Flüchtlinge: Warum Lehrlinge lieber in Wien bleiben wollen

In Wien sind jugendliche Flüchtlinge am besten sozial abgesichert
Jugendliche Flüchtlinge über Österreich zu verteilen scheitert oft am Geld.

Im Westen und im Süden Österreichs gibt es zahlreiche offene Lehrstellen, während in Wien ein Lehrstellenmangel herrscht. Naheliegend, dass das AMS versucht, jugendliche Flüchtlinge in die anderen Bundesländer zu vermitteln. Willige Betriebe gibt es genug. So haben sich etwa Hightech-Unternehmen in Kärnten über die Industriellenvereinigung zu einer Job-Initiative zusammengefunden und warten auf die Lehrlinge aus Wien. Einige wenige sind gekommen, es hätten aber weit mehr sein können.

Das Problem: Die Jugendlichen wollen nicht aus Wien weg, weil sie fürchten, in Kärnten, aber auch in der Steiermark oder in Oberösterreich nur von der Lehrlingsentschädigung leben zu müssen. Während Wien geringe Lehrlings-Einkommen automatisch mit der Mindestsicherung aufstockt, sind andere Länder nämlich wesentlich strikter. Eine Ungleichbehandlung, die auf eine Gesetzeslücke in der Mindestsicherung beruht. So werden zwar österreichweit die Lehrlingsentschädigungen aufgestockt, wenn die Jugendlichen nicht mehr zu Hause wohnen, dies gilt jedoch nur für Minderjährige. Bei Volljährigen – viele Flüchtlinge sind schon über 18 – gilt diese Regelung jedoch nicht, da sie auch Hilfsarbeiten annehmen könnten. Jedes Land kann hier selbst entscheiden.

"Wie soll jemand ohne Familienanhang von einer Lehrlingsentschädigung von 550 Euro leben können?", fragt ein Lehrstellenvermittler. Manche Betriebe würden den Flüchtlingen sogar freiwillig mehr zahlen, wollen aber ihre österreichischen Lehrlinge nicht benachteiligen.

Interventionen

AMS-Wien-Chefin Petra Draxl kennt das Problem und versteht das Verhalten mancher Bundesländer in punkto Mindestsicherung nicht. So lange die Bedingungen am Arbeitsmarkt nicht überall gleich seien, könne die von der Politik gewünschte Verteilung der Flüchtlinge nicht gelingen. Zumindest für das Kärntner Jobprojekt konnte laut Draxl inzwischen erfolgreich interveniert werden.

Sozialminister Alois Stöger verweist darauf, dass die Mindestsicherung an sich bundesweit geregelt ist, Unterschiede im Vollzug dürfte es bei den Lehrlingen nicht geben. Die politisch gerade heftig diskutierte Reform der Mindestsicherung (Bund-Länder-Vereinbarung) sollte diesbezüglich jedenfalls Klarheit schaffen. Für die Lehrlinge heißt es also: Bitte warten!

Kommentare