16. Juli: Sozialisten bemühen sich um Frieden

Fotogeschichten über den neuen Thronfolger Karl und seine Gattin Zita erscheinen
In Wien läuft die PR-Maschinerie für das neue Thronfolgerpaar an, in Paris rufen die Sozialisten zum internationalen Generalstreik auf, um einen Krieg zu verhindern.

28. Juni bis 28. Juli 1914 – ein Monat, in dem die Weichen für die Urkatastrophe des Jahrhunderts gestellt wurden. Der KURIER erinnert in seiner 31-teiligen Serie daran, was auf den Tag genau vor 100 Jahren geschah. Heute: der 16. Juli 1914, der Tag , an dem die Sozialisten in Paris zum internationalen Generalstreik aufrufen, um einen Krieg zu verhindern.

Im Salle des Fêtes, in der Rue St. Martin, herrscht an diesem Tag große Aufregung. Die Galerie ist mit internationalen Vertretern der sozialistischen Parteien gefüllt. Jean Jaurès, Präsident der Sozialistischen Partei Frankreichs (Bild rechts unten),

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hat eine Resolution ausgearbeitet und ruft die Arbeiter in Deutschland und Frankreich zum Streik auf. Ein Korrespondent der Arbeiterzeitung bezeichnet dies als „besonders wirksames Mittel, um dem Kriege vorzubeugen und ihn zu verhindern.“

Dass all diese Bemühungen vergebens sind, wird Pazifist Jaurès noch miterleben – alles was danach passiert, aber nicht mehr. Der Sozialist wird am 31. Juli im „Cafe du Croissant“ vom Nationalisten Raoul Villain erschossen.

Zurück nach Österreich

Thronfolger Erzherzog Karl und seine Ehefrau Zita, geborene Prinzessin von Bourbon-Parma, stehen zunehmend im Fokus der Berichterstattung: Anekdoten aus ihrer Kindheit und rührende Worte zu ihrer Liebesheirat füllen die Seiten. Ein Mitarbeiter der Tribuna erinnert sich im Welt-Blatt an die Gemahlin von Erzherzog Karl, die in der Villa Pianora bei Lucca aufwuchs:

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„Ich kannte die niedliche Prinzessin als Kind, sah sie wachsen, und jedes Jahr hübscher werden." (Bild rechts: Zita in ihrer Kindheit in Lucca mit ihrer Schwester Irene). "Die feinen Linien ihres Gesichts wurden allmählich markanter, entschiedener.“

Die Berichte über das Paar sollen keinen Zweifel daran lassen, dass sie ihrer Aufgabe gewachsen sind. So lesen die Menschen im Interessanten Blatt über den Werdegang des Thronfolgers, dem als Schüler des Schottengymnasiums „die Prüfungen nicht leichter gemacht worden sind als einem bürgerlichen Schulkameraden“.

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Als Erzherzog Karl mit 18 Jahren seine militärische Karriere beim 7. Dragonerregiment begann, „wurde er bald der Liebling all seiner Kameraden, nicht nur wegen seines schlichten und gewinnenden Benehmens, sondern vor allem, weil er die Sache gewaltig ernst nahm und die militärischen Pflichten ohne Anspruch auf irgendeine Schonung oder Bevorzugung erfüllte“.

Auch für seine Rolle als Ehemann der schönen Zita (Bild links) gibt es viele Schmeicheleien für den 27-Jährigen: „Er lebt in glücklicher Ehe und ist ein musterhafter Familienvater.“ Dass Karl seit Wochen immer wieder zu Audienzen nach Ischl bei Kaiser Franz Joseph gebeten wird, deuten die Medien als außergewöhnliches Zeichen: Es handelt sich „weniger um politische Dinge, als um den Erzherzog persönlich“, spekuliert die Neue Freie Presse.

Was bisher geschah

Tag für Tag können Sie mit dem KURIER ein Stück Geschichte aufleben lassen. Die gesammelten Einträge aus den Monaten Juni/Juli 1914 finden Sie hier in unserem Ticker. Täglich neu.

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