Straßennamen: "Sie sind nicht genug gewürdigt"

Einer von 40 Straßennamen, die Frauen würdigen.
1640 Straßenbezeichnungen gibt es in Graz. Bloß 2,5 Prozent sind nach Frauen benannt.

40 Straßen in Graz tragen die Namen von Frauen. "Davon sind neun Sackstraßen, acht Privatwege und sechs nur mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreichbar", zählt Ina Mastnak auf, die sich für das Projekt "Lost Space?" auf Spurensuche gemacht hat.

1640 Straßenbezeichnungen gibt es in der Stadt. Bis auf diese 40 sind in ihnen großteils Männer, vielfach aber auch Tierarten verewigt. "Vor 20 Jahren hat ein Autor einmal geschrieben, in Graz werden die Straßen immer noch lieber nach Vogelarten benannt", erinnert sich Mastnak. "Daran hat sich bis heute nicht viel geändert."

Immerhin: Seit 2003 die Debatte über weibliche Bezeichnungen auch dank des Kulturhauptstadtjahres erstmals so richtig aufkam, gab es einen Zuwachs. Damals waren gar nur 1,5 Prozent der Grazer Straßen, Plätze und Wege nach Frauen benannt.

1844 wurde mit der Brandhofgasse die erste Grazer Straße nach einer Frau benannt sie soll an Anna Plochl, der Ehefrau Erzherzog Johanns erinnern, die vor ihrer Ernennung zur Gräfin von Meran den Titel einer Freifrau von Brandhof trug. Nach zwei Kaiserinnen, Maria Anna und Elisabeth, folgten 1846 Annenstraße und 1856 Elisabethstraße.

Gutachten erstellt

Diese Straßen zählen zu den wenigen, die im Zentrum zu finden sind. Zwar gilt seit 2003 das Ansinnen des Gemeinderates, bei neuen Bezeichnungen verdiente Frauen zu bevorzugen. Doch allein die Debatte um die Benennung des Martha-Tausk-Parks zog sich: Erstens war das Land Steiermark zuständig, zweitens ein Gutachten nötig, ehe die erste steirische Landtagsabgeordnete gewürdigt werden konnte. Graz könnte tempomäßig vom burgenländischen Güssing lernen: Kaum war Snowboard-Olympiasiegerin Julia Dujmovits aus Sotschi zurück, hatte sie auch schon ihre eigene Straße.

Drei bis fünf neue Wege und Straßen gilt es jährlich in Graz zu betiteln. Aber wo findet man die, wenn nicht bei Neubauten, fragt sich Mastnak. "Das sind dann Straßen am Stadtrand." Damit würden Frauen erst wieder an den Rand gedrängt. Bestehende Straßen umzubenennen ist nahezu unmöglich: Neben Gemeinderatsbeschlüssen braucht es dazu auch die Zustimmung jedes Anrainers der betroffenen Gasse.

Keine Orientierung

Bis Montag läuft noch eine Ausstellung über die Frauen-Namen im GrazMuseum. Mastnak will damit auch nachdenklich machen. "Ich frage mich, wo sind die Frauen? Gibt’s so wenige, die sich verdient gemacht haben?" Sie gibt die Antwort auch gleich selbst. "Nein, es gibt genug. Sie sind nur nicht genug gewürdigt." Ein für die Ausstellung modifizierter Stadtplan macht deutlich, wie wenig 40 Bezeichnungen eigentlich sind: Würde man nur diese 40 Straßennamen einzeichnen, könnte man sich in Graz nicht orientieren.http://lostspace.weblog.mur.at/

Gläserne Decke, Gehaltsschere und wenig Frauen in Führungspositionen – bis zur Gleichberechtigung ist es auch in Österreich noch ein weiter Weg. Ein ähnliches Bild zeig sich bei den Staßennamen.

Die Wiener Grünen nahmen den bevorstehenden Weltfrauentag (8. März) zum Anlass, um zu thematisieren, dass 200 von 4000 personenbezogenen Namen weiblich sind. Der Überhang an Männernamen auf den Straßen sei geschichtlich bedingt, heißt es aus dem Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Tatsächlich wird derzeit aber versucht, dieses Ungleichgewicht zu verändern.

Konkretes Beispiel sei die Seestadt Aspern. Personenbezogene Straßen in diesem Grätzel werden ausschließlich Frauennamen tragen. So wird im 22. Bezirk künftig Kaffeehausbesitzerin Josefine Hawelka oder Sängerin Maria Trapp gedacht.

In Linz gibt es laut Magistrat keine „Quotenfestlegungen“ bei Neubenennungen. In den vergangenen Jahren sei jedoch Wert auf entsprechende Berücksichtigung des weiblichen Geschlechts gelegt worden, heißt es. So wurden seit 1989 in Linz mehr als 30 Straßen nach Frauen benannt.

In Salzburg sind 34 von 1143 Straßen weiblich benannt, 529 männlich. Laut einem Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2013 sollen Frauen bei der Benennung künftig bevorzugt werden.
Innsbruck gibt Frauen bei Straßenbenennungen seit über zehn Jahren den Vortritt. Trotzdem sind nur 22 von 633 Straßennamen weiblichen Persönlichkeiten gewidmet.

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