Warum ein Brexit Folgen für den englischen Fußball hätte

Marko Arnautovic von Stoke City
Dutzende Profis würden schlagartig ohne Spielerlaubnis dastehen.

Ein Austritt Großbritanniens aus der EU könnte für die englische Fußball-Premier-League und die darunter angesiedelten Profi-Ligen äußerst unangenehme Folgen haben. Im Falle eines Brexit würden nämlich nach derzeit geltendem Recht die Arbeitsgenehmigungen für zahlreiche Legionäre aus dem EU-Ausland wegfallen.

Dutzende Profis stünden auf einmal ohne Spielerlaubnis da, die Clubs müssten ihre Kader teilweise komplett neu aufstellen. Die momentane, vom englischen Verband durchgesetzte Bestimmung sieht vor, dass Spieler aus Nicht-EU-Staaten lediglich unter der Voraussetzung eine Arbeitsgenehmigung erhalten, "etablierte Nationalspieler aus führenden Fußball-Nationen" zu sein.

Konkret heißt das: Ein Kicker aus einer Top-10-Nation im FIFA-Ranking bekommt nur dann eine Spielerlaubnis, wenn er in den zwei Jahren vor dem Vertragsabschluss mindestens 30 Prozent aller Ländermatches seines Heimatlandes absolviert hat. Für Spieler mit einem Pass aus einem Land auf den Plätzen 11 bis 20 erhöht sich der Prozentsatz auf 45, für jene von 21 bis 30 auf 60 und für jene von 31 bis 50 auf 75. Ausnahmen gibt es bei Verletzungen oder aufstrebenden Talenten.

Spieler mit einem EU-Pass sind von dieser Vorschrift ausgenommen - aber nur, so lange Großbritannien Mitglied der Europäischen Union ist. Sollten die Briten am 23. Juni für einen Austritt stimmen, wären Profis aus EU-Staaten und damit auch aus Österreich Spielern aus allen anderen Ländern der Welt gleichgestellt und müssten damit die selben Kriterien erfüllen.

Legionäre aus Österreich

Warum ein Brexit Folgen für den englischen Fußball hätte
Football Soccer - Leicester City v Southampton - Barclays Premier League - The King Power Stadium - 3/4/16 Leicester City's Christian Fuchs prepares to take a corner Reuters / Darren Staples Livepic EDITORIAL USE ONLY. No use with unauthorized audio, video, data, fixture lists, club/league logos or "live" services. Online in-match use limited to 45 images, no video emulation. No use in betting, games or single club/league/player publications. Please contact your account representative for further details.

Im Moment wäre dies bei Christian Fuchs (Leicester City), Marko Arnautovic (Stoke City) und Sebastian Prödl der Fall. Kevin Wimmer (Tottenham) könnte jedoch nicht die erforderliche Anzahl von Länderspielen vorweisen. Das trifft auch für in der abgelaufenen Saison herausragende Fußballer wie N'Golo Kante (Leicester) oder Dimitri Payet (West Ham) zu. Beide sind zwar französische Internationale, zählten aber in der Vergangenheit nicht zu den Stammspielern der "Equipe Tricolore" - damit wäre eine Arbeitsgenehmigung außer Reichweite, berichtete die BBC.

Nach den Angaben des Senders würden derzeit über 100 Premier-League-Profis aus EU-Ländern bei einem Brexit die Spielerlaubnis verlieren. In den jeweils beiden Top-Ligen Englands und Schottlands wären davon insgesamt 332 Spieler betroffen.

Der mögliche Aderlass an Gastspielern könnte aber auch positive Auswirkungen für den englischen Fußball haben. Durch die Flut an Legionären kamen englische Spieler zu immer weniger Einsatzzeiten, worunter wiederum das Nationalteam litt. "Bei einem EU-Austritt müssten sich die Clubs wieder auf ihre eigenen Talente konzentrieren. Das wäre für die Nationalmannschaft gut", vermutete die Spieleragentin Rachel Anderson.

Abwanderung unwahrscheinlich

Ob aber ein Brexit tatsächlich einen Exodus von Legionären zur Folge hätte, darf bezweifelt werden. Experten gehen davon aus, dass in diesem Fall einfach die Kriterien für eine Arbeitsgenehmigung angepasst werden würden. "Ich wäre überrascht, wenn es diesbezüglich nicht zu Änderungen kommen würde. Finanzkräftige Sport-Organisationen haben immer die Schlagkraft, die Regeln zu ihren Gunsten zu verändern", sagte Raymond Boyle, Professor der Universität Glasgow, der BBC.

Das Referendum über einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU findet Ende Juni statt. Trotz Meinungsumfragen, die im Moment eher auf einen Sieg der EU-Befürworter hindeuten, ist das Ergebnis aus Sicht der Politologin Melanie Sully nach wie vor offen. "Wir haben nicht allzu viel Orientierungshilfe", so die Expertin.

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