fache Konzentrationsfähigkeit erlangt als gewöhnliche Studierende. Bloß nur länger und mehr zu arbeiten, würde uns also nicht produktiver machen. Wir müssten verinnerlichen, dass unser Gehirn Produktivitäts-Phasen hat, die wir auch respektieren sollten. Wenn wir uns fokussieren, brauchen wir Ruhe und keine Ablenkung. Sind wir in der Regenerations- und Inspirationsphase, nehmen wir uns eine Auszeit vom Denken, wollen wir uns mit Kollegen oder mit einem privaten Anruf ablenken. Und in der Aktivierungsphase tanken wir neue Energie. Wichtig hierbei: Aufstehen, bewegen – das Gehirn braucht frischen Sauerstoff. Wie ein besserer Fokus gelingt? Manuela Macedonia: "Smartphone für zwei Stunden weglegen. Und nach Absprache mit den Kollegen: Ohropax."

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