Debatte: Verführen E-Zigaretten zum Rauchen?

Werden dampfende Teenager später konventionelle Raucher?
Umstritten: Risiko für herkömmliche Tschick-Konsum soll sechs Mal so hoch sein.

Teenager, die nikotinhältige elektronische Zigaretten verwenden, greifen später auch eher zu herkömmlichen Glimmstängeln: Zumindest laut einer neuen Untersuchung von Forschern der University of Southern California, USA, die jetzt im Fachjournal Pediatrics veröffentlicht wurde und die Diskussion neu befeuert. Innerhalb von zwei Jahren soll die Wahrscheinlichkeit für einen Einstieg in herkömmlichen Zigarettenkonsum bei früheren Anwendern von Verdampfern sechs Mal so hoch sein wie bei Jugendlichen, die nie E-Zigaretten verwendet haben.

"Wir sind besorgt, dass Jugendliche, die mit E-Zigaretten experimentieren, später zu herkömmlichen Zigaretten, die deutlich gefährlicher sind, wechseln", sagt Jessica Barrington-Trimis, eine der Studienautorinnen.

Grundlage waren Daten von 300 High-School-Studenten aus dem Jahr 2014: Jeder Zweite sagte damals, eine E-Zigarette zumindest einmal schon probiert zu haben. Und in dieser Gruppe war dann die Wahrscheinlichkeit, auf herkömmliche Zigaretten umzusteigen, deutlich größer.

Umstrittene Daten

Doch auch diese Studie ist umstritten: Denn es sei nicht klar, ob die Jugendlichen, die ursprünglich angaben, E-Zigaretten zu verwenden, diese nur einmal probiert oder regelmäßig konsumiert hatten, sagen Kritiker. Wenn es sich um regelmäßige Konsumenten gehandelt habe, dann sei es unwahrscheinlich, dass sie in diesem hohem Ausmaß zu herkömmlichen Zigaretten gewechselt hätten. Und wenn es sich ursprünglich nur um Probierkonsumenten gehandelt habe, sei das Ergebnis nicht verwunderlich, weil diese einfach alle Rauchprodukte durchprobiert hätten.

Debatte: Verführen E-Zigaretten zum Rauchen?
A woman smokes an electronic cigarette in London, Britain August 19, 2015. Electronic cigarettes are around 95 percent less harmful than tobacco and should be promoted as a tool to help smokers quit, a study by an agency of Britain's Department of Health said on Wednesday. E-cigarettes, tobacco-free devices people use to inhale nicotine-laced vapor, have surged in popularity on both sides of the Atlantic but health organizations have so far been wary of advocating them as a safer alternative to tobacco and governments from California to India have tried to introduce bills to regulate their use more strictly. REUTERS/Neil Hall

Argumente pro...

Der Sreit um die Risiken oder Nutzen von E-Zigaretten ist seit Monaten voll entflammt: So sieht das britische Royal College of Physicians in London. Die Ärzteorganisation sieht die E-Zigarette gar als größte "Hoffnung seit Jahrzehnten", von der Nikotinsucht loszukommen. Die Hälfte oder mehr aller Raucher könnten davon profitieren. Die britischen Ärzte um Studienleiter John Britton räumen zwar ein, dass E-Zigaretten gesundheitlich nicht gänzlich unbedenklich seien. Sie sehen sie aber gerade für stark nikotinabhängige Menschen eine "brauchbare Alternative", heißt es im Fachmagazin British Medical Journal. Besonders rücken sie in ihrem umfangreichen Dossier die Langzeitfolgen ins Zentrum – diese dürften nur etwa fünf Prozent der Folgen von langem Tabakkonsum ausmachen. Sie betonen auch gesellschaftspolitische Chancen, das Rauchen "radikal zu reduzieren": E-Zigaretten böten weniger Risiken als Zigaretten.

...und contra E-Zigaretten

Dem widersprechen andere internationale Wissenschaftler und die WHO, die gesundheitliche Schäden auch durch E-Zigaretten nicht ausschließen. Univ.-Prof. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene an der MedUni Wien hält sie für einen "Schmäh wie früher die Light-Zigaretten". E-Zigaretten enthalten eine flüssige Mischung aus Propylenglykol und Glycerin, die mit Aromen und Nikotin versetzt sind. Kritiker sehen auch hier die Langzeitrisiken als nicht ausreichend geklärt. Das Department für öffentliche Gesundheit in den USA warnt vor einer zu lockeren Handhabung. "Die Konsequenzen werden verharmlost."

Debatte: Verführen E-Zigaretten zum Rauchen?
A man smokes an electronic cigarette vaporizer, also known as an e-cigarette, in Toronto, August 7, 2015. Many of the world's junior miners are laying down their picks and shovels to start new ventures ranging from egg exporting to e-cigarette company, as they as try to survive a crash in metals prices by shifting away from exploration. Picture taken on August 7, 2015. REUTERS/Mark Blinch

Die Bayerische Krebsgesellschaft warnte kürzlich vor einem Krebsrisiko auch durch E-Zigaretten. Diese enthielten Schadstoffe, die zum Teil als krebserregend gelten. "Sicherlich sind E-Zigaretten weniger schädlich als normale Zigaretten, aber harmlos sind sie keinesfalls", so Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum der Bayerischen Krebsgesellschaft. Die Belastung Dritter könne ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, denn auch beim Konsum elektrischer Zigaretten würden Nikotin und krebserregende Substanzen in die Raumluft abgegeben.

Brittons Team hingegen führt Umfragen unter Jugendlichen an, dass E-Zigaretten fast ausschließlich von jenen mit Tabakerfahrung verwendet würden. Sie sehen keine Indizien, dass die jungen Menschen durch E-Zigaretten mehr rauchen würden.

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