Fly Niki: Flug ins Ungewisse

Fly Niki: Flug ins Ungewisse
Die österreichische Billig-Airline in den Turbulenzen der maroden Mutter Air Berlin.

Einmal muss Schluss sein. Der Großaktionär Etihad aus Abu Dhabi ist nicht mehr bereit, die schwer defizitäre Air Berlin weiterhin mit teuren Kapitalinfusionen über Wasser zu halten. Darum der geplante Deal mit der Lufthansa, der Cash in die leeren Kassen bringen soll und vergangene Woche an die Öffentlichkeit kam.

Im Windschatten von Deutschlands zweitgrößter Airline fliegt die österreichische Tochter NIKI. Über deren Zukunft wird in der Luftfahrt-Branche jetzt wieder heftig spekuliert. Bis hin zum Abverkauf der 2003 vom dreifachen Formel-1-Weltmeister Niki Lauda gegründeten Billig-Airline.

"NIKI ist nach wie vor die Perle in der Air-Berlin-Gruppe", analysiert Gerald Wissel von Airborne Consulting. Der renommierte, internationale Luftfahrt-Experte zählt auf: "Immer noch eine gute Kostenstruktur, mit attraktiven Strecken gut am Markt aufgestellt, gute Mitarbeiter und eine definitiv starke Marke."

Vor zwei Monaten wollte die Mutter, von der WirtschaftsWoche als "Flugzombie" im deutschen Aktienmarkt tituliert, Kasse machen. Air Berlin verhandelte mit Carolyn McCall, der Chefin der britischen Easyjet, über einen Verkauf von NIKI. Aus dem Deal wurde nichts. Europas zweitgrößtem Billig-Carrier war der Kaufpreis zu hoch. Unter den von Air Berlin geforderten Bedingungen hätte sich die Übernahme nicht gerechnet, wissen Insider. Inzwischen ist es für Easyjet auch nichts mehr easy, politische Unsicherheiten und Brexit belasten das Geschäftsmodell.

In Deutschland wird nun spekuliert, ob die "alte" Air-Berlin-Garde NIKI herauskauft. Gründer und Ex-Chef Joachim Hunold, der heute noch im Board sitzt, sowie dem Vorsitzenden Hans-Joachim Körber wird zugetraut, einen solchen Deal durchzuziehen. Lauda könnte mit dabei sein, wird kolportiert.

Der mit Hunold gut bekannte Lauda hatte Air Berlin als Partner an Bord geholt, 2011 aber selbst den Abflug gemacht und alle Anteile an die Deutschen verkauft. Im KURIER-Gespräch winkt Lauda jedoch ab: "Kein Interesse. Die heutige Kostenstruktur und die Basis stimmen nicht mehr, um die Airline erfolgreich führen zu können."

Vielleicht nicht im Alleingang, für einen größeren Player am Flughimmel könnte sich eine Übernahme durchaus rechnen. Noch. NIKI ist seltsamerweise nicht Teil des Lufthansa-Deals, der rund ein Drittel des Air-Berlin-Geschäftes und 40 Flugzeuge betrifft. Die Lufthansa will den dezentralen Verkehr von Air Berlin übernehmen. Das wären alle Strecken, die nicht über die Drehkreuze Düsseldorf und Berlin führen. Dazu würden eigentlich auch große Teile von NIKI gehören.Bis 2015 flog NIKI als einziges Mitglied der Air-Berlin-Familie schwarze Zahlen ein. Im Firmenbuch ist zuletzt ein Bilanzgewinn von 2,84 Millionen Euro ausgewiesen. Heuer sollen allerdings erstmals Verluste anfallen. Die Flotte wurde auf 19 Airbus-Flugzeuge verkleinert, 840 Mitarbeiter sind beschäftigt. Am Flughafen Wien hält Österreichs erste Billig-Airline mit 2,4 Millionen Passagieren und 456 Millionen Euro Umsatz bei einem Marktanteil von 10,6 Prozent. Zum Vergleich: Die Lufthansa-Gruppe kommt mit der AUA und allen Töchtern in Österreich auf knapp 13 Millionen Passagiere und einen Marktanteil von 57 Prozent.

In letzter Zeit ging Berlin mit dem in Relation zum Gesamtkonzern zwar kleinen, aber lukrativen Asset NIKI nicht mehr sehr pfleglich um. Die Österreicher hatten eine klare Strategie, konnten die Marke unabhängig entwickeln und große Teile des Geschäfts selbst bestimmen. Schließlich kannte man den heimischen Markt besser die Netzwerkplaner in Berlin.

Mit der Eigenständigkeit war’s vorbei,als im Februar 2015 der neue Konzernchef Stefan Pichler das Steuerruder übernahm. "Die haben alle Fehler, die sie in Berlin gemacht haben, auf NIKI übertragen", kritisiert ein Insider. NIKI war ursprünglich bei den Kosten um geschätzte 40 Prozent günstiger als die Mutter. Die Piloten arbeiteten länger und bekamen weniger Gehalt, dafür lockten bessere Karriere-Chancen. Heute dürfte der Kostenvorteil bei nur noch zehn Prozent liegen.

Dafür sind die Konzern-Betriebsräte zum guten Teil mitverantwortlich. Denen passte es gar nicht, dass die Tochter in Österreich wesentlich billiger abheben konnte. Weil die deutsche Gewerkschaft beispielsweise eine Art Gebietsschutz verlangte, wurden NIKI im Verkehr zwischen Österreich und Deutschland die Flügel gestutzt und das Volumen heruntergefahren.

Der Konzern besitzt mittlerweile kein einziges Flugzeug mehr, alle Maschinen wurden verkauft und zurückgeleast. Detto bei NIKI. Um stille Reserven zu heben und Liquidität zu bekommen. Doch NIKI hatte die Flugzeuge über deutsche Exportfinanzierungen sehr günstig finanziert. Die Leasing-Variante dürfte wesentlich teurer sein. Obendrein werde die immer noch zugkräftige Marke NIKI zugunsten von Air Berlin hinuntergefahren, bedauert die Belegschaft. Mit der eigenen Flugnummer soll’s ebenfalls bald vorbei sein.

Auch der ständige Management-Wechsel tut NIKI nicht gut. Der in Luftfahrtkreisen anerkannte Geschäftsführer Christian Lesjak zog unter Pichler die Reißleine. Seine Nachfolger, die Ex-AUA-Manager Thomas Suritsch und Christina Hackl, waren nach knapp einem Jahr schon wieder weg. Seit April sitzt der ehemalige Air-Berlin-Pilot Oliver Lackmann auf dem Chefsessel. Er will Medienanfragen lieber nicht beantworten ...

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