Die sechs Schritte nach Harvard

Der Weg nach Harvard für Jedermann.
An der Harvard University studieren und forschen – dazu muss man nicht reich sein, zeigt Gernot Wagner vor. Seine sechs Schritte vom Gymnasiasten in Amstetten zum Harvard-Dozenten.

Gernot Wagner hat ein Lieblingsthema. Seit der Fachbereichsarbeit der Matura beschäftigt sich der Ökonom mit den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels. Vom Gymnasium in Amstetten hat es der 35-Jährige zum Harvard-Forscher gebracht. Soeben hat er sein in den USA viel gelobtes Buch "Klimaschock" auf Deutsch publiziert, in dem er die planetare Chemotherapie als letzten Ausweg gegen die Erderwärmung aufzeigt.

Die sechs Schritte nach Harvard
Interview mit dem in den USA lebenden österreichischen Harvard-Dozenten und Buchaoutor Gernot Wagner am 12.04.2016 in Wien. Sein Bestseller "Klimaschock" ist soeben auf Deutsch erschienen.
Wagner entstammt einem bodenständigen Haushalt: der Vater gelernter Büromaschinentechniker, die Mutter war lange zu Hause bei den Kindern. Schon im Alter von 17 zieht es ihn nach Übersee, im College von Minneapolis schwärmt ihm sein Japanisch-Lehrer, ein Harvard-Absolvent, von der Elite-Uni vor. Wagner besucht die Harvard Summer School und beschließt, in Harvard zu studieren. Er macht einen zweiten Master in Stanford, den PhD wieder in Harvard. Sein Beispiel in sechs Schritten zeigt, dass man nicht zur Elite gehören muss, um an einer Elite-Uni Karriere zu machen:

1. Denke groß: Eigeninitiative ist alles. Und Ehrgeiz: Wagner zog es schon in der 7. Schulstufe für ein Auslandsjahr nach Minneapolis. "Ein Auslandssemester in den USA hat gleich viel gekostet wie drei Wochen Sprachaufenthalt in London." Nach dem Besuch der Harvard Summer School bewarb er sich im Herbst der achten Schulstufe in Harvard. "Die Amerikaner bewerben sich an 30 bis 40 Universitäten, ich nur an einer ", lacht er. Im Dezember erhält er den Aufnahme-Bescheid.

2. Bewirb dich an einer Elite-Uni: Reich und elitär sein – daran denken die meisten Menschen, wenn es um die Aufnahmekriterien an einer Elite-Universität geht. "Das Studium in Harvard war billiger als in Wien", sagt Wagner. Erst nach der Aufnahme begutachtet die Universität den finanziellen Rückhalt und vergibt bei Bedarf Stipendien. "Ich habe nur den Hin- und Rückflug bezahlt. Das weiß nur niemand, darum bewirbt sich auch niemand".

3. Hab gute Noten: Die schlechte Nachricht: Der Notenschnitt muss stimmen. "Man könnte sagen, ich war ein Streber", gibt er zu. Den Bachelor in Environmental Science and Public Policy and Economics schließt er mit "magna cum laude" ab.

4. Vernetze dich mit Forschern: In Österreich unüblich, in den USA unkonventionell: Gernot Wagner publiziert wissenschaftliche Artikel in Zusammenarbeit mit Forschern von Stanford, Oxford und Harvard und lehrte nebenbei an der Columbia – während er die vergangenen sieben Jahre als Economist bei der NGO Environmental Defense Fund arbeitete. Die oft unbezahlten Forschungsaufträge waren wichtig: "Nur so kann man sich mit anderen Forschern vernetzen. Das hat auch zum Fulltime-Job in Harvard geführt." Seit April arbeitet er dort als Research Associate. Er und Forscher David Keith sind Co-Direktoren des Forschungsprogramms Solar Geo-Engineering, für das Bill Gates 1,5 Millionen Dollar jährlich sponsert.

5. Mach dich im Netz zum Experten: Noch nie war es einfacher, sich öffentlich als Experte zu zeigen. "Schreib über deine Forschung auf Englisch, in Blogs und Gastkommentaren und nutze Social Media, bring deine Ideen ein", rät Wagner. Er hat 11.600 Follower auf Twitter.

6. Schreib Bücher für die Masse: "Klimaschock" ist sein zweites wissenschaftliches Buch. Um sich als Experte und Forscher bekannt zu machen, dürfe man sich der Populärwissenschaft nicht verschließen. "Ich kenne Forscher, die seit 20 Jahren kaum Artikel publiziert und keine Bücher geschrieben haben. Die sind auch nicht bekannt."

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