Die Angst der Häuslbauer vor dem Franken

Die Angst der Häuslbauer vor dem Franken
250.000 Österreicher haben ihr Eigenheim mittels Frankenkredit finanziert. Der massive Ansteig der schweizer Währung bereitet ihnen nun Sorgen.

Anleger lässt er jubeln und für die schweizer Export-Wirtschaft wird er immer mehr zur Bürde: der Schweizer Franken. Allein seit Mitte Mai hat der Franken gegenüber dem Euro und Dollar rund zehn Prozent gewonnen - Tendenz steigend. Und was lange Zeit gar unmöglich schien, wird inzwischen für möglich gehalten: die Parität zum Euro.

Dieser massive Anstieg bereitet auch den 250.000 österreichischen Bauherrn und -damen, die sich Ende der 90-er Jahre einen Fremdwährungskredit in Franken aufgenommen haben, zunehmend Sorgen. Ein Großteil der Frankenkredite ist endfällig, neben dem Wechselkursrisiko besteht nun auch die Gefahr, dass der Tilgungsträger weniger abwirft als erwartet, am Ende der Laufzeit also zu wenig Geld da ist, um den Kredit zu bedienen.

Laut Nationalbank-Daten beliefen sich die Franken-Ausleihungen privater Haushalte per Ende Mai auf 37,5 Mrd. Euro, davon entfielen 27,1 Mrd. Euro auf Wohnbaukredite. Gegen die momentane Frankenaufwertung gegenüber dem Euro können Kreditnehmer nicht viel machen - außer abzuwarten. Aussteigen? Fehlanzeige. "Jetzt zu konvertieren, wäre wirtschaftlich ein Wahnsinn, weil man den Währungsnachteil in voller Höhe mitnehmen würde", warnt Thomas Hirmke vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). "Dann habe ich einen viel höheren Betrag offen, als ich aufgenommen habe. Das können zigtausende Euro sein."

Was also tun? Manfred Neubauer von der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) rät "endlich aus der Endfälligkeit rauszugehen", also schon während der Laufzeit Kreditraten zu zahlen. Wenn man sich`s leisten kann. Denn: "Da hakt es bei vielen, weil die Kredite viel zu leichtfertig vergeben wurden", kritisierte Neubauer. Eigentlich hätten Frankenkredite nur an Häuslbauer vergeben werden dürfen, die sich auch einen Eurokredit hätten leisten können. Das war aber oft nicht der Fall. Mangels finanzieller Mittel bleibt vielen also nichts anderes übrig, als zu hoffen. Oder aber man lässt den Tilgungsträger auslaufen bzw. stilllegen, um das freiwerdende Kapital in die Kreditrückzahlung zu stecken. "Nur so kann man das Risiko minimieren."

Tilgungsträger sind meistens langfristige Veranlagungsprodukte. Die Prinzip endfälliger Kredite: Während der Kreditlaufzeit werden ausschließlich Kreditzinsen bezahlt, die endfällige Tilgung erfolgt dann über den Tilgungsträger - etwa ein Investementfonds, ein Aktiendepot oder eine Lebensversicherung. Dieser sollte eine höhere Verzinsung zu erreichen, als für das ausgeliehende Kapital beim endfälligen Kredit bezahlt werden muss. Dadurch erhöht sich das Kapital im Tilgungsträger schneller, als das geschuldete Kapital - theoretisch. Doch im Zuge der Finanzkrise haben viele Tilgungsträger massiv an Wert eingebüßt. "Die Frage ist, ob sie das wieder aufholen können", sagte Hirmke. Das wiederum hängt von der Variante des jeweiligen Tilgungsträgers ab. Teils bestünden zum Beispiel Kapital- oder Höchststandsgarantien. "Nicht einmal die fondsgebundenen Lebensversicherungen kann man alle in einen Topf werfen", betonte Hirmke. Von daher könne Kreditnehmern auch keine pauschale Empfehlung gegeben werden. Ist aus heutiger Sicht zu erwarten, dass bei Fälligkeit des Kredits eine Lücke offenbleibt, sei anzuraten, schon jetzt zusätzlich anzusparen.

"Eigentlich war das eine Vorarlberger Erfindung und ist Ende der 1990er Jahre vom Westen in den Osten geschwappt", beschreibt Manfred Neubauer die Anfänge des Frankenkredit-Booms. "Die Banken haben damit gute Geschäfte gemacht und freie Finanzberater haben fette Provisionen kassiert." Denn fondsgebundene Lebensversicherungen, die bei endfälligen Krediten oftmals als Tilgungsträger fungieren, werfen laut dem Konsumentenschützer extrem viel für die Vermittler ab. "Im Schnitt reden wir von einer Jahresprämie." Bei einer monatlichen Ansparsumme von 300 Euro über eine Laufzeit von 20 Jahren gingen rund 3.600 Euro an den Berater - macht knapp 11.000 Euro für drei Abschlüsse, rechnet Neubauer vor.

Einige Finanzberater hätten daher Modellrechnungen geschönt. "Ich kann als Berater an einigen Schrauben drehen. Wenn ich sage, der Tilgungsträger bringt jährlich 6 Prozent, muss ich weniger einzahlen als bei einer Rendite von 3 Prozent", erklärte Neubauer. Der Fremdwährungskredit erscheine so "wesentlich günstiger" als er im Endeffekt sei.

Seit vergangenem Jahr dürfen heimische Banken keine neuen Fremdwährungskredite mehr vergeben, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht (FMA) haben dies verboten. Im Februar hatte sogar OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny von einem "gewaltigen Risikopotenzial bei Fremdwährungskrediten" gesprochen. Die "österreichische Erfindung" des Fremdwährungskredits sei auch nach Mittel- und Osteuropa exportiert worden. Man werde aber von dieser "negativen Fehlentwicklung wegkommen", hatte Österreichs oberster Notenbanker gemeint.

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