Investoren abwerben: "Warum schreien wir nicht: Hier!"

Winston Churchills Statue hängt noch an der EU
WKO-Ökonom Schneider: Österreich soll britische Firmen ködern – Steuerzuckerl für mehr Investitionen.

Die ungeliebten Zuwanderer sind noch auf der Insel, viel Geld ist schon weg: Allein in den ersten Monaten 2016 haben Investoren aus Großbritannien 100 Milliarden Pfund abgezogen. Für sie sollte sich Österreich aktiver als Alternative anbieten, fordert Wirtschaftskammer-Ökonom Christoph Schneider: "Warum schreien wir nicht laut: Hier? Das würde dem Image des Standortes guttun."

Positiver Ausblick

Die gute Nachricht: Österreichs Unternehmen sehen zuversichtlicher in die Zukunft. "Ja, die Trendwende ist geschafft", sagt Schneider. Im Wirtschaftsbarometer, einer WKO-Umfrage bei 3200 Firmen, überwiegen beim Ausblick für die Auftragslage, Beschäftigung und Umsätze jetzt die Optimisten. Eine zögerliche Erholung, aber doch. Die Umfrage fand freilich im Mai statt, vor der Brexit-Abstimmung und Italiens Bankenkrise.

Zu wenige Investitionen

Es gibt aber auch hausgemachte Probleme. Der Aufschwung werde so nicht von Dauer sein, warnt Schneider. Er ist getragen vom Konsum und durch die Steuerreform befeuert. Was fehlt, sind private Investitionen. Diese sind in den vergangenen vier Jahren geschrumpft und haben Österreichs Wachstum sogar gebremst statt angeschoben. Unterm Strich geht die Investitionsquote seit Jahren kräftig zurück (Grafik).

Investoren abwerben: "Warum schreien wir nicht: Hier!"
Konkret heißt das: Die Unternehmen nehmen kein oder zu wenig Geld in die Hand, um ihr Geschäft zu modernisieren oder auszuweiten. 27 Prozent planen für die nächsten zwölf Monate sogar Kürzungen, nur 25 Prozent wollen mehr ausgeben. Und davon tun zwei Drittel nur das Nötige, um den Betrieb am Laufen zu halten. Neuinvestitionen sind rar. Damit droht aber der Ausrüstungsstand der Unternehmen zu veralten, es geht die Wettbewerbsfähigkeit verloren. Woran auch das altmodische Steuersystem schuld sei, sagt Schneider.

Zeitpunkt "goldrichtig"

Wer Geld investiert, darf die Kosten von der Steuer absetzen. An diesem Zuckerl lutschen Firmen in Österreich aber sehr lange: Die Investitionen werden jedes Jahr zu gleichen Teilen abgeschrieben. Das gebe es so nur noch in Zypern, Ungarn, Slowenien oder Malta, sagt Schneider. Heutzutage müsse man viel rascher modernisieren: "Unsere Methode spiegelt nicht den Lebenszyklus von Investitionsgütern wider."

In innovativen Ländern wie Schweden, Schweiz und Dänemark sei eine degressive Abschreibung, wie sie Kanzler Kern ins Spiel gebracht hat, üblich: Im ersten Jahr nach einer Anschaffung werden gleich 50 Prozent, dann immer weniger von der Steuer abgezogen. Das würde dazu ermutigen, Investitionen vorzuziehen. Der Zeitpunkt sei "goldrichtig", sagt Schneider. Er würde sich das nicht befristet, sondern als Dauereinrichtung wünschen.

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