Causa Madoff: Verdacht auf Gebührenbetrug

Der frühere US-Börsenmakler und spätere Milliarden-Betrüger Bernard Madoff hat 150 Jahre Haft ausgefasst.
Wiener Staatsanwältin schießt sich nun auf die Bank Austria ein.Die Bank bestreitet die Vorwürfe.

Den Fluch, Geschäfte mit dem späteren US-Großbetrüger Bernard Madoff gemacht zu haben, wird die UniCredit Bank Austria nicht los. Unter den Madoff-Opfern sind Tausende Anleger, die geschätzte rund 350 Millionen Euro in den von der Bank Austria gegründeten Primeo Select Fonds investiert hatten. Ohne entsprechende Kontrollen und Prüfungen sollen die Anlegergelder von Österreich über ausländische Depotbanken an Madoff bzw. seine Firma BLMIS geflossen sein. Der kaufte damit aber keine gewinnträchtigen Wertpapiere, sondern stopfte "offene Löcher" bei anderen Kunden. Ende 2008 flog Madoffs Mega-Betrug auf, im Juni 2009 wurde er zu 150 Jahren Haft verurteilt.

Seit sechs Jahren dümpelt auch bei der Staatsanwaltschaft Wien ein Ermittlungsverfahren in Sachen Madoff so dahin. Es richtet sich gegen die Bank Austria, die frühere Wiener Bank Medici und gegen Ex-Manager beider Banken. Die Bank Medici, an der die Bank Austria 25 Prozent hielt, hatte in großem Stil Anlegergelder über den Herald Fund bei Madoff investiert.

Rechtshilfe-Ersuchen

Jetzt kommt neue Bewegung in den Fall. Staatsanwältin Christina Ratz verdächtigt beide Banken, vom Pyramidensystem Madoffs "finanziell profitiert" zu haben. Neu ist dabei der Verdacht des Gebührenbetrugs, wie aus einem Rechtshilfe-Ersuchen an die Staatsanwaltschaft New York hervorgeht. Im Mittelpunkt stehen fragwürdige Verwaltungs- und Managementgebühren. "Bank Austria und Bank Medici verrechneten auffallend hohe Gebühren, wobei bisher unklar ist, durch welche Gegenleistung die Höhe der Gebühren gedeckt sein sollte", heißt es in dem Ersuchen. "Es besteht der Verdacht, dass den Gebühren keine entsprechenden Gegenleistungen gegenüberstanden und die Kunden in der Höhe der Gebühren getäuscht worden sind." Die Wiener Ermittlerin ersucht ihre US-Kollegen, Madoff und vier weitere Personen zur Verdachtslage zu befragen. Darunter ist auch Madoffs Bruder Peter, der wie auch andere Familienmitglieder in der Investmentfirma BLMIS werkte. Er hat lediglich zehn Jahr Haft ausgefasst.

Managementgebühr

Warum sich die Anklägerin auf "die Gebühren" einschießt, liegt für den Anlegeranwalt Lukas Aigner auf der Hand. Die Bank Austria hatte nicht nur den Primeo Fonds initiiert, sondern ihre Karibik-Tochter BAWFM fungierte (bis Ende 2007) als Investmentberater für den Primeo Fonds. "Die Bank Austria hat dafür über die Karibik-Tochter jährlich zwei Prozent Managementgebühr bezogen", sagt Aigner, der mehrere Hundert Primeo-Anleger vertritt. "Da Madoff selbst das Management der Fonds übernommen hat, stellt sich die Frage, ob zwei Prozent Gebühr angemessen waren."

