Schörghofer: "Rogan hat recht gehabt"

Skifahrer Philipp Schörghofer über Fokussierung, Geschlechterkampf, das Material und Golf.

Philipp Schörghofer ist kein Fan des Hand-Balletts vor dem Start. Während sich viele Läufer die Strecke im Geiste noch einmal vortanzen, konzentriert sich der 29-jährige Salzburger lieber darauf, nicht alle Schwünge vorauszudenken. "Das bringt doch nix. In 1000 Trainingsläufen machst du das ja auch nie. Das ist Schwachsinn."

Auch zu anderen Themen wie den Plänen von Lindsey Vonn, den Aussagen von Markus Rogan oder den neuen Riesentorlauf-Skiern hat der begeisterte Hobby-Pokerspieler eine klare Meinung.

KURIER: Herr Schörghofer, hat sich durch die Materialreform das Skifahren verändert?
Philipp Schörghofer: Es ist sicher schwieriger geworden. Das geile Gefühl vom letzten Jahr, dass das Skifahren so einfach ist, das ist es nicht mehr.

Was ist es dann? Macht das Skifahren jetzt weniger Spaß?
Nein, aber es ist halt nicht mehr so leicht. Du musst wieder besser, sauberer und bewusster Ski fahren. G’schlampert einmal einen Schwung machen, geht nicht. Aber das Nummer-eins-Ziel der FIS, den Sport sicherer zu machen, ist auf alle Fälle erfüllt, weil die Kurvenkräfte viel weniger geworden sind. Es ist auf jeden Fall sicherer und verträglicher für den Körper. Aber die Frage ist ja, ob die Reform nicht der falsche Ansatz ist.

Inwiefern?
Vielleicht hätte man die Materialänderung lieber im Jugendbereich machen sollen. 16- oder 17-Jährige sind in den letzten Jahren die gleichen Skier gefahren wie wir. Und wenn’s wir von der Kraft her gerade schaffen, dann ist es klar, dass die Jungen Kreuz- oder Knieschmerzen bekommen, weil die einfach körperlich noch nicht so ausgebildet sind wie wir. Da hast du das Schmalz einfach noch nicht für die Ski.

Bleiben wir bei der Jugend: Sie waren ja nicht nur auf Skiern, sondern auch mit dem Golfschläger ein Talent. Warum sind Sie nicht Profi geworden?
Ich hab’ immer gewusst: Wenn ich im Skifahren gut bin in Österreich, dann bin ich auf der ganzen Welt gut. Aber wenn ich im Golf in Österreich gut bin, ist das wie wenn ein Exot Skifahren will, ein Holländer vielleicht – naja, der Marcel Hirscher ist eine Ausnahme (lacht) .

Aber ein Bernd Wiesberger hat es doch weit geschafft – obwohl er ein Österreicher ist.
Stimmt. Was er erreicht hat, ist sensationell! Die meisten wissen ja gar nicht, was das bedeutet, bei der Dichte, die es im Golf gibt. Ich hätte mir nie gedacht, dass das ein Österreicher schaffen kann. Golf ist einfach ein super Sport und auch ein gutes Training, weil du dich konzentrieren musst und der Kopf eine wichtige Rolle spielt.

Wie auch bei Ihrem zweiten Hobby, dem Pokerspielen. Gibt es da Parallelen zum Skisport?
Auch beim Pokerspielen hat man viele Berg- und Talfahrten in einem Zug. Oft denkt man sich, man hat ganz gute Karten – aber dann kommt die nächste, und alles ist ganz anderes. Aber dann gewinnst du doch noch irgendwie. Das hat weniger mit Glück zu tun, mehr mit Gefühl, denke ich. Man muss auf sein Gefühl horchen, ob man aussteigt oder nicht. Auch wenn du gute Karten hast. Das ist im Skifahren auch so: Alles kompliziert zu machen und über alles nachzudenken, macht dich auch nicht schneller. Denken macht langsam.

Also hatte Markus Rogan mit seinem Sager doch recht?
Er hat sicher recht gehabt, nur hat er es falsch formuliert. Du kannst nicht im Fernsehen sagen, dass du ein Trottel sein musst, damit du erfolgreich bist. Dass du dich so fokussieren kannst, dass du an gar nichts anderes denkst, das hat er wohl gemeint, aber er hat das so ausgedrückt, wie du das vielleicht zu deinem Freund sagen kannst. Aber nicht in der Öffentlichkeit.

In der Öffentlichkeit war auch Lindsey Vonn, die in der Herren-Abfahrt in Lake Louise starten wollte. Macht das Sinn?
Sie soll das ruhig probieren, wenn sie glaubt. Aber vielleicht nicht in Lake Louise, sondern in Bormio oder Kitzbühel. Sonst ist das lächerlich. Sie will einfach wissen, wo sie steht, und für Red Bull wäre es sicher eine geniale Geschichte, die auch zur Firma passt. Sicher ist das ein PR-Gag, aber es ist allemal gescheiter als das, was die Frau Höfl-Riesch mit ihrem Buch gemacht hat, wo sie den Skiweltcup als Porno­zirkus beschreibt.

