Die Erinnerung an die Liebe verlischt

Liebe im Schatten der Krankheit: Klaus Maria Brandauer und Martina Gedeck.
Klaus Maria Brandauer als Alzheimer-Patient im TV-Film "Die Auslöschung" (13. Februar, 20.15 Uhr, ORF 2).

Kennt ihr die drei Vorteile von Demenz? Erstens: Man lernt immer wieder neue Leute kennen. Zweitens: Man kann seine Ostereier selber verstecken. Drittens: Man lernt immer wieder neue Leute kennen.“ Der charismatische Kunsthistoriker Ernst Lemden macht sich über das Vergessen lustig. Keiner weiß es, er ahnt es bereits: Das Vergessen wird für ihn bitterer Ernst.

Was liebt man an einem Menschen? Und was, wenn ausgerechnet die inneren lange vor den äußeren Werten dem Verfall preisgegeben sind? Davon handelt Nikolaus LeytnersDie Auslöschung“. Die Geschichte einer Liebe, die auf den Prüfstand kommt, als eine schwere Demenzkrankheit diagnostiziert wird.

Generation 50+

Zuerst sieht alles nach einer ganz normalen Boy-meets-Girl-Geschichte für die Generation 50+ aus. Aus einem One-Night-Stand wird mehr. Eine Vernissage, ein zweites, drittes Glas Wein, das gemeinsame Taxi führt ins Hotel. Lemden (Brandauer) erobert das Herz der scheinbar abgeklärten Restauratorin Judith Fuhrmann (Martina Gedeck). „Welch eine Nacht, ihr Götter und Göttinnen! Wie Rosen war das Bett!“, raunt er ihr nach dem Liebesakt zu, schaut ihr in die Augen. Sie ist hin und weg.

Die beiden verlieben sich, ziehen zusammen. Prächtige Altbauwohnung, Geld ist kein Thema. Sie tue ihm gut, ihrem früher so strengen, autoritären Vater, sagt dessen Tochter Katja (Birgit Minichmayr) zur neuen Lebensliebe. Doch das Glück währt nur kurz. Ernst verändert sich, wirkt zerstreut, zieht sich zurück. Er lässt sich untersuchen, die Diagnose ist niederschmetternd: Alzheimer. „Welch eine Nacht, ihr Götter und Göttinnen!“ wird Judith später wieder den Dichter Petronius zitieren, an die erste gemeinsam Nacht erinnernd. Ernst wird keine Ahnung mehr haben, was sie da eigentlich daherredet.

Vergessen vergessen

Langsam verschwindet die Erinnerung an das einsame Glück, das gemeinsam Leben. Irgendwann wird er die Frau an seiner Seite nicht mehr erkennen, wird nichts mehr von Liebe wissen und keine Ahnung haben, wer er selbst ist. Er wird vergessen, dass er vergisst. Tapfer versucht Judith, mit der Veränderung des einst scharfsinnigen Intellektuellen umzugehen.

„Es gab extreme Situationen, Wut, Momente, wo man sich dagegen aufbäumt. Und dann gibt es das sich damit Abfinden“, erzählt Martina Gedeck im KURIER-Gespräch. Immer wieder fragte sie sich: „Wie geht man damit um? Das Wesen dieses Menschen ist doch noch immer da, auch wenn er vergessen hat, was uns verbindet.“

Auch für Brandauer ist der Film in erster Linie Liebesgeschichte: „Da ist eine unbeschreibliche Aufopferung, der Film heißt zwar Auslöschung, aber, mein Gott, wer da ausgelöscht wird oder ob beide ausgelöscht werden ... aber auf jeden Fall ist es eine Liebesgeschichte, ich meine das auch nicht pathetisch: Lieben heißt, für jemand anderen auf der Welt sein.“ Wie er selbst in einer derartigen Situation umgehen würde? „Ich lege nicht meine Hand ins Feuer dafür, dass ich das könnte.“

In weiteren Rollen sind in „Auslöschung“ neben Regina Fritsch Birgit Minichmayr und Philipp Hochmair zu sehen. Sie spielen die Kinder des Kunsthistorikers Ernst Lemden, dargestellt von ihrem einstigen Schauspiellehrer Brandauer. Gedreht wurde der Film im Mai und im Juni 2012 in Wien und Umgebung. Das Buch stammt von Agnes Pluch und Nikolaus Leytner.

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