Deadline 30. September

Indes hat Staatsanwältin Ratz die Bank Austria kürzlich aufgefordert, bis 30. September 2015 diverse interne Unterlagen über den Primeo Fonds, die Karibik-Tochter und Madoffs Firma "ungeschwärzt" vorzulegen. Darunter: alle diesbezüglichen Aufsichtsratsprotokolle der Bank Austria von 1994 bis 2009, alle internen Revisionsberichte und Risikoprüfungsberichte, "die vor oder während der Geschäftsbeziehung zu Madoffs Firma eingeholt wurden". Auch forderte sie "alle Besuchsberichte der Bank Austria über Unterredungen mit Madoff" an und alle Unterlagen über die Provisionsaufteilungen der Bank Austria Finanzservice GmbH (BAF) sowie alle ungeschwärzten Kontoauszüge und Zahlungenbelege eines bestimmten BAF-Kontos für den Zeitraum 2003 bis 2009. "Sollten die Dokumente nicht bis 30. September vorgelegt werden, werden die Dokumente durch andere in der Strafprozessordnung vorgegebene Maßnahmen beschafft werden", stellt die Staatsanwältin klar. Das ist wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Vorwürfe bestritten

"Die Bank Austria kooperiert seit Beginn der Ermittlungen vor nunmehr sechs Jahren gut mit der Staatsanwaltschaft und wird auch hier zur Aufklärung beitragen", so die Bank zum KURIER. "In der Sache selbst hat sich die Bank Austria nichts vorzuwerfen und ist selbst ein Opfer des Betrugs von Bernard Madoff. Auch in den USA gab es nie ein Strafverfahren gegen die Bank Austria oder Personen in ihrem Umkreis." Nachsatz: "Im übrigen kommentiert die Bank laufende Verfahren oder einzelne Ermittlungsschritte nicht."

"Dass die Staatsanwaltschaft Wien sechs Jahre braucht, um Bernard Madoff zu befragen, ist befremdlich", kontert Clemens Trauttenberg, der Anwalt der Bank Medici. "Es ist auch unnötig, weil in den USA bereits alles untersucht wurde und nichts Rechtswidriges gefunden wurde."

Rund 51 Milliarden Euro Schaden

Bernard "Bernie" Madoff, Jahrgang 1938, galt Jahrzehnte lang als der Wunderwuzzi unter den US-Börsenmaklern. Er jonglierte mit Milliarden-Beträgen und schüttete überdurchschnittlich hohe Gewinne an seine Klientel aus. Wie der Familienbetrieb Madoff, bei dem auch Bruder Peter und die Söhne Andrew und Mark werkten, diese beträchtlichen Erträge erwirtschaftete, war lange ein gutgehütetes Geheimnis. Laut Aktenlage gab Madoff gegenüber Kunden aber an, 95 Prozent der Primeo-Gelder in US-Aktien zu investieren, die im US-Index S&P 500 gelistet sind.

Schon im Jahr 2000 hatte ein Hedgefonds-Manager die US-Behörden davor gewarnt, dass Madoff ein Schneeballsystem betreibt – aber vergeblich. Ab der Finanzkrise 2007 begannen viele Kunden ihre Gelder von Madoffs Firma BLMIS abzuziehen, der kam dadurch ordentlich ins Trudeln. Denn: Er hatte seit Anfang der 90er-Jahre keine Veranlagungen mehr getätigt, sondern nur noch nach der Loch-auf-Loch-zu-Methode ein Schneeballsystem betrieben.

Der Lügenbaron

Im Dezember 2008 wurde er verhaftet. Er räumte ein, Anleger um umgerechnet 51 Milliarden Euro geschädigt zu haben. Insgesamt sind weltweit drei Millionen Anleger betroffen. Im Juni 2009 wurde Madoff zu 150 Jahren Haft verurteilt. Er sitzt seine Strafe im Sicherheitstrakt eines Bundesgefängnisses in North Carolina ab. Laut US-Medien verdient der Häftling Madoff heute monatlich 40 Dollar. Seine Mitgefangenen soll er mitunter mit gewieften Investmenttipps versorgen. Deatail am Rande: Das Leben von Bernie Madoff und seine Familie wurden kürzlich verfilmt. In dem Film mit den englischen Titel "The Wizard of Lies", was übersetzt sinngemäß der Lügenbaron heißt, spielt Robert De Niro den gefallenen Börsenguru Bernie Madoff und Michelle Pfeiffer seine Frau Ruth.

Kommentare