Nur der Tourneesieg fehlt Ammann noch

Das anstehende Karriere-Ende verleiht Ammann noch einmal Flügel.
Simon Ammann hat alles gewonnen, nur dem Tourneesieg springt der Schweizer noch hinterher.

Vielleicht sollten sich Gregor Schlierenzauer und Simon Ammann ja auf ein Packl hauen und gemeinsame Sache machen. Damit es bei beiden doch noch was wird mit dem Kindheitstraum und dem letzten fehlenden Puzzleteil zur perfekten Karriere und zur Aufnahme in den elitären Kreis jener Springer, die den Grand Slam gewonnen haben, also Olympiagold, WM-Gold, Gesamtweltcup und Vierschanzentournee.

Schlierenzauer könnte als zweifacher Tourneesieger zum Beispiel dem Schweizer wertvolle Tipps geben, wie der Schanzen-Klassiker zu gewinnen ist; Ammann wiederum ist als vierfacher Olympiasieger wie geschaffen, dem Tiroler bei seiner Goldmission von Sotschi auf die Sprünge zu helfen.

Dabei würden sich die beiden langjährigen Konkurrenten gar nicht einmal groß ins Gehege kommen: Gregor Schlierenzauer ordnet in diesem Winter alles dem Olympiasieg unter und nimmt die Tournee („nicht meine oberste Priorität“) sozusagen im Vorbeifliegen mit. Und für Ammann steht ein Tourneesieg sowieso längst über allem. „Ich wäre der glücklichste Mensch, wenn ich die Tournee endlich einmal gewinnen könnte“, erklärt der 32-Jährige im KURIER-Gespräch.

Hassliebe

Der letzte Makel in seiner erfolgreichen Karriere ist der Grund, warum der Schweizer überhaupt noch in die Luft geht. Als sich Ammann 2011 ernsthaft die Sinnfrage stellte, war es auch die langjährige Hassliebe Vierschanzentournee, die ihn die Rücktrittsgedanken wieder verwerfen ließen. „Ich hatte damals das Gefühl, dass es noch Ziele gibt, die ich als Skispringer erreichen möchte“, erklärt der 32-Jährige, „für mich war die Aufgabe noch nicht vollendet.“

Dafür nahm Ammann einige Strapazen und schmerzvolle Niederlagen auf sich und erfand auf seine alten Adler-Tage das Skispringen noch einmal neu. Notgedrungen, denn die neuen, hautengen Anzüge haben den Sport komplett revolutioniert. „Das Skispringen von Vancouver 2010 ist mit dem Skispringen von heute eigentlich nicht mehr vergleichbar.“

Im vergangenen Winter war dem erfolgsverwöhnten Schweizer nur zwei Mal der Sprung auf das Siegespodest gelungen, und mitunter musste man die Ergebnisliste sogar von hinten lesen, um auf den Namen des vierfachen Olympiasiegers zu stoßen: 42. (Garmisch/Partenkirchen), 40. (Bischofshofen), 35. (Trondheim), 25. (Kuopio und Innsbruck) – die Enttäuschungen und schlechten Resultate flogen dem einstigen Überflieger nur so zu. Noch vor den letzten Weltcup-Springen zog Ammann die Reißleine und machte einen weiten Bogen um die Schanzen. „Die letzte Saison hat mich richtig aufgefressen“, gesteht Ammann. Zumal in der sportlichen Krise auch die vergangenen Erfolge nicht für Motivationsschub sorgen. Eher im Gegenteil: „Es kann manchmal auch hinderlich sein, wenn du genau weißt, wie sich das Gewinnen anfühlt“, erzählt Simon Ammann.

Abschiedstournee

Mittlerweile hat sich der 32-Jährige mit den neuen Anzügen angefreundet und stellt ab und an auch wieder sein Markenzeichen zur Schau, den erhobenen Zeigefinger. Zwei Podestplätze dienen als Warnung an die Konkurrenz.

Das anstehende Karriere-Ende verleiht dem Schweizer noch einmal Flügel. Ammann wirkt vor dieser Tournee, vermutlich seiner Abschiedstournee, lockerer und gelöster als die Jahre zuvor. Das macht ihn auch so unberechenbar und gefährlich. „Für mich schließt sich der Kreis“, meint Simon Ammann jedenfalls, „aber es fällt nicht einfach, dieses Leben abzuschließen.“

Oberstdorf

Qualifikation (28. 12., 16.30), Bewerb (29. 12., 16.30).

Garmisch-Partenkirchen

Qualifikation (31.12., 14 Uhr), Bewerb (1.1., 14 Uhr).

Innsbruck

Qualifikation (3.1., 14 Uhr), Bewerb (4.1., 14 Uhr).

Bischofshofen

Qualifikation (5.1., 16.30 Uhr), Bewerb (6.1., 16 Uhr).

www.vierschanzentournee.com

Alfons Schranz ist nun schon lange ein passionierter Flugbegleiter der Vierschanzentournee und dabei hat er zwischen Oberstdorf und Bischofshofen schon so manches erlebt. Aber einen dermaßen unaufgeräumten und verschmutzten Schanzentisch wie am Bergisel, den hat der 59-jährige Präsident der Tournee-Veranstaltung auch noch nie gesehen. Der Warmwettereinbruch samt Föhnsturm hat in den letzten Tagen kübelweise Schmutz und Tannennadeln in die Anlaufspur geweht, der Schanzentisch in Innsbruck ist eine Woche vor dem Bergiselspringen als solcher nicht mehr zu erkennen. „Schön schaut’s nicht aus, wir haben die Situation aber im Griff und machen die Anlaufspur noch einmal neu“, erklärt Schranz.

Was bringt die 62. Auflage der Vierschanzentournee sonst noch für Neuigkeiten?

Lichteffekte Ausgerechnet auf der Schattenbergschanze geht den Fans und den Springern ein Licht auf. Um im Regel-Dschungel (Punkteregel, Gateregel, etc...) den Durchblick zu bewahren, wird beim Auftaktspringen in Oberstdorf erstmals eine Lasershow veranstaltet. Ein Lichtstrahl im Auslauf signalisiert den Springern und Zusehern die Weite, die für Rang eins nötig ist. Dumm nur, dass die Technik vorerst nur bei Nachtbewerben funktioniert.

Geldregen Die heurige Tournee winkt mit einem Rekordpreisgeld. Insgesamt werden 257.000 Euro ausgeschüttet, erstmals erhält auch der Sieger der Qualifikation eine Prämie (2000 Euro).

Exotenstatus Erstmals hebt auch ein Niederösterreicher bei der Tournee ab. Thomas Diethart aus dem Tullnerfeld sprang mit starken Auftritten in Engelberg (Ränge vier und sechs) ins 7-köpfige Team.

Altspatz Als Takanobu Okabe 1989 im Weltcup debütierte, war Gregor Schlierenzauer noch nicht geboren. Mit 43 gibt der Japaner ein Comeback bei der Tournee. Sollte Schlierenzauer ähnlich ausdauernd sein, müsste er noch 2033 springen.

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