Spott, Hohn und Messis Antwort

Der Superstar: Lionel Messi, unauffällig, aber Entscheidungsträger.
Der Erstauftritt der Argentinier zeigte, welch schweren Stand sie beim WM-Gastgeber haben.

Lionel Messi nimmt vor den Mikrofonen Platz. Streicht sich mit beiden Händen durchs Haar, wirkt schüchtern wie ein Schulbub, der gerade beim Schummeln erwischt worden ist. So schlimm war er eigentlich gar nicht. Der kleine Messi wurde gekürt zum "Man of The Match". Ein von einem Bierhersteller gesponserter Preis, die Belohnung für ein paar prickelnde Sekunden im Spiel gegen Bosnien-Herzegowina. Zwei Fragen – und nicht mehr – dürfen die Journalisten auf der anschließenden Pressekonferenz an ihn richten.

Messi hat ein Spiel entschieden. Das wird von ihm erwartet. Seine Bilanz offenbart eher Unauffälligkeit: Ein Treffer in typischer Manier, drei Schüsse aufs Tor, drei Fouls an ihm, eines begangen. Unbeteiligt bis lustlos war der Eindruck, den er in der ersten Halbzeit hinterließ.

Belobigung

Dennoch, Alejandro Sabella, sein Coach im Nationalteam, vergaß zuvor nicht, ihn drei Mal als den weltbesten Spieler zu bezeichnen. "Und das gilt, völlig egal wie für uns diese Weltmeisterschaft enden wird." Streicheleinheiten als Pflichtübung.

Der Coach – Fußball-Trainer spricht man in Südamerika gerne mit "Professor" an – machte auch keinen Hehl daraus, in der Pause mit seinem Superstar eine taktische Umstellung besprochen zu haben. Higuain kam als dritter Stürmer, der in der Luft hängende Messi bekam wieder Boden unter die Füße.

Messi war der Mittelpunkt Sonntagabend im Maracana von Rio de Janeiro. Natürlich. Und Argentiniens Nummer 10 stand im Rampenlicht, in einer nicht überhörbaren von Spott und Hohn geprägten verbalen Auseinandersetzung. 74.738 Zuschauer füllten das Wahrzeichen des brasilianischen Fußballs. Im ersten WM-Spiel seit 64 Jahren. Und mehr als die Hälfte davon trugen ausgerechnet das blau-weiß Gestreifte des Erzrivalen. Ein argentinisches Heimspiel in Brasilien – so etwas schmerzt.

Schätzungen zufolge haben über 100.000 Argentinier die Grenze zum nördlichen Nachbarn überschritten, gut zwei Drittel machten Rio zu ihrer Basis, dominieren seit Tagen das Farbenspiel in der Stadt. Oft laut, manchmal zu heftig. An der Copacabana wusste sich die Polizei in einem Fall nur mit dem Pfefferspray zu helfen.

Majestätsbeleidigung

Im Stadion unterstützen die Gelben das kleine Häufchen der bosnischen Fans. Die logische Konsequenz. "Fünfmaliger Weltmeister", war zunächst Hinweis genug, wer hier noch immer das Sagen hat. Brasilien. Als Argentiniens Superstar einen Freistoß weit über das Tor schoss wurde es persönlich. Die Feststellung, Messi sei im A... zu Hause, übertönte das leiser gewordene argentinische Jubelgeräusch. Wie reagierte Messi? Er schoss Augenblicke später das 2:0.

In einem Werbespott im brasilianischen TV wächst aus einem alten Ledersessel das Gesicht Diego Maradonas. Er schreit unaufhörlich "Argentina". Romario verkauft den Sessel samt Maradona im Internet. Lässt ihn mit einem Klick verschwinden.

So etwas Ähnliches würden sich die Brasilianer auch wünschen, sollten sie den Argentiniern tatsächlich noch einmal direkt gegenüberstehen. Geschehen kann dies frühstens im Finale dieser Weltmeisterschaft. Am 13. Juli, im Maracana von Rio.

Kommentare