"Wir haben eine Verpflichtung"

"Wir haben eine Verpflichtung"
Warum die Wirtschaft für die Qualität der Bildung mitverantwortlich ist.

Vergangene Woche hat im Technischen Museum in Wien der neuerrichtete Bereich Erdöl & Erdgas eröffnet. Er ist in Kooperation mit der OMV entstanden. Wie Bildung von der Wirtschaft profitieren kann und umgekehrt, haben am runden Tisch im Technischen Museum Direktorin Gabriele Zuna-Kratky, Vienna Open Lab Geschäftsführerin Karin Garber, OMV Ingenieurin Nicola Kofler und der Leiter des OMV Bohrbetriebes Wilhelm Sackmaier diskutiert.

KURIER: Das Technische Museum will mit neuen Ausstellungen vor allem junges Publikum ansprechen. Wie vermittelt man Technik richtig?

Gabriele Zuna-Kratky: 60 Prozent unserer Besucher sind jünger als 19 Jahre – man kann sie nur ansprechen, wenn man sie unterhält und spielerisch an das Thema heranführt. An den Ausstellungen arbeiten sehr viele Menschen, deren Beruf es ist, sehr komplexe Informationen, die wir von Spezialisten bekommen, auf die Besucherebene herunterzubrechen.

Im Vienna Open Lab geht es auch um Wissensvermittlung, hier soll die Technik Kindern und Jugendlichen nähergebracht werden. Wie ist Ihr Zugang?

Karin Garber: Dazu gibt es ein schönes Zitat: "Erzähle mir und ich vergesse, zeige mir und ich erinnere mich, lass mich tun und ich verstehe." Bei uns können Kinder und Jugendliche wirklich Hand an Laborgeräte anlegen und die Technik ganz praktisch kennenlernen.

Haben sie dann eine Scheu vor diesem Bereich?

Karin Garber: Das ist ganz unterschiedlich. Bei den Fünfjährigen ist die Neugierde noch sehr groß, sie wollen die Welt entdecken, stellen viele Fragen. Je älter sie werden, desto mehr wird ihnen das in der Schule aber abgewöhnt.

Die OMV engagiert sich unter anderem an der Montan-Uni Leoben, unterstützt das Technische Museum. Warum ist ihr Bildung wichtig?

Wilhelm Sackmaier: Wir haben schlicht zu wenige Techniker, die uns helfen, auch in Zukunft unsere Projekte umzusetzen. Wir müssen deshalb an die Unis gehen und dort Werbung für den technischen Bereich machen. Das gilt besonders für das Anwerben und Rekrutieren von Frauen. In der OMV Nachhaltigkeitsstrategie ist Bildung ein ganz zentrales Thema.

Sie sind Leiter des OMV Bohrbetriebes – ein öliger, schmieriger Hands-on-Bereich?

Wilhelm Sackmaier: Es gibt natürlich viele Filme, die dieses Klischee fördern. Tatsächlich sind wir ein sehr hoch automatisierter und mechanisierter Bereich. Die körperliche Arbeit wird immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Von der physischen Voraussetzung her brauchen wir keine großen kastenförmigen Kollegen, sondern Menschen, die planen, organisieren und vorausdenken können. Ich weiß, das können auch Frauen gut – wenn nicht sogar besser, als Männer.

Technik ist heute allgegenwärtig, gleichzeitig gibt es eine Scheu, in diesem Bereich zu arbeiten. Wie kann man das ändern?

Nicola Kofler: Es gibt zwei Bereiche bei denen wir mit Aufklärung ansetzen müssen. Einerseits müssen wir die Eltern überzeugen und Role Models aus der Technik vorstellen. Andererseits müssen wir den Kindern selbst zeigen: So ist unser Alltag, so sieht Energie aus, das ist unser Job. Es gibt so viele verschiedene Facetten, die wir ihnen im frühen Alter näherbringen können.

Berufe in der Technik sind gut bezahlt, bieten gute Karrierechancen. Wie familien- und frauenfreundlich sind sie?

Nicola Kofler: Technik hat kein Gender-spezifisches Attribut – sie ist weder frauenfreundlich noch -feindlich. Wenn man an ihr interessiert ist, macht sie Spaß und ist durchaus mit Familie kombinierbar. Ich selbst habe eine Tochter und bin Vollzeit berufstätig. Man sollte sich im Kopf diesbezüglich keine Barrieren aufbauen.

Das Technische Museum hat den Bereich Erdöl & Erdgas gemeinsam mit der OMV entwickelt. Was bringt eine Zusammenarbeit zwischen Institution und Unternehmen?

Gabriele Zuna-Kratky:Abgesehen von der finanziellen Unterstützung haben wir eine Reihe von Ausstellungsgegenständen als Schenkung und Know-how bekommen.

Wilhelm Sackmaier: Ich glaube, als größtes österreichisches börsennotiertes Unternehmen hat man eine gewisse Verpflichtung, im Bildungsbereich tätig zu sein. Es ist uns ein Anliegen, über Technik zu informieren.

"Wir haben eine Verpflichtung"

Nicola Kofler, Erdölingenieurin OMVNicola Kofler ist ein Role Model. Denn sie zeigt, wie eine Karriere in der Technik für Frauen funktionieren kann. Sie absolvierte die Montanuniversität in Leoben und arbeitet heute als Senior Reservoir Geophysicist bei der OMV. Sie sagt, technische Berufe seien weder frauenfeindlich noch schlecht mit einer Familie vereinbar – sie selbst hat eine Tochter.

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Karin Garber, Leiterin Vienna Open LabKarin Garber führt seit acht Jahren das molekulare Mitmach-Forschungslabor für Kinder, Lehrer und Eltern. Im Vienna Open Lab können bereits Fünfjährige knifflige Aufgaben lösen und in technische Berufe schnuppern. Sie sagt, Kinder würden in der Schule mit zunehmendem Alter das Fragen verlernen. Mit ihrem Institut will sie deren Neugier wieder wecken.

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Gabriele Zuna-Kratky, Dir. Technisches MuseumGabriele Zuna-Kratky ist seit 14 Jahren Direktorin des Technischen Museums in Wien. Mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steht sie vor der Herausforderung, Technik für die unterschiedlichsten Zielgruppen verständlich zu vermitteln. Zudem will sie mit modernen Ausstellungen, wie aktuell etwa dem Bereich Erdöl & Erdgas, neue Zielgruppen ins Museum locken.

"Wir haben eine Verpflichtung"

Wilhelm Sackmaier, Leiter Bohrbetrieb OMVLediglich zehn Prozent im Team des OMV Bohrbetrieb Leiters sind weiblich. "Das liegt daran, dass sich zu wenige Mädchen für eine technische Ausbildung entscheiden – später fehlen sie am Arbeitsmarkt." Dabei sei der Beruf des Technikers kein schmieriger oder öliger, sondern einer, in dem Frauen brillieren können. Mit Initiativen wie "Technikqueens" will man Mädchen begeistern.

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