Britische Chaostage: Investoren suchen Ausgang

Harte Landung für EasyJet - und seine Aktionäre.
Aktien-Abverkauf: Banken, Fluglinien, Immobilienfirmen sind die größten Verlierer.

Die Schockwellen sind über das Wochenende keineswegs verebbt. Das Brexit-Votum hatte die Finanzmärkte auf dem falschen Fuß erwischt, das drohende Polit-Patt nach der Spanien-Wahl verstärkte die Verunsicherung noch. Die Börsenindizes in London (FTSE100), Frankfurt (DAX) und Wien (ATX) fielen auf Vier-Monats-Tiefstände. Was nicht so dramatisch klingt – turbulent wurde es allerdings für einzelne Werte:

Britische Banken

Finanztitel fielen wie ein Stein. Die Papiere der Royal Bank of Scotland verloren allein am Montag bis zu 26 Prozent ihres Wertes, jene von Barclays bis zu 23 Prozent. Die in Asien stark vertretene HSBC und Lloyds büßten nur 4 bzw. 10 Prozent ein. Innerhalb von zwei Handelstagen verloren die vier Großbanken 73 Milliarden Euro an Börsenwert.

"Es gibt keine Anzeichen einer Finanzkrise", beruhigte US-Finanzminister Jack Lew im TV-Sender CNBC. "Die Märkte wurden überrascht und wir sehen natürlich eine Reaktion. Aber auf geordnete Weise, alle Systeme funktionieren." Immerhin: Die Computer der Börsen sind nicht (wie teilweise befürchtet worden war) abgestürzt.

Euro-Banken

Munter runter ging es in Italien: Die Aktie der Bank-Austria-Mutter UniCredit verlor 8 Prozent, Intesa SanPaolo büßte 11 Prozent ein, obwohl Rom Hilfe "in verschiedenen Formen" signalisierte. Spekuliert wurde, der Staat könnte sich mit rund 40 Mrd. Euro an angeschlagenen Banken beteiligen.

Fluglinien

EasyJet und RyanAir verdanken ihren Höhenflug dem freien EU-Luftverkehr. Sie sind auf europaweite Landerechte angewiesen, die nun auf dem Spiel stehen. Die EasyJet-Aktie verlor am Montag 22,3 Prozent. RyanAir (-14 Prozent) ist zwar irisch, hat seine Flotte aber großteils in England, wo das große Geschäft gemacht wird.

Immobilien

Goldman-Sachs-Analysten erwarten, dass Großbritannien 2017 in eine Rezession stürzt. Platzt die Blase am Häusermarkt? Leidtragende wären Immobilienentwickler wie Barrat Developments (Aktienkurs -19,4 Prozent) oder British Land (-10,1 Prozent).

Wiener Börse

Verlierer bei den heimischen Werten waren Ziegelhersteller Wienerberger (-16,5 Prozent) und der Vorarlberger Leuchtenkonzern Zumtobel (-8,6 Prozent). Wienerberger hat 13 seiner 202 Werke weltweit in Großbritannien, ist dort mit Dachziegeln Marktführer und Nummer zwei bei Mauerziegeln. Zumtobel hat 2000 und 2015 die britischen Firmen Thorn und acdc samt zwei Werken übernommen; Großbritannien ist mit 240 Mio. Euro Jahresumsatz der größte Absatzmarkt. "Wir beobachten die Planungen für den Ausstieg sehr aufmerksam", sagte Zumtobel-Sprecherin Simone Deitmer. "Eine Strategie können wir aber erst entwickeln, wenn es ein konkretes Szenario gibt."

Währungen

Das Pfund Sterling wird zum Leichtgewicht: Die britische Währung stürzte auf ein frisches 31-Jahres-Tief von 1,31 Dollar, der Euro sank auf ein Drei-Monats-Tief von 1,09 Dollar.

Sichere Häfen

Die Flucht aus dem Risiko lässt Anleger zu Staatsanleihen von Deutschland und USA greifen. Glänzend sind auch die Aussichten für die "Krisenwährung" Gold: Das Edelmetall kletterte um 1,2 Prozent auf 1321 Dollar je Feinunze.

Notenbank

Auf den ersten Blick widersinnig scheint der Ansturm auf britische Staatsanleihen, zumal das Vereinigte Königreich die Spitzenbonität (AAA) verlieren dürfte. Die Schuldtitel profitieren allerdings, weil die Bank von England den Leitzins von 0,5 Prozent wohl demnächst drastisch senken wird.

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