Deutschland sagt Ja zu neuen Euro-Hilfen

Deutschland sagt Ja zu neuen Euro-Hilfen
Euro-Rettungsschirm: Eine historische Abstimmung im deutschen Bundestag stärkt die Euro-Retter und Kanzlerin Merkels Koalition

Für US-Präsident Barack Obama hing davon das "Schicksal der Weltwirtschaft" ab, entsprechend gespannt war man am Donnerstag nicht nur in Berlin auf die Abstimmung im Bundestag. Das Ergebnis war zuletzt klarer, als es selbst Optimisten im Regierungslager erwartet hatten: 87 Prozent der Abgeordneten stimmten für die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms - großteils auf Kosten der Steuerzahler.

Noch wichtiger als die durch Mitwirkung großer Teile der SPD und der Grünen sichere Mehrheit (523 Ja-, 89 Nein-Stimmen) war das Zeichen aus der bürgerlichen Koalition selbst: Nur 15 ihrer Abgeordneten verweigerten Merkel die Gefolgschaft. Am Ende lag sie vier Stimmen über der sogenannten "Kanzlermehrheit" von 311, die bei Kampfabstimmungen und bei der Kanzlerwahl nötig ist.

Wenige Stunden nach Deutschland hat auch Estland am Donnerstagabend als 11. der 17 Euroländer dem erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF zugestimmt.

Signal

Deutschland sagt Ja zu neuen Euro-Hilfen

Das gilt als ganz wichtiges Signal für die weitere Handlungsfähigkeit der Koalition, vor allem auch bei den nächsten beiden Abstimmungen über den Rettungsschirm. Noch vor zwei Wochen war diese Mehrheit ungewiss, erst die intensive Bearbeitung der Skeptiker durch Merkel und ihre Getreuen sowie die zuletzt doch eindeutige Haltung der FDP-Führung hatten die Wende gebracht.

Vor der Abstimmung gab es eine hitzige Debatte, wobei nur die "Linke" sich geschlossen gegen das Gesetz aussprach. CDU-Fraktionschef Volker Kauder beruhigte, das Parlament werde bei weiteren Risiken für Deutschland auch künftig nicht übergangen, es habe ein "nationales Interesse" an der Euro-Rettung.

Für die SPD sprach als Hauptredner Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, ihr wahrscheinlichster Kanzlerkandidat. Parteichef Gabriel und Fraktionschef Steinmeier, die noch vorige Woche FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler wegen seiner Erwähnung einer Insolvenz im Zusammenhang mit Griechenland heftig attackiert hatten, sprachen nicht. Steinbrück nun forderte genau das und noch mehr, nämlich ein Hilfsprogramm für die griechische Wirtschaft. Er kritisierte "fehlendes Vertrauen und Konsistenz" in das Krisenmanagement der Kanzlerin.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erinnerte die SPD daran, dass sie zwar mehr Europa-Solidarität fordere, bisher aber nie dafür gestimmt habe. Die von der Opposition befürworteten "Eurobonds" wären "Zinssozialismus" und eine "Enteignung der deutschen Bevölkerung". Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Merkel vor, den Kampf gegen die Spekulation zu vernachlässigen.

Keine Heimlichkeiten

Finanzminister Wolfgang Schäuble widersprach der Behauptung, dass sich die Koalition von den Märkten treiben lasse. Hauptgrund für das Euro-Problem sei die mangelnde Disziplin der Schulden-Länder. Die von vielen befürchtete heimliche Ausweitung der Risiken des EFSF-Rettungsfonds werde nicht ohne Zustimmung des Parlaments erfolgen. CSU-Fraktionsschefin Gerda Hasselfeld erinnerte daran, dass Rot-Grün mit der Verletzung der Euro-Verträge einst "die Weichen für die Krise gestellt" habe.

Für die Gegner in der Koalition sprach Klaus Peter Willsch ( CDU): Man könne nicht Schulden mit immer neuen Schulden bekämpfen, das Mittel dagegen seien eben höhere Zinsen. Alle Euro-Verträge würden nun gebrochen. Die bessere Alternative sei direkte Hilfe für betroffene Banken, falls Schuldnerländer wie Griechenland pleitegingen.

Nach der namentlichen Abstimmung, in der je fünf Abgeordnete aus Union und FDP dagegen stimmten, gestand der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier, ein enger Vertrauer der Kanzlerin: "Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen." Merkel hatte schon wieder andere Termine.

Euro-Rettung: Drei Abstimmungen

Kreditgarantien Der Bundestag genehmigte am Donnerstag die Aufstockung des Euro-Rettungsfonds EFSF auf 780 Milliarden Euro Kreditgarantien, von denen netto 211 Mrd. auf Deutschland entfallen. Mit anderen Risiken und Zinsen haftet der deutsche Steuerzahler damit für insgesamt bis zu 400 Mrd. Euro, das wären 130 Prozent eines
Jahresbudgets. Deutschland ist das zehnte Euro-Land, das den Rettungsschirm absegnete.

Weitere Abstimmungen Die nächsten zwei Abstimmungen im Bundestag folgen über die nächste Tranche der Griechenland-Rettung im Oktober und im Jänner über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM.

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