China löst erneut ein Börsenbeben aus

China: Handelsabbruch nach Minus von sieben Prozent
Auch die europäischen Börsen starteten mit Verlusten in den Donnerstag. Ölpreise sacken weiter ab

Ein erneuter Kurseinbruch in China hat am Donnerstag zunächst die asiatischen Börsen mit in die Tiefe gerissen und danach auch die europäischen Aktienmärkte erfasst. Die chinesischen Festland-Börsen wurden angesichts der heftigen Verluste von mehr als sieben Prozent vorzeitig geschlossen und hatten mit 30 Minuten den kürzesten Handelstag in ihrer 25-jährigen Geschichte. Der japanische Leitindex schloss erstmals seit Oktober unter der psychologisch wichtigen Marke von 18.000 Punkten.

Minus auch in Europa

Auch Europa konnte sich der Verunsicherung nicht entziehen. Der Euro-Stoxx-50 lag gegen 10:30 Uhr satte 3 Prozent im Minus. An der Wiener Börse rutschte der heimische Leitindex ATX um 4,35 Prozent ab. In Frankfurt fiel der DAX deutlich unter 10.000 Punkte - auf ein Minus von 3,80 Prozent.

Ölpreise auf neuem Rekordtief

Die Ölpreise sackten ebenfalls ab. Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich um bis zu sechs Prozent auf 32,16 Dollar (29,9 Euro) je Barrel und kostete damit so wenig wie zuletzt Anfang April 2004. Der Preis für das US-Öl WTI rutschte in der Spitze um 5,5 Prozent auf ein Zwölf-Jahres-Tief von 32,10 Dollar je Fass ab.

China löst erneut ein Börsenbeben aus
Deutlich ins Wanken gerieten auch die Preise für die Industriemetalle. Kupfer, das vor allem in der Bauindustrie verwendet wird, kostete mit 4.488 Dollar je Tonne zeitweise knapp drei Prozent weniger. Zink und Nickel verbilligten sich in der Spitze jeweils um 4,6 und 3,5 Prozent auf 1.475 und 8.310 Dollar je Tonne.

George Soros: "Ich würde sagen, das wächst sich zu einer Krise aus"

US-Investor George Soros fühlte sich bereits an die Anfänge der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise erinnert. "Ich würde sagen, das wächst sich zu einer Krise aus", sagte Soros auf einer Veranstaltung in Sri Lanka. "Wenn ich mir die Finanzmärkte anschaue, dann gibt es dort ernste Probleme. Das erinnert mich an die Krise, die wir 2008 hatten."

Gold und Staatsanleihen als "sichere Häfen"

Vor diesem Hintergrund waren die als "sichere Häfen" geltenden Anlageformen gefragt: Der Preis für eine Feinunze Gold (etwa 31,1 Gramm) kletterte zuletzt auf 1.096 US-Dollar. Seit dem Jahreswechsel ist der Goldpreis damit um etwa 35 Dollar gestiegen. Auch Staatsanleihen von als solide angesehenen Ländern wie Deutschland, Großbritannien oder der Schweiz wurden von den Anlegern angesteuert.

Schutzmechanismus ausgelöst

Der Einbruch von Chinas Festland-Börsen aus Sorgen um die Wirtschaft des Landes war bereits der zweite in dieser Woche. Wie bereits am Montag kam erneut der zum Jahresanfang eingeführte Schutzmechanismus zum Zuge - dieser sieht bei einem Kursrückgang um mehr als 5 Prozent zunächst eine 15-minütige Unterbrechung und dann bei einem Minus von mehr als 7 Prozent einen völligen Abbruch des Handels vor.

China schwächer als gedacht?

Nach dem Einbruch zum Wochenanfang hatte die chinesische Regierung zwar Milliarden in den Markt gepumpt. Börsianer sprachen jedoch von fehlendem Anlegervertrauen und Irritationen über die andauernde Abschwächung der chinesischen Landeswährung, die Furcht vor einer Kapitalflucht aus China schürt. Der Yuan (Renminbi) war am Donnerstag auf seinen niedrigsten Stand seit fünf Jahren gesunken. Diese könnte auf eine noch größere Schwäche der chinesischen Wirtschaft hindeuten als aus offiziellen Statistiken hervorgehe, sagte ein Analyst. Wie die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Kreise meldete, plant die chinesische Börsenaufsicht eine Verlängerung des Verkaufsverbots für einige Großinvestoren. Ein außerplanmäßiges Treffen soll noch heute stattfinden.

Die Börsen in China werden gern mit Spielcasinos verglichen. Es wird heftig spekuliert, die Aktiengesellschaften im Land sind wenig transparent. Auch greift der Staat häufig ein, wie sich bei den schweren Turbulenzen im vergangenen Jahr zeigte, als ein Großteil der Aktien einfach vom Handel ausgesetzt wurde.

Seit 1990 gibt es in China zwei Börsen. Der größte Aktienmarkt ist in der ostchinesischen Hafenmetropole Shanghai, der kleinere im südchinesischen Wirtschaftszentrum Shenzhen. In den ersten Jahren nach der Gründung ging es weniger darum, effiziente Kapitalmärkte zu schaffen, als vielmehr um die Möglichkeit, dringend benötigtes Kapital zur Sanierung angeschlagener Staatsbetriebe aufzutreiben.

Weitgehend abgeschottet

Seither haben sich die Märkte rasant entwickelt, sind aber bis heute vom Börsengeschehen im Rest der Welt weitgehend abgeschottet. Es gibt zwei Arten von Wertpapieren: A-Aktien werden in der chinesischen Währung (Yuan) ausgegeben, sind chinesischen Investoren vorbehalten und können nur von ausgesuchten ausländischen institutionellen Anlegern gekauft werden. Ferner gibt es B-Aktien, die in Shanghai in US-Dollar und in Shenzhen in Hongkong-Dollar gehandelt werden und für ausländische Investoren gedacht sind.

Um die chinesischen Börsen kontrolliert zu öffnen, vereinbarte Shanghai vor einem Jahr eine Kooperation mit Hongkongs Aktienmarkt. Damit erhielten erstmals ausländische Anleger direkten Zugriff auf A-Aktien, in der Gegenrichtung können chinesische Investoren Aktien in Hongkong kaufen. Der Handel wird mit Quoten aber streng reguliert.

Schutzmechanismus bei Kursrutsch

Um größere Turbulenzen an Chinas Märkten zu verhindern, können einzelne Aktien, die mehr als zehn Prozent verlieren, vom Handel ausgenommen werden. Bei den Kursrutschen seit dem vergangenen Sommer galt dies zeitweise für mehr als die Hälfte aller Papiere.

Seit dem 1. Jänner gilt ein genereller Schutzmechanismus, der bei einem Kursrutsch des China Securities Index (CSI) mit 300 führenden Werten um über 5 Prozent 15 Minuten Handelspause vorsieht. Bei mehr als 7 Prozent wird der Handel für den Rest des Tages ausgesetzt.

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