Kitzbühel, Trinkls schmerzhafte Liebe

Wachsam: Hannes Trinkl konnte auf der Streif nie gewinnen. Heute kümmert er sich um die Strecke.
Renndirektor Hannes Trinkl schaut auch auf seiner Lieblingsstrecke auf die Gesundheit der Fahrer.

Legenden erzählen mit Schaudern vom ersten Mal. Selbst der Schweizer Hahnenkamm-Fünffach-Sieger Didier Cuche gesteht, dass er vor seinem Streif-Debüt das Kitzbüheler Starthaus am liebsten von der Hinterseite verlassen hätte. Nur bei Hannes Trinkl war das anders. Er sei glücklicherweise so gut in Form gewesen, dass er bei seinem ersten Hahnenkammrennen auf Anhieb Sechster wurde. Und keine Angst verspürte. 24 Jahre später steht der Oberösterreicher ungleich nervöser an der Streif. Denn der Abfahrtsweltmeister von 2001 nahm vor eineinhalb Jahren den heikelsten FIS-Job an. Er ist Weltcup-Boss für Abfahrt und Super-G und trägt mit dem Südtiroler Weltcupdirektor Markus Waldner die Letztverantwortung für alles, was bei 19 Speedrennen in diesem Winter mit Tempo 130 auf Skiern so alles passiert. Am Hahnenkamm hat Trinkl als Kurssetzer die 32 Richtungstore in den harten Schneeboden gerammt.

Der 47-jährige dreifache Familienvater sieht frischer aus, als so mancher der aktuellen 77 Streif-Starter. Vielleicht auch, weil Trinkl als Forstwirt und Weltcup-Funktionär das ganze Jahr über in freier Natur verbringt.

Trinkl hasst die Wärme. Bei Minusgraden taut er so richtig auf. In Santa Caterina aber, glaubt Hannes Reichelt, habe Trinkl bei der letzten Abfahrt knapp vor Jahresende "noch mehr g’schwitzt als wir Läufer".

Trinkl nickt. "In Caterina habe ich fünf Nächte lang net schlafen können."

Denn das enge, steile, wellige Gelände in Italien ließ für die Kurssetzung kaum bremsende Richtungsänderungen zu.

Umso erleichterter war Trinkl, als das letzte Abfahrtsrennen des Jahres 2016 trotz einer Harakiri-Szene (Christof Innerhofer raste mit einem Richtungstor als Begleiter bis ins Ziel) und die erste Abfahrt 2016 auf dem Lauberhorn trotz wetterbedingter Unterbrechungen ohne Verletzungen endeten.

Fahrfehler

Und Kitzbühel? Der folgenschwere Sturz von Max Franz schon im ersten Trainingslauf auf der Streif ist auf einen Fahrfehler zurückzuführen. Das sagen nicht nur die Weltcup-Direktoren.

Im Spiegel war Trinkl im Vorjahr als ein gnadenloser Kerl dargestellt worden, dem Spektakel wichtiger als die Sicherheit der Läufer sei. Weltcup-Insider widersprechen. Vielmehr wissen die Rennläufer und ihr Athletensprecher Reichelt zu schätzen, dass der Ex-Weltmeister mit ihnen ständig Rücksprache hält. Auch in Kitzbühel hat Trinkl bereits ihr Feedback eingeholt. "Die meisten sind zufrieden." Der kanadische Ex-Weltmeister Eric Guay nennt, so Trinkl, die Streif heuer sogar "voll geil." Einigen Läufern sei die Piste allerdings noch zu unruhig. "Daher werden wir bis zum zweiten Training am Donnerstag noch etwas tun."

Anders als in seinem jetzigen Direktoren-Job hatte Trinkl als Rennläufer zur Streif ein zwiespältiges Verhältnis. Es stört ihn noch heute, dass er auf ihr nie gewonnen hat. "Ich bin extra wegen Kitzbühel bis 2004 weitergefahren, um das Versäumte nachzuholen. Doch dann wurde das Rennen abgesagt." Das sollte bei der 76. Auflage der Hahnenkammshow nicht passieren.

Privat
Hannes Trinkl wurde am 1. Feber 1968 in Steyr geboren. Der Forstwirt lebt mit Ehefrau Edith in St. Pankraz. Er hat drei Kinder: Isabell (25), Irene (20) und Lukas (19).

Der Abfahrer
1991 holte er in Val d’Isère seine ersten Punkte im Weltcup. Er feierte sechs Weltcupsiege und wurde 1994 Zweiter im Abfahrtsweltcup. 1998 gewann er Olympia-Abfahrts-Bronze in Nagano. Seinen größten Erfolg feierte er 2001 mit WM-Abfahrts-Gold in St. Anton. 2004 beendete er seine Karriere.

Der Funktionär
Seit 2014 ist er FIS-Renndirektor für die Speedbewerbe.

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