"Ganz massiv politisch interveniert"

Karl Stoss,General der Casinos Austria AG, ist sauer
General der leer ausgegangenen Casinos Austria attackiert Finanzminister.

Dass sich der Chef eines teilstaatlichen Unternehmens mit dem Finanzminister anlegt, hat in Österreich Seltenheitswert. Noch dazu, wenn beide politisch derselben Farbe angehören. Doch für Karl Stoss, ÖVP-naher General der Casinos Austria AG (Casag), geht es um zu viel.

Der Glücksspielkonzern, dessen größte Aktionäre die Nationalbank-Tochter Münze – und damit letztlich das Finanzministerium – sowie Raiffeisen sind, wurde bekanntlich bei der Vergabe von drei neuen Casino-Lizenzen durch das Finanzministerium aus dem Spiel geworfen. Ausschlaggebend dafür war formal der Lizenz-Entzug für die Casag in Argentinien.

Stoss kann das so nicht glauben und wittert Interventionen. Der ehemalige Raiffeisen-Banker attackiert die Vergabe, für die Cartellbruder Michael Spindelegger als Ressortchef und Politiker verantwortlich ist, frontal. Zwar führte das Verfahren ein ministeriumsinterner Beirat und für Glücksspiel ist inhaltlich die rote Staatssekretärin Sonja Stessl zuständig. Doch eine derart heikle Entscheidung geht natürlich über den Chef-Schreibtisch.

"Bei genauerem Studium der Unterlagen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Argentinien nur ein vorgeschobenes Argument ist", wettert Stoss gegenüber dem KURIER. Er spricht von Manipulation und meint, die wahren Beweggründe erkannt zu haben: "Aus unserer Sicht kann man durchaus auch zum Schluss kommen, dass es massive politische Interventionen gab, die letztendlich auch erfolgreich waren." Starker Tobak.

Stoss hält die Begründung mit Argentinien für "konstruiert". Die Faktenlage sei dem Finanzministerium seit August 2013 vollinhaltlich bekannt. Als im Herbst 2013 die bestehenden Konzessionen für die sechs Casinos außerhalb der Landeshauptstädte verlängert wurden und der Platzhirsch Casag wieder abräumte, habe man "keinen Anlass gesehen, Argentinien in die Bewertung einfließen zu lassen". Hätte man jetzt bei allen Bewerbern den gleichen Maßstab angelegt, "hätten wir zumindest zwei Konzessionen deutlich gewonnen". Vom Konzessionspoker abgesehen soll das Verhältnis zwischen Spindelegger und Raiffeisen seit längerem nicht sehr harmonisch sein.

In der Ausschreibung kam Argentinien ursprünglich nicht vor, sondern sei erst über die Stellungnahmen der Mitbieter hinein reklamiert und "und verhältnismäßig stark bewertet" worden. Vorfälle bei den Konkurrenten seien "nicht einmal im Ansatz" bewertet worden.

Mit der politischen Intervention dürfte Stoss nicht falsch liegen. NÖ und Wien gaben im Verfahren ihre Stellungnahmen ab. Niederösterreichs schwarzer Landesfürst Erwin Pröll soll Druck für den Konzern des Industriellen Johann F. Graf gemacht haben, den größten Arbeitgeber des Bundeslandes. Novomatic erhielt wie berichtet einen Standort in Bruck/Leitha und kann das Automaten-Casino im Prater zu einer Spielbank mit Croupiers ausbauen.

In Wien dürfte sich SP-Bürgermeister Michael Häupl für das Projekt im Palais Schwarzenberg stark gemacht haben. Der deutsche Automatenhersteller Gauselmann und die Schweizer Stadtcasino Baden AG wollen das barocke Baujuwel sanieren, die Familienstiftung der Schwarzenbergs will ein Boutique-Hotel aufziehen und der prächtige private Park wird für die Allgemeinheit geöffnet. Das Casino ist die letzte Chance auf eine Wiederbelebung des seit Jahren leer stehenden Palais. "Das Ministerium ist eins zu eins der Entscheidung des Glücksspielbeirates gefolgt", lässt Spindelegger dazu ausrichten.

Stoss schmerzen die Konzessionen für die Novomatic weniger. Der feudale Spieltempel im Schwarzenberg allerdings steht in direkter Konkurrenz zum nahen Casino in der Kärntnerstraße, dem lukrativsten Standort der Casag.

Klar, dass der Aufsichtsrat der Casag die Beschwerde beim Verwaltungsgericht beschloss. Interessant, dass auch Vize-Chef Kurt Pribil dafür stimmte. Er sitzt auf einem ÖVP- Ticket im Direktorium der Notenbank und votierte damit praktisch gegen seinen Minister-Chef.

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