"Bei mir muss nicht immer alles perfekt sein"

Der neue Chefcoach: Jürgen Kriechbaum wünscht sich für 2014 Siege.
Der neue Damen-Cheftrainer Jürgen Kriechbaum spricht über sein Leben, seine Philosophie und Ziele.

15 Rennen, 11 Podestplätze, drei Siege – einen Monat vor dem Beginn der Olympischen Spiele in Sotschi (7. bis 23. Februar) fällt die rot-weiß-rote Ski-Bilanz im Damen-Team durchwegs positiv aus. Nach den Erfolgen von Anna Fenninger (RTL) und Marlies Schild (Slalom) in Lienz blickt Jürgen Kriechbaum, 47, zurück auf seine ersten Weltcup-Monate als Cheftrainer.

KURIER: Wie hat sich Ihr Leben 2013 verändert?

Jürgen Kriechbaum: Das Leben hat sich für mich insofern verändert, dass ich viel mehr reise. Und ich habe in der Position jetzt natürlich einen größeren Spielraum, gewisse Strategien durchzuspielen. Das macht das Ganze schon sehr interessant.

Also bereuen Sie es nicht, dass Sie das Skigymnasium Stams verlassen haben?

Auf keinen Fall. Ich mache den ganzen Trainerjob von Herzen gerne. Aber für mich spielt es eine untergeordnete Rolle, ob ich mit jungen Mädchen oder Burschen arbeite, wie es im Skigymnasium Stams war, oder jetzt eben auf Top-Level, wo aber auch die Aufgabe Richtung Nachwuchs sehr präsent ist.

Sind Sie mit der Entwicklung im Nachwuchsbereich zufrieden?

Wir wollen in jeder Liga, auch im Nachwuchs, Rennen gewinnen und absolut präsent sein. Das ist mein Anspruch. Da versuchen wir hinzukommen, ohne dass man nur Resultate und Punkte zählt. Mir ist es wichtig, dass mit den jungen Läufern in einer konstruktiven Art und Weise gearbeitet wird. Man darf nicht vergessen, dass das auch nur Menschen sind: Die trainieren so gut, wie es geht, aber sind manchmal auch faul, so wie jeder von uns.

Drei Weltcup-Monate sind bereits um. Mit welchen Gefühlen ziehen Sie als Damen-Chef Bilanz für 2013?

Das Jahr hat sehr viele positive Seiten gehabt. Wenn ich überlege, dass wir im Vorjahr in der Abfahrt nach allen Rennen insgesamt 691 Punkte gehabt haben und jetzt stehen wir nach vier Rennen schon bei 620 – da sieht man doch einen riesigen Schritt. Es freut mich auch, dass ein paar jüngere Läuferinnen gepunktet haben, wie etwa Cornelia Hütter (Anm: Dritte in Val d’Isère, Abfahrt). Wir haben in den letzten Jahren immer Probleme gehabt, dass die Jungen überhaupt unter die Top 30 kommen.

Im Riesenslalom hat es weniger gut funktioniert mit dem Heranführen der Jungen. Da war nur auf routinierte Läuferinnen wie Fenninger und Zettel Verlass. Woran liegt das?

Ja, da hätte ich mir gewünscht, dass wir geschlossen vorne vertreten sind. Das ist leider so nicht gelungen. Da sind wir am Nachdenken und versuchen, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Welche könnten das sein?

Du kannst nur versuchen, über das Training zu einem ausgeprägteren Selbstvertrauen zu gelangen, damit du auch bei so schweren Bedingungen wie in Lienz bestehen kannst. Das Selbstbewusstsein in die eigene Person, in die eigenen Fähigkeiten, das ist bei manchen nicht so gegeben. Daran müssen wir arbeiten, dann ist sicher die eine oder andere Überraschung möglich.

Was bedeuten die bisherigen Leistungen für Olympia? Ist es in Hinblick auf die wenigen Quotenplätze illusorisch, dass eine weitere Riesentorlaufspezialistin die Chance bekommt?

Eher schon. Wenn man da Spielraum innerhalb der Quoten hat – was aus jetziger Sicht nicht anzunehmen ist – kann man sich darüber Gedanken machen. Wenn wir aber davon ausgehen, dass wir mit zehn Läuferinnen fünf Disziplinen besetzen müssen, ist das ein Wahnsinn. Insofern werden im RTL dann vielleicht Läuferinnen zum Einsatz kommen, die bis dahin keine Topresultate haben. Das ist uns aber auch in Vancouver so passiert, mit Elisabeth Görgl zum Beispiel, die dann im Riesenslalom Bronze gemacht hat. Abschreiben darf man die sogenannte zweite Linie also nicht.

Was wünschen Sie sich als Damen-Chef für 2014?

Klar, Siege bei Rennen. Die sind die gewisse Würze, ohne die kommst du sowieso nicht weiter. Aber andere Dinge darf man auch nicht aus den Augen verlieren.

Welche Dinge zum Beispiel?

Ich habe nicht den Anspruch, dass immer alles perfekt sein muss. Der Anspruch ist, dass man aus jeder Situation den richtigen Schluss zieht. Darin liegt der Reiz. Dann versucht man, Schritt für Schritt weiterzuarbeiten. Da ist es egal, ob es um eine Siegläuferin geht oder eine, die sich im Welt- oder Europacup etablieren soll.

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