Besuch im Supermarkt der Zukunft

Besuch im Supermarkt der Zukunft
Für Kunden vielleicht schon bald Alltag: Scanner und Displays ersetzen die netten Verkäufer und analogen Preisschilder – auch im Einzelhandel ist die Zukunft digital.

Per App das Lieblingsweckerl bestellen, beim Betreten des Supermarkts via iBeacon an die Bestellnummer erinnert werden, vorbei am Digital Signage, auf den elektronischen Regaletiketten kurz die Preise checken und schließlich an den Self-Checkouts die Ware scannen, um dann bargeldlos zu bezahlen – und das alles in nur wenigen Minuten. Der SPAR-Supermarkt am Campus der Wirtschaftsuniversität Wien ist in den vergangenen Monaten zum Digital Leadership Store ausgebaut worden. Das Ziel? Den Kunden trotz hoher Besucherfrequenz ein zeitsparendes Einkaufserlebnis zu bieten. Die innovativen Technologien, die ab sofort ihren Testbetrieb starten, sind aber erst der Beginn auf dem Weg zum Supermarkt der Zukunft.

Einkaufen per Fingerprint

Da poppt beim Griff zur Pasta dann prompt ein Display auf, das nicht nur ein passendes Maccheroni-Rezept bereithält, sondern auch weitere Zutaten empfielt. Nur einen Meter weiter leuchtet ein grünes Licht auf. Genau dort, wo der dazu empfohlene Rotwein steht. An der menschenleeren Kasse wird der Einkaufskorb des Kunden von einem Computer selbstständig gescannt. Bezahlt wird mit dem Autoschlüssel, denn darin vernetzt ist die Kreditkarte des Kunden. All diese Mehrwertinformationen erhält der Kunde nur, wenn er sich beim Betreten des Geschäfts über seinen Fingerabdruck am elektronischen Einkaufswagen registriert. Science Fiction? Nein, denn schon in wenigen Jahren soll das in den Lebensmittelmärkten durchaus Realität sein.

Merkur und Billa testen derzeit in jeweils einem regulären Markt im Großraum Wien die digitalen Preisschilder. Aktuelle Inhalte und Aktionen – wie zum Beispiel ein Rabattbon zu einem Produkt – können direkt im Supermarkt bezogen werden, wenn auf dem Smartphone die Billa-App installiert und Bluetooth aktiviert ist. Außerdem will Merkur noch heuer bis zu 45 neue Self-Checkout-Kassen einrichten.

Mode von morgen

Auch der Modehandel befindet sich im Umbruch. Neben dem Druck durch Online-Konkurrenten und dem Strudel der Fast Fashion gewinnen Qualität, Umwelt und Transparenz an Bedeutung. Hochwertige Mode darf dann sogar wieder etwas kosten und will entsprechend präsentiert werden: Futuristisch erscheinen die von digitalen Designern entwickelten Fusionen von Fashion und Technologie am Point of Sale (POS).

"Jeder einzelne Shop wird zukünftig nicht eine, sondern viele Interaktionsflächen bieten: digitale Services, die Aufmerksamkeit lenken, bei der Produktauswahl unterstützen, Anwendungen erklären, Upselling-Vorschläge unterbreiten, die Bestellung erleichtern, das individuelle Einkaufserlebnis abrunden oder das Kundenverhalten tracken. Manche mögen noch klassische Displays sein, andere alternativ steuerbar, durch zum Beispiel Gesten, Mimik oder Sprache. Ein schönes Beispiel stellt der smarte Spiegel der Zukunftsumkleide dar, der den Kunden Tipps gibt, Kontakt zu Freunden aufbaut und beim Probieren unterstützt. Dazu kommen Services, die auf und durch die Devices verfügbar werden, die der Kunde selbst mitbringt. Ziel ist es, ein Erlebnis zu inszenieren, das von Kunden und Mitarbeitern als konvergent erlebt wird und Treue wie Verkauf stützt", beschreibt Markus Pargfrieder, Geschäftsführer der Linzer Medien-Agentur Netural, den Modehandel von morgen.

Dass Online-Shopping das Einkaufserlebnis verdrängen wird, glaubt der Experte jedoch nicht. "Die beiden Welten werden allerdings viel stärker ineinander verwoben sein, als dies heute der Fall ist. Gerade der Preis ist in einer postdigitalen Welt, wo Shopping auch zelebrierte Freizeitgestaltung ist, bei weitem nicht der einzige Faktor. Wer die blinden Flecken von eCommerce erkennt, wird auch in der Lage sein, attraktive stationäre Angebote zu bringen, die gut angenommen werden." Eines steht auf jeden Fall fest: Digitale Technologien in Smartphones, an Touchscreens oder in der Infrastruktur werden den stationären Handel zukünftig revolutionieren.

- von Wolfgang Smejkal

In welchem Verhältnis steht der Onlinehandel heute zum österreichischen stationären Einzelhandel?

Der Einkauf der Konsumenten im stationären Handel dominiert nach wie vor im Verhältnis 95:5 zum Onlinegeschäft. Dieses wächst aber weit dynamischer als der klassische Handel. Damit liegt Österreich im europäischen Mittelfeld, die skandinavischen Länder und Großbritannien sind beim Onlineshopping weit vorne, südliche Länder wie Spanien oder Italien hingegen liegen hinter uns.

Was müssen Händler beachten, um ihren Kunden das moderne Einkaufserlebnis schmackhaft zu machen?

Unsere Botschaft an die österreichischen Händler lautet, das Beste aus beiden Welten zu verbinden. Der Händler sollte den Kunden überall abholen, also Produktinformationen schon vorab im Internet zur Verfügung zu stellen und fachliche Beratung im Geschäft anbieten.

Ist der österreichische Einzelhandel in seiner digitalen Entwicklung konkurrenzfähig?

Zurzeit findet gerade die Verbindung der digitalen Einkaufswelt und der klassischen Handelswelt statt. Diese Entwicklung passiert schleichend. Kunden können zum Beispiel online einen Store-Pickup in ihrer Filiale bestellen oder durch digitale Einkaufsstationen im Geschäft auf nicht lagernde Artikel zugreifen. Diese Bereiche werden zusammenwachsen, mit dem Ziel, den Konsumenten in jeder Phase der Kaufentscheidung auf das gesamte Warenangebot aufmerksam zu machen.

Wie groß sind die Berührungsängste des Einzelhandels mit dem Internet?

Die Wirtschaftskammer hat vor zweieinhalb Jahren eine Erhebung durchgeführt, die ergab, dass 70 Prozent des österreichischen Einzelhandels über eine Webseite verfügt und 20 Prozent über eine Verkaufsmöglichkeit im Internet. Man muss sich auch grundsätzliche Fragen stellen, ehe man diesen Schritt unternimmt. Es geht um Logistik, es geht um Zahlungsformen, es geht um die Verknüpfung beider Welten – letztlich ist es eine strategische Entscheidung, da ja auch Investitionen nötig sind.

Wie nehmen die Konsumenten digitale Neuerungen wie die Self-Scan-Kassen an?

Wie bei jeder technologischen Veränderung geht es einerseits um eine Verhaltensänderung – die Kunden sind es jahrzehntelang gewohnt, an einer Kassa bedient zu werden –, andererseits um das Ziel des Händlers, den Vorgang für den Kunden möglichst rasch und bequem zu gestalten.

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