Chefs und Anwälte als Lobbyisten

Chefs und Anwälte als Lobbyisten
Schwammige Formulierungen und praxisferne Regelungen sorgen für Verwirrung.

Der Baumeister sollte sich lieber registrieren, der Rechtsanwalt unter Umständen auch: Seit Inkrafttreten des neuen Lobbying-Gesetzes am 1. Jänner rätseln selbst Experten, wer denn überhaupt ein Lobbyist ist – und sich daher ins öffentliche Lobbying-Register eintragen muss. Einen Gewerbeschein für diese Spezies gibt es in Österreich bekanntlich nicht und der Gesetzestext lässt viele Frage offen. Auch was Lobbying überhaupt ist und was genau erfasst wird, sorgt für Verwirrung und Ärger.

Der KURIER nahm den Gesetzestext unter die Lupe und fasst die aktuell wichtigsten Fragen zusammen.

Wer ist ein Lobbyist und muss sich in das neue Lobbying-Register eintragen? Das Gesetz unterscheidet drei Gruppen: 1. Lobbying-Unternehmen wie Werbe- und PR-Agenturen, die entgeltlich Lobbying-Aufträge für Firmen übernehmen. 2. Unternehmen, die Mitarbeiter zum Zwecke des Lobbyierens bei Amtsträgern beschäftigen (Inhouse-Lobbying) sowie 3. Selbstverwaltungskörper wie etwa die ÖH und Interessensvertretungen wie etwa Vereine. Es wird mit rund 2500 Eintragungspflichtigen gerechnet. Ausgenommen sind u.a. Privatpersonen, Diplomaten oder Amtsträger bei Ausübung ihrer Aufgaben.

Ab wann gilt eine Tätigkeit in einem Unternehmen als Lobbying? Das Gesetz sieht eine Geringfügigkeits-Schwelle vor. Erst wenn die Lobbying-Tätigkeit mehr als fünf Prozent des Gesamttätigkeit des Mitarbeiters ausmacht, fällt sie unter das Lobbying-Gesetz.

Was muss in das Lobbying-Register eingetragen werden? Ins Register müssen unter anderem eingetragen werden: Die Grunddaten des Unternehmens, Name und Geburtsdatum der von ihnen eingesetzten Lobbyisten, die jeweiligen Auftraggeber sowie der Auftragsbereich. Ein Auftrag darf erst ab Bekanntgabe der Eintragung bzw. während einer aufrechten Eintragung durchgeführt werden.

Unterliegen auch Firmenchefs dem Lobbying-Gesetz? Wenn ihre Lobbying-Tätigkeit bei Amtsträgern über die 5-Prozent-Schwelle hinausgeht, sehr wohl. Dies betrifft vor allem Firmen, die regelmäßig um öffentliche Aufträge rittern. Einige Juristen empfehlen, Führungskräfte quasi präventiv in das Register einzutragen.

Müssen sich auch Anwälte registrieren? Nur dann, wenn sie auch im Auftrag eines Mandanten lobbyieren. Hier gibt es allerdings eine Problem mit der Verschwiegenheitspflicht, das noch nicht restlos geklärt werden konnte.

Welche Bereiche umfasst das Gesetz eigentlich? Es umfasst alle Aktivitäten, mit denen auf die Gesetzgebung oder die Verwaltung des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände unmittelbar Einfluss genommen wird. Dabei geht es vor allem um die Kontakte und Interventionen.

Wer hat Einsicht in das Lobbying-Register und wie hoch sind die Strafen bei Nicht-Eintragung? Im allgemein öffentlichen Bereich sind nur die Grunddaten der Lobbying-Unternehmen einsehbar. Details zu den Lobbying-Aufträgen sind nur mit Genehmigung des Justizministeriums einsehbar. Verstöße nach dem Lobbying-Gesetz sind mit einer Geldstrafe von bis zu 20.000 Euro bedroht, im Wiederholungsfall bis zu 60.000. Weiters droht die Nichtigkeit von Lobbying-Aufträgen, also eine Art Berufsverbot. Dies ist rechtlich umstritten.

Was ist das Ziel des Lobbying-Gesetzes? Mehr Offenheit und Transparenz bei der Geltendmachung von Interessen gegenüber dem Gesetzgeber und der Verwaltung. „Eine Landkarte für den Lobbyismus in Österreich“, sagt Feri Thierry, Präsident der Österreichischen Public-Affairs-Vereinigung. Er glaubt aber nicht, dass dieses Gesetz die Korruption in Österreich eindämmen wird.

www.lobbyreg.justiz.gv.at

Wohl auch beeinflusst durch die jüngsten Politskandale, sehen die Österreicher Lobbying eher skeptisch, geht aus einer Gallup-Meinungsumfrage hervor. Aus der Sicht der 1000 befragten Österreicher sind vor allem Konzerne (67 Prozent), die Finanzwirtschaft (47 Prozent) und zugleich die Politik bzw. Regierung (60 Prozent) die großen Profiteure von Lobbying in Österreich. Kaum Nutzen hätten hingegen Klein- und Mittelbetriebe (22 Prozent), Vereine (15 Prozent) oder Sozialorganisationen (12 Prozent). „Vor allem Klein- und Mittelbetriebe sind die wahren Verlierer im Lobbying-Kampf, ihr Wert lag 2009 noch bei 45 Prozent“, sagt Wolfgang Lusak von Lusak Consulting, der die Studie gemeinsam mit dem Wirtschaftsforum für Führungskräfte und dem Österreichischen Gewerbeverein in Auftrag gab.

„Eine privilegierte Minderheit dominiert das Lobbying, ich halte das demokratiepolitisch für bedenklich“, fasst Lusak die Ergebnisse zusammen. Zugleich trauen nämlich 38 Prozent aller Österreicher Klein- und Mittelbetrieben (KMU) am ehesten zu, das Land aus der Krise zu bringen, während sie bei den Konzernen und der Politik höchst skeptisch sind. Für Lusak ein Zeichen dafür, dass der Mittelstand durch die „Lobby-Großmächte“ zunehmend unter die Räder kommt, während die Bevölkerung immer stärker mit den „Verlierern in der Lobbykratie“ sympathisiere. Sein Fazit: Der Mittelstand bräuchte mehr Lobbying.

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