ÖSV-Herren in Gröden abgeschlagen

Der Kanadier Erik Guay feierte in Südtirol seinen vierten Weltcupsieg, den zweiten in der Abfahrt nach dem Erfolg in Garmisch-Partenkirchen 2007.
Der Kanadier Erik Guay gewinnt den Abfahrts-Klassiker. Max Franz wird als Elfter bestplatzierter ÖSV-Läufer.

Sein im Sommer operiertes Knie schwillt bei Übersee-Flügen stark an. Trotzdem gewann der Kanadier Erik Guay, 32, die alpine Air-Show von Gröden.

Kjetil Jansrud, 28, hatte heuer in Schladming bei seinem Sturz im WM-Super-G einen Kreuzbandriss im Knie erlitten. Trotzdem wurde der Norweger gestern Abfahrts-Zweiter.

Johan Clarey hatte noch vor vier Monaten wegen unerträglicher Rückenschmerzen seine Rennkarriere beenden wollen. Trotzdem raste auch der 32-jährige Franzose aufs Podium.

Angesichts der Wiederauferstehung der Rekonvaleszenten muss den ÖSV-Verantwortlichen das Abschneiden der Österreicher weh tun, obwohl sich auch über Klaus Kröll, Joachim Puchner, Florian Scheiber, Hannes Reichelt usw. die unglaublichsten Leidensgeschichten erzählen ließen.

„Die Mannschaft ist okay“, sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel ins ORF-Mikrofon. „Nur die Resultate stimmen nicht.“

24 Luftsprünge

Es war eine der spektakulärsten Abfahrten aller Weltcup-Zeiten, in der es für das ÖSV-Speedteam auf der Saslong nur zu einer sehr unspektakulären Ausbeute reichte.

Gezählte 24 Mal wurde jeder Läufer auf der 3446 Meter langen Piste in die Luft katapultiert. Nicht alle überstanden die Landungen. So schlitterte der Franzose David Possion, der in Gröden zum Rennläufer-Vertreter mit Jury-Kontakt nominiert worden war, unsanft ins Netz. Und mit dem US-Hünen Steve Nyman blieb auch Vorjahrssieger auf der Strecke.

Die Österreicher können sich damit trösten, dass sie alle die Flugschau unbeschadet überstanden haben. Und dass sie mit Max Franz (24), Matthias Mayer (23),und Florian Scheiber (26) die jüngsten Läufer stellten, die bei der Machtdemonstration der Routiniers zumindest unter den ersten 15 landeten.

Tatsache aber ist, dass die ÖSV-Abfahrer im Kalenderjahr 2013 noch sieglos sind. Und dass sie nur noch eine Möglichkeit haben, um diese, seit 26 Jahren nicht mehr dagewesene Negativ-Serie zu beenden. Am 29. Dezember in Bormio. Dort, bei der kurvenreicheren, steileren Abfahrt auf der südlichen Seite des Stilfser Jochs , glauben von Klaus Kröll bis zu ÖSV-Sportdirektor Hans Pum alle, werde die Ski-Welt schon wieder ganz anders aussehen.Doch gleichgültig, ob sich der Optimismus bewahrheitet oder nicht:

Aksel Lund Svindal, 31, wird als Weltcup-Gesamtführender ins neue Jahr rutschen. Die Trennung von Julio Mancuso hat dem körperlich wie mental so gefestigt wirkenden Skandinavier offensichtlich überhaupt nicht geschadet. Mit seinem vierten Abfahrtsrang (zehn Hundertstel vor Bode Miller) am Samstag baute er seine Führung gegenüber Weltcup-Titelverteidiger Marcel Hirscher auf 175 Punkte aus.

Hirscher beschäftig derzeit nicht der Weltcup-Stand. Vielmehr lautet sein Ziel, Ted Ligety auch dann im Riesenslalom zu besiegen, wenn der nicht (wie zuletzt in Val d’Isere) ausscheidet. Auch wär’s Zeit, dass erstmals seit 1997, seit dem inzwischen 41 Jahre alten Christian Mayer, wieder ein Österreicher den Riesenslalom von Alta Badia dominiert. Der ORF überträgt Sonntag ab 9.30 Uhr.

