Die Kunst des Teilens

Kauft man eine Wohnung, besitzt man Anteile davon
Mit dem Kauf einer Wohnung erwirbt man auch einen Teil des Hauses. Was zunächst unproblematisch scheint, kann bei Veräußerungen zum Bumerang werden. Wie lassen sich die einzelnen Anteile der Liegenschaft ermitteln? Und was bringt so eine "Parifizierung"? Ein Überblick.

Beim Erwerb von Wohnobjekten sind Missverständnisse oft weit verbreitet, was das tatsächlich bedeutet. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) formuliert das wie folgt (§ 2 Abs 1): "Wohnungseigentum ist das dem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen." Heißt konkret: Zwar kann man seine Wohnung exklusiv nutzen, "Besitzer" im rechtlichen Sinn ist man dabei allerdings nicht, sondern hat stattdessen entsprechende Anteile an der gesamten Liegenschaft.

Das sogenannte Miteigentum wird oft zum Streitthema: "Man kann sich das vorstellen wie eine Torte", erklärt Karin Sammer, Wohnrechtsexpertin des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Wären zwei Personen im Grundbuch als Eigentümer einer Liegenschaft eingetragen, würden ihnen zwar jeweils 50% der Torte gehören, doch keinem von beiden ein bestimmtes Stück bzw. eine bestimmte Wohneinheit. So lange sich beide Parteien einig sind, stellt das sogenannte "schlichte Miteigentum" kein Problem dar.

Die Kunst des Teilens
Im Streitfall muss jedoch der gemeinsame Besitz durch eine Teilungsklage aufgelöst werden. Üblicherweise wird dann die Immobilie verkauft, der Erlös wird geteilt. Ein Teilverkauf ist in diesem Szenario nicht möglich – schließlich ist kein Anteil einem Eigentümer direkt zuordenbar. Die Teilungsklage kann man zwar vertraglich ausschließen, allerdings nur für jeweils drei Jahre. Diese zusätzlichen Benützungsvereinbarungen schaffen aber ohnehin nur bedingt Sicherheit: Selbst wenn die Nutzungsrechte der Wohneinheiten vertraglich aufgeteilt werden, könnten diese Regelungen von jedem Miteigentümer auf Antrag beim Bezirksgericht aufgehoben oder abgeändert werden.

Wann ist eine Parzifizierung sinnvoll?

Eindeutig und rechtlich abgesichert lässt sich das Liegenschaftseigentum erst durch die Parifizierung bzw. die Nutzwertfestsetzung zuordnen. Um diese Möglichkeit überhaupt in Anspruch nehmen zu können, müssen die einzelnen Objekte jeweils getrennt begehbar und die Allgemeinflächen für jedermann frei zugänglich sein. Sandra Cejpek, Expertin für Liegenschaftsrecht bei Anwalt Guntramsdorf, rät aber zur Vorsicht: "Mit der Begründung von Wohnungseigentum sind nicht unerhebliche Kosten verbunden. Man sollte sich die Frage stellen, ob eine Aufrechterhaltung der Miteigentümergemeinschaft den faktischen Zwecken nicht dienlicher ist." Sinn macht ihrer Meinung eine Parifizierung vor allem dann, "wenn einzelne Objekte ohne Zustimmung der anderen belastet oder veräußert werden sollen".

Grundlage für die Ermittlung des Nutzwertes ist die Nutzfläche eines Wohnobjektes abzüglich Treppen, Balkonen, Terrassen sowie Keller- und Dachbodenräumen. Hier gibt es jedoch Ausnahmen: So werden zum Beispiel Loggien – also Balkone und Terrassen, die an drei Seiten von Wänden umfasst sind – zur Fläche hinzugerechnet. Keller- und Dachbodenräume können für Wohn- oder Geschäftszwecke adaptiert worden sein und sind damit als "wohnungseigentumsfähige Objekte" ebenfalls mit einzubeziehen.

Die Kunst des Teilens
Wie werden Nutzflächen berechnet?

Der Nutzwert ergibt sich aus der errechneten Nutzfläche und allen Umständen, die den Wert der Wohnung im Vergleich zu anderen Objekten im selben Haus erhöhen oder verringern. Wichtig ist dabei vor allem die Lage innerhalb der Liegenschaft: Erdgeschoßwohnungen oder straßenseitig gelegene Räumlichkeiten haben üblicherweise einen geringeren Wert, selbst wenn sie flächenmäßig ident mit anderen Wohneinheiten des Hauses sind. Ebenfalls eine Rolle spielt der Verwendungszweck: Ordinationen oder Büros etwa werden mit einem höheren Nutzwert erfasst, Lagerräume oder Abstellplätze dagegen werden niedriger bewertet. Den größten Einfluss auf die Berechnung nimmt das "Zubehör" eines Objektes. Darunter fallen alle Teile einer Liegenschaft, die mit ihr verbunden sind, wie etwa Kellerabteile oder Gartenflächen. So kann eine Erdgeschoßwohnung durch einen angeschlossenen Garten am Ende einen höheren Wert haben als eine vergleichbare Wohnung im zweiten Stock. Diese Zu- und Abschläge werden in Prozent ausgedrückt, Schwankungen von unter zwei Prozent finden keine Berücksichtigung. Was genau und wie etwas den Nutzwert erhöht oder vermindert, wird laut WEG "nach der Verkehrsauffassung" von Sachverständigen beurteilt – gesetzliche Vorgaben gibt es nicht.

Bauliche Veränderungen oder Umwidmungen können vor diesem Hintergrund eine Neufestsetzung des Nutzwertes rechtfertigen, sofern ein entsprechender Antrag von einem oder mehreren Miteigentümern gestellt wird. "Hier müssten sämtliche Miteigentümer zustimmen", erklärt Cejpek, "denn eine gerichtliche Entscheidung ist im Hinblick auf die Interessenabwägung nicht immer möglich". Am Ende wird die Bewertung jedes einzelnen Wohnungseigentumsobjekts in Beziehung zu allen anderen Objekten gesetzt und stellt einen Bruchteil des Gesamtnutzwertes der Liegenschaft dar. Als Beispiel: Bei Top 6 wurde ein Wert von 146 ermittelt, die gesamte Liegenschaft hat einen Nutzwert von 1053. Damit ist der Inhaber von Top 6 mit 146/1053 Anteilen Eigentümer der gesamten Liegenschaft. Genau diesem Verhältnis entsprechend werden auch die Gesamtbetriebskosten für Top 6 heruntergebrochen, der Nutzwertanteil einer Wohneinheit stellt – nach Berechnung sämtlicher Zu- und Abschläge – somit auch die Basis für die Berechnung des Betriebskostenanteils dar.

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