Belgien dreht die Partie gegen Algerien

Als Geheimtipp vieler Fans und Experten hatten die Belgier vor dem Turnier gegolten. Klar, der Kader um die Stars Eden Hazard (Chelsea), Vincent Kompany (ManCity) oder Torhüter Thibault Courtois (Atlético Madrid) liest sich auch wie eine Auswahl europäischer Klassekicker.

Dass Namen mitunter Schall und Rauch sein können, mussten die belgischen Stars zum WM-Auftakt gegen Algerien jedoch am eigenen Leib erfahren. Denn gegen den krassen Außenseiter aus Nordafrika taten sich die Belgier viel schwerer als erwartet. Der Underdog war von seinem bosnischen Coach Vahid Halilhodžić äußerst defensiv eingestellt. Tief verteidigend wollte man im Konter die Chance suchen. Und man fand sie in der 25. Minute: Nach einem schnellen Gegenstoß riss Vertonghen den Algerier Feghouli im Strafraum zu Boden – der Gefoulte verwandelte den logischen Elfmeter zum 0:1.

Der Druck auf den Geheimfavoriten wurde damit nicht kleiner, und die sich bietenden Räume wurden auch nicht größer. Zu behäbig agierte man gegen die fleißigen Algerier, die nach Ballverlust meist flink zu elft wieder hinter dem Ball waren.

Vielleicht war es auch die fehlende Turniererfahrung, die den Stars der großen Klubs fehlte. Mit Ausnahme des 36-jährigen Abwehr-Routiniers Daniel van Buyten (WM-Teilnehmer 2002) war keiner im belgischen Kader bisher bei einer EM- oder WM-Endrunde dabei. "Ich weiß deshalb nicht, wie meine Spieler mit dieser Situation umgehen werden", hatte Teamchef Marc Wilmots vor der Partie gesagt. Nach 45 Minuten gegen Algerien stapfte er mit finsterer Miene in die Kabine. Zwei Weitschüsse von Axel Witsel (21., 34. Minute) waren die magere Ausbeute bis dahin gewesen.

Kehrtwende

Ob es nach Seitenwechsel besser wurde? Zaghaft. Um ein Haar hätte Medjani per Kopf auf 0:2 gestellt (56.). Haarig wurde es für die Algerier jedoch nach der Einwechslung eines weiteren Stars bei den Belgiern: Marouane Fellaïni von Manchester United bewahrte trotz Wuschelkopfs die Übersicht und besorgte per Kopf den Ausgleich (70.).

Die Belgier erhöhten den Druck, die Algerier blieben ihrer defensiven Orientierung treu. Bis zur 80. Minute. Als sich die Fennecs, die Wüstenfüchse, plötzlich offensiv versuchten und zu viele Spieler aufgerückt waren, nutzten die Belgier den Platz: Der eingewechselte Mertens traf aus einem Konter zum 2:1 – der Endstand.

Durch die zwei Joker-Tore wurde auch die Miene von Marc Wilmots wieder heller.

Belo Horizonte, Estadio Mineirao, 55.000, SR Rodriguez (MEX)

Tore:
0:1 (25.) Feghouli (Foul-Elfmeter)
1:1 (70.) Fellaini
2:1 (80.) Mertens

Belgien: Courtois - Alderweireld, Van Buyten, Kompany, Vertonghen - Witsel, Dembele (65. Fellaini) - Chadli (46. Mertens), De Bruyne, Hazard - Lukaku (58. Origi)

Algerien: Mbolhi - Mostefa, Bouguerra, Halliche, Ghoulam - Medjani (84. Ghilas), Bentaleb - Feghouli, Taider, Mahrez (71. Lacen) - Soudani (66. Slimani)

Gelbe Karten: Vertonghen bzw. Bentaleb

Marc Wilmots (Belgien-Teamchef): "Es war ein schwieriges Match, aber wir sind die ganze Zeit geduldig gewesen und sind am Ende belohnt worden."

Dries Mertens (Belgien-Torschütze): "Für ganz Belgien ist das etwas Besonderes. Es war wichtig, mit einem Sieg zu starten. Jetzt müssen wir das zweite Spiel auch gewinnen."

Daniel van Buyten (Belgien-Abwehrspieler): "Natürlich ist es schlecht gelaufen für uns mit dem Elfmeter. Wir sind aber trotzdem weiter positiv im Kopf geblieben und nicht hektisch geworden. Wir haben gewusst, dass wir die Qualität haben, Tore zu machen. Ich bin froh, dass wir zurück ins Spiel gekommen sind und auch noch gewonnen haben. Wichtig ist die Moral, die die Mannschaft gezeigt hat. Algerien ist nicht so eine schlechte Mannschaft, sie waren hinten sehr kompakt."

Vahid Halilhodzic (Algerien-Teamchef): "Es ist eine große Enttäuschung, wir haben eine große Chance ausgelassen. In der zweiten Hälfte war es sehr schwierig für uns. Wir haben den Belgiern zu viel Räume gelassen, deshalb kamen die Gegentore auch nicht überraschend."

Sofiane Feghouli (Algerien-Torschütze): "Wir sind gut gestartet, haben aber einfach auf diesem Weltniveau noch zu wenig Erfahrung."

Madjid Bouguerra (Algerien-Kapitän): "Es war uns klar, dass Belgien großartige Fußballspieler hat. Es gibt uns trotzdem Selbstvertrauen."