Alt gegen Jung, Reich gegen Arm: „Explosionsgefahr“

Eiffelturm-Kopie in Tianducheng, einer kaum bewohnten "Geisterstadt"
Wall-Street-Expertin Sandra Navidi warnt vor dem Platzen der Kreditblase in China und Radikalisierung.

Bekannt wurde Sandra Naividi als Expertin im Team des US-Ökonomen Nouriel Roubini, der wegen seiner pessimistischen Prognosen oft "Dr. Doom" (Dr. Untergang) genannt wird. 2011 gründete die Juristin die Beratungsfirma Beyond Global mit Sitz in New York. Sie hielt die Eröffnungsrede beim Institutionellen Altersvorsorge- und investorengipfel 2016 in Wien.

KURIER: Sie warnen vor einer neuen Schuldenkrise. Warum?

Sandra Navidi: Chinas Zentralbanker machen gar kein Hehl daraus, dass ihre größte Sorge die Kreditblase ist. Diese hat bei Chinas Schattenbanken noch mehr gewuchert als im Westen. Viele nicht kreditwürdige Firmen mit fragwürdigen Geschäftsmodellen konnten sich dadurch verschulden. Das kann ein systemisches Problem werden.

Welche Folgen hätte das Platzen der Blase?

Psychologisch und an den Börsen haben wir die Folgen im vergangenen Sommer und Anfang des Jahres gesehen. Nach der Krise 2008 hatte uns China gestützt, indem es die Binnennachfrage stimuliert hat. Fällt diese Nachfrage aus, wird das die deutsche Exportwirtschaft stark spüren.

Die Weltbank rechnet global nur mit 2,4 Prozent Wachstum. Grund zur Sorge?

Wenn das weiter sinkt, wäre das relativ beängstigend. Die Frage ist, wie viel Wachstum ist überhaupt noch möglich, angesichts der hohen Schulden, begrenzter Ressourcen und angesichts von Erfindungen, die kaum noch die Effizienz steigern und somit nicht notwendig mehr Wachstum bringen.

Das ist kein sehr erbaulicher Ausblick für die private Vorsorge.

Es gibt eine extreme Vermögens-, Einkommens- und Chancenschere, fast überall auf der Welt. Das führt zu Konfrontationen Alt – Jung, Reich – Arm oder Eliten – Proletariat. Und das birgt große Explosionsgefahr, wie der Aufstieg extremer Parteien wie der AfD in Deutschland oder von Trump in den USA zeigt. Falls die Kreditblase platzt, stellen sich Umverteilungsfragen wohl noch radikaler. Das System bricht an den Schwachstellen auf, die Altersvorsorge ist da nur ein Symptom.

Wo kommt die Rendite für die Eigenvorsorge her, bei Nullzinsen und großen Risiken?

Da habe ich kein Wundermittel parat. Die Risiken sind nicht kalkulierbar. Wie das Finanzsystem in ein paar Jahren aussieht, wissen wir nicht. Viele Amerikaner gehen davon aus, dass sie bis an ihr Lebensende arbeiten werden.

Sie haben ein Buch über die Finanzwelt verfasst. Was war die Intention von „$uper Hubs“?

Alt gegen Jung, Reich gegen Arm: „Explosionsgefahr“
Sandra Navidi, Finanzexpertin, Beyond Global, Pressefoto http://www.beyond-global.com/cgi-bin/services.pl
Viele halten die Finanzwelt für trocken, langweilig und schwer zu verstehen. Und es zirkulieren viele Verschwörungstheorien. Ich wollte dieses System den Lesern näherbringen, indem ich es über die handelnden Menschen erkläre. Das System ist nicht unmoralisch, sondern amoralisch.

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