Altbau vs. Neubau: Keine Frage des Geschmacks

Altbau vs. Neubau: Keine Frage des Geschmacks
Klopfbalkon und Kastenfenster, Stuckdecken und Sternparkett: Ein klassischer Altbau ist an Stil und Charme kaum zu übertreffen. Da nimmt man feuchte Keller, kleine Bäder und hohe Heizkosten in Kauf. Ein Überblick über die Vor- und Nachteile.

Was ist eigentlich ein Altbau? Man kann ein Haus aus den 1960er-Jahren natürlich als alt bezeichnen. Solche Objekte sind aber nicht gemeint. Eine typische Altbauwohnung mit hohen Räumen und knarrendem Parkettboden findet man im klassischen Gründerzeithaus.

Auch das Mietrechtsgesetz zieht eine zeitlichen Grenze: Nur Wohnungen, die vor 1945 bzw. 1953 errichtet wurden, fallen in den Vollanwendungsbereich des MRG. Aus Sicht des Mieters ist das ein großer Vorteil: „Mieter können ihre Rechte leichter durchsetzen. Sie können zum Beispiel die Betriebskosten überprüfen lassen und im Außerstreitverfahren die Sanierung desolater Fenster oder die Bekämpfung von Schimmel durchsetzen“, erklärt Barbara Walzl-Sirk, Wohnrechtsexpertin des Mieterschutzverbandes.

Auch die Höhe der Miete wird gesetzlich geregelt. Wer nach dem 1.3.1994 eine Wohnung gemietet hat, bezahlt den sogenannten Richtwertmietzins. Diese Richtwerte sind in jedem Bundesland unterschiedlich und liegen zwischen 4,70 Euro pro im Burgenland und 7,92 Euro in Vorarlberg. In Wien liegt der Richtwert derzeit bei 5,16 Euro pro . Je nach Lage und Ausstattung können Zu- und Abschläge die Miethöhe beeinflussen.

An die Atmosphäre eines Altbaus wird kein Neubau herankommen.

Eines sollte man aber bedenken: Zimmer mit einer Raumhöhe von drei Metern und mehr sorgen zwar für ein unnachahmliches Wohngefühl, sie sind aber auch schwer zu heizen. Sind dann auch noch die Fenster undicht, können die Heizkosten ganz schön hoch werden. In Sachen Energieeffizienz muss sich der Altbau geschlagen geben: „Selbst die dickste Ziegelmauer kann eine gute Wärmedämmung nicht ersetzen“, sagt Peter Baum, Sachverständiger und Leiter der Abteilung Bautechnik bei der TÜV Austria Consult.

Ein sanierter Altbau ist für viele der Wohntraum schlechthin – und das zu Recht. Wurde jedoch längere Zeit nichts in das Haus investiert, sind oft die Elektro- und Steigleitungen veraltet, die Fenster undicht, das Stiegenhaus ist wenig einladend und der Lift nur ein frommer Wunsch.

Käufer sollten nicht nur die Wohnung, sondern das ganze Haus unter die Lupe nehmen. Dabei ist Unterstützung durch einen Profi sinnvoll. Ein technischer Ankaufstest durch einen Sachverständigen kostet bei der TÜV Austria Consult 687 Euro für eine Wohnung bis 75 und 1060 Euro für eine Wohnung bis 150 .

Auch alte Schulsachen und neue Schi kann man im trockenen Keller eines Neubaus ohne Bedenken lagern. Die Fenster in der Wohnung sind dicht und die Wände gut gedämmt. Es gibt ein großzügiges Badezimmer, einen Abstellraum und einen Balkon. Statt jedes Jahr die Therme warten zu müssen, kann man sich auf die Zentralheizung verlassen.

Eine Brandschutztür mit Mehrfachverriegelung ist Stand der Technik. Manchmal gibt es eine kontrollierte Wohnraumlüftung. In vielen neuen Wohnhausanlagen gibt es eine Tiefgarage oder Stellplätze im Freien. In Bezug auf Bequemlichkeit und Komfort hat also der Neubau die Nase vorn.

Je neuer, desto besser lautet die Devise. „Eine Wärmedämmung, die Anfang der 1990er-Jahre aktuell war, ist heute nicht mehr Stand der Technik. In den Plattenbauten der 1960er- und 1970er-Jahre waren Wärmedämmung und Schallschutz sehr schlecht“, sagt Peter Baum von der TÜV Austria Consult. „Aber auch ein moderner Neubau kann schlecht gebaut sein. Man muss sich das immer im Einzelfall anschauen.“

Die Nachfrage ist jedenfalls groß: „In Niederösterreich und dem Burgenland sind eindeutig Neubauten mehr gefragt. In Wien hält sich die Nachfrage nach Neu- und Altbauten in etwa die Waage“, sagt Peter Weinberger, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien Vermittlung. „Die Bewohner schätzen die geringeren Betriebskosten, denn durch die bessere Wärmedämmung sind die Heizkosten niedriger. Und für Eigentümer sind vor allem die niedrigen Erhaltungs- und Investitionskosten ein großes Plus.“

Die Kaufpreise haben in den vergangenen Jahren stark angezogen – sowohl im Alt- als auch im Neubau. Die Mieten sind jedoch im Neubau um einiges höher als im Gründerzeithaus, denn die gesetzliche Obergrenze gilt hier nicht. In Wien muss man im Schnitt mit neun Euro pro rechnen, in sehr guten Lagen sind bis zu zwölf Euro pro möglich. Mieter sind im Neubau weniger gut geschützt. „Will man die Betriebskosten überprüfen lassen oder Sanierungsarbeiten durchsetzen, muss man zu Gericht gehen. Im sogenannten streitigen Verfahren trägt der Mieter auch das volle Kostenrisiko“, erklärt Mieterschutz-Expertin Barbara Walzl-Sirk. Während es im Altbau kaum Spielraum bei der Vertragsgestaltung gibt, kann man im Neubau viele Dinge individuell regeln. Eine Beratung zahlt sich aus – sowohl für Mieter als auch für Vermieter.

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