Immer weniger Griechen zahlen Steuern

Immer weniger Griechen zahlen Steuern
Aus Angst vor einem Austritt aus der Eurozone ist die Steuermoral in Griechenland noch weiter gesunken. Dem Fiskus entgehen rund 10%.

Die ohnehin notorisch steuersündigen Griechen überweisen ihrem krisengeschüttelten Staat aus Furcht vor einem Euro-Austritt derzeit noch weniger Geld als sonst. Aus diesem Grund dürfte der griechische Fiskus in diesem Monat rund zehn Prozent geringere Einnahmen verbuchen, wie Reuters am Mittwoch aus dem Finanzministerium in Athen erfuhr.

In Finanzämtern in der Peripherie seien die Einnahmen im Mai sogar um 15 bis 30 Prozent zurückgegangen, berichteten zwei Finanzbeamte. "Die Leute stellen einige Zahlungen ein, weil uns Wahlen bevorstehen und auch wegen der Unsicherheit durch einen möglichen Euro-Austritt", sagte ein ranghoher Mitarbeiter des Finanzministeriums. Hinzu käme, dass eine wachsende Zahl griechischer Unternehmen Verluste schreibe.

Der Verband unabhängiger Steuerberater erklärte, viele Bürger und Firmen hätten grundsätzlich derzeit wegen der Rezession und der hohen Arbeitslosigkeit gar nicht das Geld, um ihre Steuern zu überweisen. "Sie warten bis zur letzten Sekunde, um sich das Geld zu beschaffen und dann zu zahlen", sagte Verbandchef Abraam Panidis. "In diesem Augenblick ist die Steuerhinterziehung weit verbreitet, weil es keine Regierung gibt, die die Steuern wie geplant eintreiben kann."

Politologe: Keine Linksregierung

Der griechische Politologe Dimitri Sotiropoulos rechnet nicht mit einer Linksregierung nach den Parlamentswahlen in Griechenland. Die Umfragen sehen zwar für den Urnengang am 17. Juni das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) Kopf an Kopf mit der konservativen Neuen Demokratie (ND). Für SYRIZA gebe es aber kaum Aussicht auf eine Koalition, sagte der Professor an der Universität Athen. Es werde zu einer Fortsetzung des von der EU mandatierten Sparkurses kommen.

Die Wahlen in Griechenland Anfang Mai brachten sieben Parteien ins Parlament, von denen keine mehr als 19 Prozent der Stimmen erreichte. Überdies stimmten rund ein Fünftel der Wähler für Parteien, die es nicht ins Parlament geschafft haben. Die politische Landschaft gleiche in ihrer großen Pluralität nun der von Staaten kurz nach dem Ende einer Diktatur, erklärte Sotiropoulos - ein Zeichen, dass es mit dem bisherigen Zwei-Parteien-Systems aus der Neuen Demokratie (ND) und der sozialistischen PASOK endgültig vorbei sei.

Die Aufsplitterung des politischen Systems werde es auch nach den kommenden Wahlen schwer machen, eine Regierung zu bilden. Sotiropoulos rechne mit einer weiteren Polarisierung zwischen den Lagern, die vor allem der Neuen Demokratie und SYRIZA Wähler bringe. Als Erfolg könne das Linksbündnis für sich verbuchen, dass inzwischen fast alle griechischen Politiker für eine Nachverhandlung der Sparauflagen mit der Troika ( EU, EZB und IWF) eintreten würden.

Am ehesten kommt es nach Ansicht von Sotiropoulos zu einer Regierung der nationalen Einheit, die von Juni an drei bis sechs Monate regiere, und die nächste Runde an Sparmaßnahmen auf den Weg bringe. Diese werde wahrscheinlich unter der Führung der Neuen Demokratie von Antonis Samaras stehen. Die Konservativen hätten zuletzt an Stärke gewonnen: Erst diese Woche kehrte Ex-Außenministerin Dora Bakoyannis mit ihrer "Demokratischen Allianz", die bei den Wahlen im Mai rund 2,5 Prozent erhielt, zur ND zurück. Auch andere moderate Gruppen könnten sich hinter die Konservativen stellen.

Vordringlichstes Ziel der neuen Regierung ist es, den Staatsbankrott Griechenlands abzuwenden. Wenn das erreicht sei, kommt es nach Einschätzung des Politikwissenschafters zu erneuten Parlamentswahlen - dem dritten Urnengang im Jahr 2012.

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