Monaco: Fürstenhochzeit Nummer eins

Im Frühjahr 1956 heirateten Fürst Rainier und Grace Kelly. Das Wiener Ehepaar Antoinette und Tassilo Hohenlohe war dabei.

Mehr als ein halbes Jahrhundert ist seit damals vergangen, also wird man - so dachte ich - wohl kaum noch Zeitzeugen finden, die bei der Hochzeit des Fürsten Rainier mit der Schauspielerin Grace Kelly dabei waren. Als ich mir dann aber die Gästeliste ansah, stieß ich neben König Faruk von Ägypten, Aristoteles Onassis, dem Aga Khan und den Hollywoodstars David Niven und Ava Gardner auch auf die Namen eines Ehepaares aus Österreich: Prinzessin Antoinette und Prinz Tassilo Hohenlohe. Meinen Freund und Kolumnisten-Kollegen Karl Hohenlohe befragt, kam sogleich die Bestätigung: "Ja, meine Eltern waren dort, mein Vater war ein Cousin des Fürsten Rainier." Fotos, Einladungskarte und ein paar persönliche Erinnerungsstücke waren schnell zur Hand.

Schmuckdiebe

Antoinette Hohenlohe ist heute 84 Jahre alt, die Erinnerungen stammen jedoch eher von Karls verstorbenem Vater, der einst erzählte, dass gleich zu Beginn der Feierlichkeiten ein Großteil von Grace Kellys Schmuck abhanden kam, worauf Chauffeur und Butler von Fürst Rainiers Mutter als Täter ausgeforscht und verhaftet wurden.

Rund 700 geladene Gäste nahmen an den Hochzeitsfeiern teil. Nach der standesamtlichen Zeremonie, die am 18. April 1956 im Thronsaal stattfand, bat man zur Gala mit Primaballerina Margot Fonteyn. Den zweiten Tag ließ man nach der kirchlichen Trauung mit einem noblen Gartenfest ausklingen. "Meine Eltern erzählten", sagt Karl Hohenlohe, "dass man sich an den beiden Tagen in Monte Carlo kaum bewegen konnte, so viele Kamerateams und Fotografen waren da".

Monaco oder Marokko

Bezahlt hat das zweitägige Fest John Kelly, der milliardenschwere amerikanische Vater der Braut, der mit der Wahl seiner Tochter anfangs gar nicht glücklich war und Rainier "einen hergelaufenen, bankrotten Fürsten" nannte, von dessen Land "noch niemand je gehört hat". Grace Kellys Mutter Margaret dachte überhaupt, Rainier sei der Fürst von Marokko , und ihre Tochter würde bald "in einem Land mit Kamelen leben". Den Kellys missfiel auch, dass Rainiers Mutter Charlotte die uneheliche Tochter des Fürsten Louis II. von Monaco mit einer Wäscherin war.

In der Tat war Rainier alles andere als eine gute Partie, denn sein Fürstentum stand damals am Rande der Pleite. Der Zwergstaat - kleiner als die MGM- Studios in Hollywood, in denen Grace Kelly eben ihren letzten Film High Society drehte - hatte seine große Zeit hinter sich. Bis Rainier die glänzende Idee hatte, sich in einen Filmstar zu verlieben. Wenn Monaco heute eines der reichsten Länder der Welt ist, dann hat das viel mit dieser Heirat zu tun, die Millionen Menschen in ihren Bann und als Touristen nach Monte Carlo zog.

Auch das Ehepaar Hohenlohe hinterließ uns, dass die Gäste der Hochzeitsfeierlichkeiten sofort vom Liebreiz der Braut hingerissen waren.

Casino

Das Fürstentum blickt auf eine sehr wechselvolle Geschichte zurück. Die aus Genua stammenden Grimaldis hatten im Jahre 1297 als Raubritter die Herrschaft über Monaco erlangt. Rainiers Ur-Urgroßvater Carlo III. gründete 1863 die Casino-Gesellschaft, die das kleine Land reich machte: Monte Carlo wurde zum Spielerparadies und zum elegantesten Seebad an der Côte d'Azur.

