Das Erfolgsgeheimnis der Norweger

Spurensuche: Warum Norwegen derzeit die Skination Nummer eins ist.

Manchmal weiß Christian Mitter selbst nicht, wo das alles noch hinführen soll. Jetzt, wo seine norwegischen Ski-Herren gerade alles in Grund und Boden fahren und mit ihren Erfolgen im langlaufverrückten Land die Sportfans zusehends aus der Spur und auf ihre Seite bringen.

Henrik Kristoffersen, Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud stellen mit ihren Seriensiegen nicht TV-Rekordquoten auf, dank ihrer Triumphe geht es neuerdings sogar traditionellen Sprichwörtern an den Kragen: "Was hast du gemacht, als Bjørn Wirkola gesprungen ist", pflegten die Norweger in Anlehnung an die Skisprung-Legende gerne zu sagen. Seit dem vergangenen Wochenende, seit Mitters Schützlinge am Lauberhorn alle Bewerbe gewonnen haben, heißt es nur mehr: "Was hast du gemacht, als das Wengen-Wochenende war?"

Elch-Feste

Der norwegische Skisport erlebt gerade eine Hoch-Zeit, und die Elch-Feste wollen einfach kein Ende nehmen. 13:5 steht es im Länderduell mit der Ski-Großmacht Österreich vor dem Slalom auf dem Ganslernhang, der beste Speedspezialist (Svindal) ist genauso ein Norweger wie der schnellste Slalomfahrer (Kristoffersen). "Im Slalom muss man sich an Kristoffersen orientieren", gesteht Marcel Hirscher. Zum Feiern ist seit gestern, seit dem vorzeitigen Saison-Aus von Svindal, aber keinem mehr im norwegischen Lager zumute.

Dennoch bleibt eine Frage: Wieso ist das kleine norwegische Herren-Team so groß da? Warum bringen die Skandinavier immer wieder neue Stars zum Leuchten?

"Wir schauen, dass wir die Nachteile, die wir haben, zu unseren Vorteilen machen", sagt Chefcoach Christian Mitter, der seit neun Jahren im norwegischen Skisport tätig ist. Die Skandinavier haben zwar weder die personellen Ressourcen noch die finanziellen Mittel, um eine riesige Mannschaft auf die Beine zu stellen, dafür können sie ihren Rennläufern im Gegenzug aber einen ausgeprägten Teamgeist, viel Aufmerksamkeit und die notwendige Zeit zum Reifen bieten. "Der Weltcup und der Europacup werden bei uns nicht so mythisch gesehen, es gibt keine Kaderzwänge. Unsere Läufer kriegen die Chance, und wenn sie Fehler machen, bekommen sie weiter das Vertrauen", sagt Mitter.

Teamspirit

Dazu scheinen sich die Teamkollegen gegenseitig zu befruchten. Aksel Lund Svindal teilt sein Wissen mit den Jüngeren, ist sich aber nicht zu schade, auch einmal Henrik Kristoffersen um Rat zu fragen. "Unser Ansatz ist: Wenn das Team besser wird, wird auch jeder Einzelne besser."

Und Henrik Kristoffersen (21) ist ohnehin eine Ausnahmeerscheinung. Acht Weltcupsiege konnten in diesem Alter nur wenige Läufer vorweisen. "Aber Henrik hat auch schon außergewöhnlich viele Kilometer in den Beinen. Daher kommt seine Sicherheit", weiß Mitter.

Eine Aussage des Steirers müsste Marcel Hirscher und den übrigen Slalom-Konkurrenten eigentlich Sorgen bereiten: Laut Christian Mitter fährt der vierfache Saisonsieger noch gar nicht einmal in Höchstform. "Aber wir kommen dem idealen Schwung immer näher."

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