Abfahrt: Gröden
1. Erik Guay (CAN) 1:56,65 Min.
2. Kjetil Jansrud (NOR) 1:56,77 +0,12
3. Johan Clarey (FRA) 1:56,89 +0,24
4. Aksel Lund Svindal (NOR) 1:56,94 +0,29
5. Bode Miller (USA) 1:57,04 +0,39
6. Patrick Küng (SUI) 1:57,28 +0,63
7. Manuel Osborne-Paradis (CAN) 1:57,45 +0,80
8. Werner Heel (ITA) 1:57,51 +0,86
9. Jan Hudec (CAN) 1:57,55 +0,90
10. Peter Fill (ITA) 1:57,57 +0,92
11. Max Franz (AUT) 1:57,62 +0,97
12. Georg Streitberger (AUT) 1:57,74 +1,09
13. Erik Fisher (USA) 1:57,79 +1,14
14. Matthias Mayer (AUT) 1:57,99 +1,34
15. Florian Scheiber (AUT) 1:58,02 +1,37
16. Marco Sullivan (USA) 1:58,08 +1,43
17. Hannes Reichelt (AUT) 1:58,14 +1,49
18. Adrien Theaux (FRA) 1:58,36 +1,71
19. Travis Ganong (USA) 1:58,41 +1,76
20. Klaus Kröll (AUT) 1:58,43 +1,78
21. Carlo Janka (SUI) 1:58,45 +1,80
22. Valentin Giraud Moine (FRA) 1:58,46 +1,81
23. Hans Olsson (SWE) 1:58,47 +1,82
24. Silvan Zurbriggen (SUI) 1:58,65 +2,00
25. Joachim Puchner (AUT) 1:58,75 +2,10
26. Romed Baumann (AUT) 1:58,88 +2,23
27. Didier Defago (SUI) 1:58,89 +2,24
28. Rok Perko (SLO) 1:59,06 +2,41
29. Beat Feuz (SUI) 1:59,16 +2,51
. Tobias Stechert (GER) 1:59,16 +2,51
Weiter:
32. Johannes Kröll (AUT) 1:59,27 +2,62
37. Markus Dürager (AUT) 1:59,45 +2,80
42. Manuel Kramer (AUT) 2:00,19 +3,54

Vor einem Jahr hatten Sie in Gröden bereits wie der sichere Sieger ausgesehen. Dann wurden Sie noch auf Rang drei verdrängt. Wann haben Sie sich heuer sicher gefühlt?

Erik Guay: Letztes Jahr war es aufgrund der wechselnden Wetterbedingungen nervenzerreißender. Heuer war relativ schnell klar, dass die Leute mit den hohen Startnummern recht viel Zeit verlieren. Aber ich habe bei den Interviews im Zielraum immer genau aufgepasst, was hinter meinem Rücken passiert. Richtig sicher war ich mir erst, als der Allerletzte im Ziel war.

Sie hatten im vergangenen Sommer eine Knie-Operation. Wie ist es möglich, trotzdem derart geschmeidig über einen Kurs mit so vielen Sprüngen und Wellen skizufahren? Nach meiner Operation habe ich im Sommer zweimal probiert skizufahren. Die Schmerzen waren aber zu groß, deshalb bin ich erst am 1. November zum ersten Mal auf den Skiern gestanden. Vielleicht sollten wir das jetzt immer so machen, das würde viel Zeit und Geld sparen (lacht). Mittlerweile habe ich wieder volles Vertrauen in mein Knie, das alles hält. Und im Alter von 32 Jahren ist es als Skifahrer ohnehin normal, wenn man in der Früh aufwacht und Schmerzen hat.

Hatten Sie nach den starken Trainingsläufen am Mittwoch und Donnerstag bereits mit dem Sieg spekuliert? Nach den Trainings wusste ich, dass ich das Potenzial für den Sieg habe. Vor meinem Start habe ich die Fahrt von Kjetil (Jansrud, Anm.) gesehen. Dann wusste ich, dass ich ordentlich Gas geben muss. Ich bin mit vollem Risiko auf der Ideallinie durch die Ciaslat-Wiese gefahren und wurde dafür mit dem Sieg belohnt.

Was macht Gröden so besonders für Sie? Ich glaube, dass jeder Rennfahrer diesen Kurs hier liebt. Gröden ist Spaßskifahren. Viele Sprünge, viele Wellen, tolles Gelände. Gröden gehört so wie Wengen oder Kitzbühel zu den absoluten Klassikern im Weltcup.

Die 'CANOR' genannte enge Zusammenarbeit zwischen den Teams aus Kanada und Norwegen dürfte sich angesichts der jüngsten Ergebnisse ordentlich auszahlen. Ja, wir arbeiten sehr eng zusammen und profitieren alle davon. Und es freut mich ganz besonders, wenn ich die Erfolge auf dem Podium gemeinsam mit Kjetil oder Aksel (Svindal, Anm.) feiern kann.

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