Wie meinen Sie das?
Da werden Aussagen getätigt, um den Verkauf anzukurbeln, die für viele andere, die in dem Bereich zu tun haben, zu Problemen führen. Ich glaube auch nicht, dass sie so weit gedacht hat – aber wer Familie zu Hause hat, wo dann plötzlich Misstrauen geweckt wird, der freut sich nicht über so etwas.

Ein PR-Wettlauf der beiden Alpha-Damen?
Schon irgendwie. Aber was soll dann da ein Ted Ligety sagen? Der müsste ja dann auch woanders mitfahren, denn bei uns war er in Sölden drei Sekunden vorne. Aber es gibt ja keinen anderen Wettbewerb mehr.

Wo wir schon beim Mister Riesentorlauf sind: Wie können Sie sich seinen Riesenvorsprung in Sölden erklären?
Er fährt sicher brutal gut, und er ist auch im letzten Jahr schon super gefahren – aber die drei Sekunden kann er sich auch selber nicht ganz erklären.

Gibt es einen technischen Unterschied zwischen ihm und dem Rest der Riesenslalom-Welt?
Er ist runder gefahren als alle anderen. Aber ansonsten macht er nichts anders. Schauen wir mal in Beaver Creek, wenn er am Sonntag wieder drei Sekunden schneller ist, dann haben wir ein Problem.

Was sind Ihre Ziele für die WM-Saison?
In Beaver Creek ein g’scheites Rennen zu fahren, darauf schaue ich jetzt einmal. Irgendwann will ich die Kugel, ganz klar, und heuer natürlich bei der WM in Schladming dabei sein und eine Medaille machen. Aber das kann man nicht jetzt schon timen. Ich will mich weiterentwickeln und meinen Zielen näherkommen.

Neben dem Riesenslalom fahren Sie auch Kombination. Eine aussterbende Disziplin?
Ich glaube, dass die FIS das von Anfang an falsch angegangen ist. Die Disziplin ist ja immer schon belächelt worden, das war nur ein Pausenfüller. Es ist sicher so, dass der komplettere Läufer an dem Tag gewinnt, aber es zählt halt nie so viel wie ein Slalomsieg oder ein Abfahrtssieg. Meiner Meinung nach müsste man die Kerndisziplinen mehr forcieren. Der Super-G ist doch eine geschenkte Disziplin für alle Abfahrer.

Warum?
Wenn du Abfahrer bist, bist du quasi gleich ein Zwei-Disziplinen-Fahrer, da sind ja sogar die Skier fast gleich. Es ist viel schwieriger, Slalom und Riesentorlauf gut zu fahren, weil die Bewerbe total unterschiedlich sind.

Im Skisport gibt es immer wieder schwere Stürze. Fährt bei Ihnen manchmal die Angst mit?
Nach dem Unfall von Hans Grugger war die Angst schon da. Ich bin mit ihm in die Schule gegangen, ich habe ihn gut gekannt. Da war mein Mentaltrainer wichtig. Und dann habe ich drei Wochen später meinen ersten Weltcup gewonnen. Ich habe gelernt, nix zu erzwingen, sondern einfach zu genießen, dass ich Skifahren darf. Und nicht zu weit vorauszudenken – das bringt nichts.

Apropos Zukunft: Sie haben mit Ihrer Lebensgefährtin ein Haus in Wagrain gebaut. Warum nicht in Ihrer Heimat Filzmoos?
In Wagrain hat es gut gepasst, meine Freundin ist von dort. Es taugt mir auch, ein bisschen Abstand zu haben. Filzmoos ist ein kleiner Ort mit 1000 Einwohnern. Klar ist das super, dass sich die Leute dafür interessieren, was man gerade tut oder wo man trainiert. Aber wenn du einmal zu Hause bist, möchtest du auch einfach deine Ruhe haben und einmal nicht über das reden müssen, was du gerade tust. Manchmal ist das mühsam. Was aber nicht heißt, dass ich nicht gerne nach Hause fahre.

Karriere

Philipp Schörghofer (*20. Jänner 1983 in Salzburg) stammt aus Filzmoos und besuchte die Ski-Hauptschule und die Ski-Hotelfachschule in Bad Gastein: „Ich hab’ eine abgeschlossene Ausbildung, das war mir immer wichtig.“

Von 2001 bis 2007 war der Salzburger Zeitsoldat im Heeressport-Leitungszentrum in Salzburg-Rif, am 17. Dezember 2006 startete Schörghofer erstmals in einem Weltcuprennen (Riesenslalom in Alta Badia/Platz 43). Am 12. März 2010 landete er erstmals auf dem Stockerl, als Dritter des Riesenslaloms von Garmisch-Partenkirchen.

Am 6. Februar 2011 feierte er in Hinterstoder seinen ersten Sieg, zwölf Tage später holte er Bronze im WM-Riesenslalom von Garmisch-Partenkirchen.
Zudem war der heute 29-Jährige Mitglied jener Mannschaft, die im Teambewerb Silber gewann. Schörghofer lebt mit Freundin Nina in Wagrain.
www.schoergi.com

Kommentare