Eine schrecklich nette Firma

Großaktionär Hans Peter Haselsteiner, conwert-Gründer Kerbler, Börsenrebell Alexander Proschofsky, Investmentbanker Klaus Umek, Vorstand Clemens Schneider (von links).
Männereitelkeiten, Millionen, Missmanagement – hinter der Fassade des Immobilienkonzerns.

Auf der einen Seite: Hans Peter Haselsteiner, 71, Bautycoon (Strabag) und Kunstmäzen mit einem großen Herz für Soziales. Gegenüber: Klaus Umek, 43, Österreichs bekanntester Investmentbanker mit seiner Firma Petrus Advisers. Plus Alexander Proschofsky, Investor und knallharter Börsenrebell, der schon Julius Meinl V schwer zusetzte. Dazwischen: Kleinaktionäre, die viel Geld verloren und bereits einmal heftig abgezockt wurden. Von den conwert-Gründern Günter Kerbler und Johann Kowar. Hinter den Kulissen des Immobilienkonzerns spielt es sich seit Jahren ab, wie man es bei einem im ATX notierenden Unternehmen nicht für möglich halten würde. Mit der vergangene Woche kläglich gescheiterten Übernahme der Deutschen Wohnen AG eskalierte der Konflikt.

Die Lage spitzte sich zu, als Umek, der 6,7 Prozent an der Immo-Gruppe hält, einen öffentlichen Brief schrieb. Er teilte den beiden conwert-Vorständen Clemens Schneider und Thomas Doll im Jänner mit, sie mögen das Unternehmen doch endlich effizient führen: „Ihr Chaos schreckt Investoren ab.“ Der unkonventionelle, der SPÖ nahestehende Umek, der mit FPÖ-Mannen auch einmal schlagkräftige Argumente austauschte, hatte zuvor mit einem in heimischen Medien inserierten Brief an den australischen Pensionsfonds IFM Erfolg. Die Australier besserten ihr Angebot für den Wiener Flughafen nach.

Das conwert-Management bekam bald darauf den nächsten bitterbösen Brief ähnlichen Inhalts, diesmal von Fidelity, einer der größten Fondsgesellschaften weltweit.
Als das Angebot der Deutsche Wohnen über 11,50 Euro je Aktie ins Haus flatterte, erklärte sich Haselsteiner, über seine Familien-Privatstiftung mit 24,4 Prozent der größte Aktionär, bereit, zu verkaufen. Er hätte rund 60 Millionen Euro erhalten und wäre mit einer bescheidenen Rendite ausgestiegen. Umek und Proschofsky dagegen hielten das Angebot, ebenso wie Analysten, für viel zu niedrig. Sollte das Offert scheitern, werde sich „ein Aktionärskrieg“ abspielen, drohte Haselsteiner. Und er werde sich die Vorgehensweise von Umek und Proschofsky nicht gefallen lassen. Letztlich stimmten aber (inklusive Haselsteiner) nur knapp 37 Prozent des Aktienkapitals dem deutschen Angebot zu.

Dabei hatte alles recht harmonisch begonnen, als Haselsteiner und der Investmentbanker nach dem Abschied von Kerbler & Co. vor einigen Jahren in die conwert einstiegen. Petrus Advisers managte Veranlagungen für Haselsteiner, der mangels anderer Großaktionäre das Sagen bei conwert hat. „Anfangs funktionierte alles gut, dann kam es zum Bruch. Der Grund dafür dürften Männereitelkeiten und Streit ums Geld gewesen sein“, erinnert sich ein Insider. Umek stieg mit Gewinn aus, ging aber später wieder in die conwert hinein.

Ein Reibungspunkt war Johannes Meran, vormals bei Petrus Advisers und von Haselsteiner ins Management von conwert geholt. Der Konzern stand zwei Jahre lang ohne formellen Geschäftsführer da, denn Meran war Verwaltungsratschef und auch operativ tätig. Eine Doppelrolle, die nicht nur Investor Proschofsky scharf kritisierte. Mit der Übernahme der deutschen Kommunale Wohnen AG tauchten Vermutungen über Unregelmäßigkeiten auf. Es wurde ein Revisionsausschuss eingesetzt und Meran rasch verabschiedet.

Als Chefin des Verwaltungsrates wurde im Vorjahr Kerstin Gelbmann installiert. Sie managt das Firmenkonglomerat von Haselsteiner-Freund und Sanierer Erhard Grossnigg. In der Geschäftsführung inthronisierte Haselsteiner den ehemaligen ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider. Der leitete die Holding des ÖBB-Konkurrenten Westbahn, an der Haselsteiner beteiligt ist. Schneider muss sich nicht nur von Umek viel Kritik gefallen lassen. „Ein ATX-Unternehmen, das geführt wird wie eine Würstelbude“, ätzt man auch innerhalb der conwert. Die Roadshows (Unternehmenspräsentationen vor Analysten und Investoren) sollen ziemlich peinlich gewesen sein. conwert-Gründer Kerbler konstatierte in einem Standard-Interview, das Immobilien-Know-how im Vorstand sei „auf Taxifahrerniveau“.

Schneider hat das Pech, dass er in die Affäre um den Kärntner Seenverkauf des ÖGB involviert war. Er wird von der Staatsanwaltschaft als einer der zahlreichen Beschuldigten geführt, es gilt die Unschuldsvermutung. Zwischendurch gab es, so ein Zufall, eine anonyme Anzeige wegen Insiderhandels gegen Umek und Kerbler. Nix dran, befand die Korruptionsstaatsanwaltschaft und stellte der Ermittlungen Anfang April ein.

Die einzige unabhängige Verwaltungsrätin, die Ex-Siemens-Managerin und Energie-Unternehmerin Eveline Steinberger-Kern, dürfte inzwischen genug haben. Die Frau von ÖBB-Chef Christian Kern legt ihr Mandat mit Ende April nieder.

Apropos Kerbler. Er brachte gemeinsam mit Kowar die Immobilien-Gruppe 2002 an die Börse. 2007 machte das Duo gemeinsam mit Familienmitgliedern und Freunden so richtig Kasse. conwert kaufte um 216 Millionen Euro 25 externe Managementfirmen und Dienstleistungsgesellschaften. Alle Firmen gehörten Kerbler, Kowar & Co und machten ihr Geschäft hauptsächlich mit conwert. Immo-Experten bezweifelten damals stark die Bewertungen, die Anlegerschützer gingen auf die Barrikaden. Nützte alles nichts, auf einer außerordentlichen Hauptversammlung ging der Deal durch.

Die Freude über diesen Lotto-Sechser dürfte aber nicht lange gedauert haben. Die Truppe kaufte um das Geld weitere conwert-Aktien. Zu einem sehr hohen Kurs. Mit dem Absturz der Aktie war der Reichtum bald wieder zerronnen. Wie geht’s jetzt aber weiter? Haselsteiner, der derzeit keine Stellungnahme abgeben will, dürfte die Lust am Immobilien-Business verloren haben. Umek hofft auf eine „substanzielle Wertsteigerung“ der Aktie weit über das erfolglose Angebot. Mit Verweis auf die Vielzahl von Kleinanlegern, die zwischen 14 und 15,50 Euro eingestiegen waren. Aber vielleicht kommt ohnehin bald ein attraktiveres Angebot.

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