Die Oberen Zehntausend kamen nun ins Hôtel de Paris , in den feudalen Sporting Club und ins Spielcasino. Eher diskret behandelte man die Tatsache, dass sich in Monaco Jahr für Jahr 200 Personen das Leben nahmen, die in einer Nacht am Roulettetisch ihr Vermögen verloren hatten.

Nach 1945 fehlte die Klientel, die sich einen Aufenthalt in Monte Carlo leisten konnte. Da kam die Hochzeit mit Grace Kelly gerade recht, brachte sie dem Fürstentum doch unbezahlbare Publicity und dazu noch das Geld vom Brautvater, der nicht nur zwei Millionen Dollar Mitgift zahlte, sondern als Bauunternehmer in dem Fürstentum auch viel investierte, sodass Monaco seinen Spitzenplatz unter Europas mondänen Ferienorten zurückerobern konnte.

Dabei wäre die Hochzeit beinahe geplatzt. Rainier war überzeugt davon, dass Grace - wie es sich für eine katholische Landesmutter geziemte - jungfräulich in die Ehe gehen würde. Bis deren Mutter kurz vor der Trauung im Los Angeles Herald ein Interview gab, dem zu entnehmen war, dass ihr Töchterchen bereits mit Clark Gable, Bing Crosby, Gary Cooper, Cary Grant, William Holden und anderen Herren liiert war.

Erben

Doch auch Grace war nicht die erste Wahl des Fürsten. Der hatte eine sechsjährige Romanze mit der Schauspielerin Gisèle Pascal hinter sich, die in Brüche ging, als sie sich im Auftrag der monegassischen Regierung einem Fruchtbarkeitstest unterziehen musste. Da dieser negativ ausfiel, war klar, dass Gisèle dem Fürsten keine Erben schenken konnte, womit die 700-jährige Herrschaft der Grimaldis zu Ende gegangen und das Fürstentum als Protektorat an Frankreich gefallen wäre. Übrigens hat Gisèle Pascal später einen anderen Mann geheiratet - und mit ihm ein Kind bekommen.

Bei Grace war der Test positiv, womit der "Hochzeit des Jahrhunderts" - so die Medien damals - nichts mehr im Wege stand, nicht einmal die am ersten Tag der Heirat einsetzenden schweren Regenfälle im Sonnenparadies Monaco, an die sich das Ehepaar Hohenlohe erinnerte. Brautvater Jack Kelly wiederum hinterließ uns, dass "die Kellner beim Galaempfang so mordsmäßig betresst waren, dass man sie nicht von den Generälen an den Tischen unterscheiden konnte".

Durchlaucht

Die Brauteltern gaben mittlerweile zu, dass ihr Schwiegersohn doch kein "hergelaufener Fürst" war. Ihre Unterbringung im 220-Zimmer-Palast der Grimaldis imponierte ihnen ebenso wie die Tatsache, dass Grace nach der Heirat als "Durchlaucht" angesprochen und über 142 Adelstitel verfügen würde.

Niemand im Zwergstaat hatte mit einem solchen Ansturm von Fotografen und Zehntausenden Zaungästen gerechnet, die dem Brautpaar alle möglichst nah sein wollten. Es gab Prügeleien um die besten Plätze und bösartige Zeitungskommentare wegen der chaotischen Zustände.

Albtraum

Zwar waren 30 Millionen Zuseher, die das Ereignis live im TV verfolgten, restlos begeistert, aber für das Brautpaar war die Traumhochzeit ein Albtraum. Fürst Rainier, bis vor Kurzem kaum von medialem Interesse, bewegte sich ob der 1500 Reporter, die ihn bis auf den Balkon des Schlafzimmers verfolgten, am Rande eines Nervenzusammenbruchs, und Gracia Patricia verlor vier Kilogramm. "Meine Eltern", sagte Prinzessin Caroline 1985 in der US- Today Show "fanden ihre Hochzeit grauenhaft. Sie haben sich ein Jahr lang nicht einmal die Fotos angesehen."

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