Aktion scharf gegen Geldwäsche in Österreich

Aktion scharf gegen Geldwäsche in Österreich
Österreich muss die Schlagzahl erhöhen. Finanz und Polizei sollen enger kooperieren – nicht ganz einfach.

Die alljährliche Plenarsitzung der Antigeldwäsche-Einheit der OECD im Juni lief für Österreich dramatisch ab. Ein Großaufgebot aus Vertretern des Finanz-, Justiz- und Innenministeriums stritt mit der FATF (Financial Action Task Force) im Ho-tel "Paradise" im südkoreanischen Busan drei Tage lang über die Nicht-Effizienz Österreichs bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Der Zwischenbericht der FATF über Österreich war wie berichtet vernichtend ausgefallen, die Alpenrepublik entging nur knapp einer riesigen Blamage. Um ein Haar wäre Österreich auf der "Grauen Liste" der obersten internationalen Anti-Geldwäsche-Instanz gelandet. Und hätte sich in miserabler Gesellschaft mit Afghanistan, Uganda, dem Jemen und Syrien befunden. Das wäre für die Reputation Österreichs als Wirtschafts- und Finanzstandort katastrophal gewesen.

Die beim Bundeskriminalamt im Innenministerium angesiedelte Geldwäsche-Meldestelle wurde von der FATF mit dem Rating "low" abqualifiziert, der schlechtestmöglichen Bewertung überhaupt. Delegationsleiter Alfred Lejsek, Sektionschef im Finanzministerium, schaffte es gerade noch, dass Österreich im Bereich "internationale Kooperation" von "moderate" auf "substantial" hinaufgesetzt wurde.

Die Beanstandungen der FATF haben sich gewaschen. Österreich verfolge Geldwäsche nicht mit jener Priorität, die einem internationalem Finanzplatz gemäß wäre. Die analytischen Kapazitäten der Meldestelle, sowohl IT-mäßig als auch personell, seien viel zu bescheiden und hätten für die verfolgenden Behörden oft wenig Wert. Die Einheit habe keine analytisch relevante eigene Datenbank, keinen Zugang zum Kontenregister und keine Tools zur Analyse von Verdachtsmeldungen im Längs- und Querschnitt (data mining). Die Fokussierung auf Einzelfälle sei zu wenig.

Polizei und Justiz seien zwar ebenso wie die Gesetzgebung gut aufgestellt. Doch die Defizite in der Meldestelle, die nur als Verteilerzentrum agiere, würden die Verfolgung komplizierter Fälle erschweren. Die Zusammenarbeit mit Behörden außerhalb des Innenministeriums sei verbesserungswürdig.

Österreich wird dringend empfohlen, aufzurüsten. Außerdem müsse der Vertrauensschutz für die Melder – großteils Banken – verbessert werden. Verdächtige erfahren oft frühzeitig von den Meldungen und gehen dagegen vor. Die FATF vermutet darin den Grund für die geringe Zahl an Anzeigen (1793 im Vorjahr).

Finanzminister Hans Jörg Schelling soll ziemlich verärgert darüber gewesen sein,dass seine Leute in Südkorea für den Rest der Truppe argumentieren mussten. Für Österreich drängt die Zeit. Anfang September will die FATF den Endbericht (Mutual Evaluation Report) vorlegen.

Zwar arbeiten Finanzministerium und Bundeskriminalamt bereits daran, ein lückenloses Anti-Geldwäsche-System zu installieren und die Effizienz zu erhöhen. Den Experten im Finanzministerium, die nicht nur die fachliche Manpower, sondern auch die internationale Expertise haben, geht’s allerdings viel zu langsam.

Schelling ist nicht gerade für einen hohen Geduldspegel bekannt: "Geldwäsche ist wie Steuerbetrug kein Kavaliersdelikt und muss schärfstens geahndet werden. Österreich muss ein klares Null-Toleranz-Signal senden". Der Finanzminister fordert ein, "die Zusammenarbeit – so notwendig auch gesetzlich – weiter zu verstärken und genau zu prüfen, ob und wie eine Bündelung der Zuständigkeiten in Zukunft umgesetzt werden kann".

Das Bundeskriminalamt zeigt sich sehr bemüht. Man wolle weitere Kooperationsmechanismen erarbeiten, befristet Mitarbeiter austauschen, den Informationsfluss verbessern und die Systeme aufeinander abstimmen. Wesentlich sei auch die Aus- und Fortbildung der Experten. Im nächsten Durchgang der Ermittler sind schon Plätze für Kollegen von der Finanz reserviert.

Wäre nicht Österreich,wenn die Causa nicht auch eine politische Tangente hätte. Teile der SPÖ sind dafür, die Geldwäsche-Meldungen überhaupt ins Finanzministerium (BMF) zu übersiedeln. Ex-Finanzminister Hannes Androsch argumentierte im KURIER, die Meldestelle sei in der Himmelpfortgasse besser aufgehoben. Dort seien die Finanzthemen, die Banken und das internationale Steuerrecht.

Mit der Finanzpolizei hat das BMF tatsächlich eine erfahrene Ermittlungseinheit im Haus. Außerdem ist man jetzt schon die Koordinationsstelle für den gesamten Geldwäschebereich. Steuerbetrug und Schmuggel sind häufige Vortaten für Money Laundering. Das BMF und nicht das Innenministerium (BMI) erstellt die "Nationale Risikoanalyse", die Übersicht über mögliche Bedrohungen und Schwachstellen.

Dass beide Ministerien der ÖVP zugeordnet sind, erleichtert die Debatte nicht gerade. Innenminister Wolfgang Sobotka hat zwar genug andere Probleme geerbt. Aber Geldwäsche sei ein Strafrechtstatbestand, daher gehöre die Meldestelle zur Kriminalpolizei. Wird die Einheit abgesiedelt, könnte sie beispielsweise nicht mehr als Ermittlungsbehörde aktiv werden und wäre nicht mehr direkt an internationale Polizeisysteme wie Interpol oder Europol angebunden.

Weltweit wird die Terrorismus-Finanzierung immer brisanter. Im Zwischenbericht der FATF über Österreich wird dieser Bereich – als einer der wenigen – positiv beurteilt. Die FATF wird ihre Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten ab 2019 neu überarbeiten. Mit dem Fokus auf Terrorismus, wissen Insider.

Die Verdachtsmeldungen in Zusammenhang mit der Finanzierung von Terrorismus werden auch in Österreich häufiger. 2014 langten 63 Vorfälle ein, im Vorjahr bereits 103 Meldungen. Auch bei der Finanz meint man, dass der Kampf gegen den Terror bei der Kriminalpolizei doch besser aufgehoben sei.

Die FATF jedenfalls schreibt den Staaten nicht vor, wie sie sich organisieren müssen. Ein öffentlicher Schlagabtausch um die Zuständigkeiten würde die ohnehin höchst sensibilisierte FATF vermutlich noch misstrauischer machen. Das dürfte allen Beteiligten klar sein.

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