Geschäfte-Schwund im Einzelhandel

Geschäfte-Schwund: Grund sind zahlreiche Pleiten.
Einige Pleiten, zudem wandert Geschäft ins Internet ab. Dennoch hat Österreich noch immer die höchste Dichte an Einzelhandelsflächen.

Der Einzelhandel sei ein stabiler Wirtschaftssektor, aber kein dynamischer. "Wir hatten uns einen stärkeren Boost durch die Steuerreform erhofft", räumte Ernst Gittenberger von der KMU Forschung Austria am Donnerstag bei der Präsentation der Halbjahreszahlen ein. Die Branche hat in den ersten sechs Monaten brutto 32,8 Mrd. Euro umgesetzt, ein nominelles Plus von 1,2 Prozent, macht real 0,7 Prozent.

Nur "kleiner Hauch" statt "großes Lüfterl"

Man habe sich aufgrund der Wirtschaftsprognosen ein "größeres Lüfterl, einen Aufwind" erwartet, geworden sei es aber ein "kleiner Hauch", sagte Handelsobmann Peter Buchmüller in Wien vor Journalisten. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo prognostiziert für 2016 steigende Konsumausgaben. Für heuer wird ein nominelles Plus von 3,1 Prozent (real 1,7 Prozent) erwartet. Doch nicht alle Ausgaben fließen in den Einzelhandel, sondern auch in Reisen, die Wohnung, steigende Mietkosten oder werden auf die hohe Kante gelegt.

Geschäfte-Schwund im Einzelhandel
Zahl der Geschäfte in Österreich 2005-2015 - Säulengrafik; Umsatzentwicklung nach Branchen - Balkengrafik GRAFIK 0859-16i, Format 88 x 110 mm
Hauptverantwortlich für die stabile Entwicklung im Einzelhandel war einmal mehr die größte Branche, der Lebensmittelhandel, der rund ein Drittel des gesamten Einzelhandelsvolumens stellt. Trotz Zielpunkt-Pleite stiegen die Umsätze dort nominell um 2,2 Prozent. Oder sogar wegen: "Die Umsätze können die Mitbewerber locker auffangen, die machen dann mehr Umsatz je Quadratmeter", so Buchmüller. Die ohnehin geringen Margen im Handel seien zuletzt sogar noch weiter zurückgegangen: Von 2,5 auf 1,9 Prozent. Schuld seien die vielen Aktionen.

"Es war permanent das falsche Wetter zur falschen Zeit"

Mit Aktionen versucht auch der Bekleidungshandel, sein schlechtes erstes Halbjahr zu retten. "Es war permanent das falsche Wetter zur falschen Zeit", fasste Gittenberger die Problematik zusammen. Das Resultat ist ein um 1,3 Prozent rückläufiger Umsatz in den ersten sechs Monaten. Damit zählt der Bekleidungshandel neben der Uhren-und Schmuckbranche (-1,8 Prozent nominell) zu den Verlierern. Wesentlich besser lief es für Büchergeschäfte (+1,9 Prozent), den Elektrohandel (+1,8 Prozent) und Bau- und Heimwerkerläden (+1,4 Prozent).

Österreich hat im europäischen Vergleich die höchste Dichte an Einzelhandelsflächen. Die Verkaufsfläche je Einwohner liegt hierzulande bei 1,59 m2, der EU-Schnitt liegt unter 1,20 m2. Doch trotz nach wie vor hoher Dichte sind die Verkaufsflächen in den vergangenen Jahren stark gesunken - allein von 2013 bis 2015 um 610.000 Quadratmeter.

Große Pleiten

Grund sind zahlreiche Pleiten (Zielpunkt, DiTech, Holland Blumen Mark, dayli/Schlecker usw.), zudem wanderte Geschäft ins Internet ab. Auch fand eine Verschiebung der traditionellen Standorte hin zu Einkaufs- und Fachmarktzentren statt. Ende 2015 zählte der Einzelhandel in Österreich 38.500 Geschäfte, um 4 Prozent oder 1.400 Geschäfte weniger als 2014. 2005 waren es noch 47.700 Geschäfte.

Geschäfte-Schwund im Einzelhandel
Zahl der Geschäfte in Österreich 2005-2015 - Säulengrafik; Umsatzentwicklung nach Branchen - Balkengrafik GRAFIK 0859-16i, Format 88 x 110 mm

Noch keine Ende bei KV-Verhandlungen in Sicht

Nach den jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Kammer und Gewerkschaft bei der Reform des Handels-Kollektivvertrages sieht Arbeitgeber-Verhandlungsführer Buchmüller "die ersten Emotionen verflogen". Man sei eben nicht immer einer Meinung, aber es gebe bereits wieder Gespräche. Im September soll ein nächstes Treffen stattfinden, das von einer unabhängigen Person moderiert werden soll. Seit 2013 entrümpeln Wirtschaftskammer und Gewerkschaft den komplizierten Handelskollektivvertrag und ringen um ein neues Gehaltsschema. 35 Verhandlungen fanden bisher statt. Ein Ende scheint noch nicht in Sicht.

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