Hirscher: "Matt traue ich jetzt alles zu"

Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher vor dem Slalom-Auftakt über Kritiker, den Nachwuchs und die Favoriten.

Minusgrade und Scheinwerferlicht selbst zur Mittagszeit – am nördlichsten Weltcup-Schauplatz, in Levi, wird an diesem Wochenende die Saison für die Kurzski-Spezialisten eröffnet. Ehe Marcel Hirscher vom nordschwedischen Trainingslager Kabdalis nach Finnland übersiedelte, verriet er dem KURIER, wie er die Situation in jenem Bewerb einschätzt, in dem die Nationendichte am größten ist.

KURIER: Bei Ihrem Riesentorlauf-Sieg auf dem Gletscher von Sölden waren Sie um fast zwei Sekunden schneller als der zweitplatzierte Fritz Dopfer. Ist so ein Riesen-Vorsprung auch im Slalom denkbar?

Marcel Hirscher: Das schließe ich ziemlich aus.

Nach Ihrem überlegenen Sieg herrschte speziell in der Schweiz Aufregung, weil Sie mit einem Atomic-Ski gestartet sind, auf dem statt einer Atomic- eine Marker-Bindung montiert war. Was sagen Sie dazu?

Die Kritisierer sollen sich net anschei...

Normal-Skifahrer können sich nicht vorstellen, dass gerade eine Bindung einen entscheidenden Vorteil bringen soll.

Meine Entscheidung war ohnehin mehr Geschmackssache. Man versucht eben, jedes noch so kleine Detail herauszukitzeln.

Im Spezialslalom, der dem ORF inzwischen die höchsten Sport-Einschaltziffern beschert, entstand vor allem in den letzten beiden Jahren der Eindruck, dass die Weltelite auf ihren 1,65 Meter kurzen Skiern ohnehin schon im Grenzbereich zwischen den Stangen carvt. Ist eine Steigerung denn überhaupt noch möglich?

Es wird keinen Stillstand geben. Mario Matt ist das beste Beispiel dafür.

Was trauen Sie als 25-jähriger dreifacher Gesamtweltcupsieger dem um zehn Jahre älteren Olympiasieger in diesem WM-Winter zu?

Alles. Wie der Mario jetzt schon im Training beinand ist, kann er neue Maßstäbe setzen.

Mit welchen Ausländern wird – abgesehen von den üblichen Verdächtigen à la Felix Neureuther – im Slalom vor allem zu rechnen sein?

Mir wurde erzählt, dass Cristian Deville sensationell fährt. Der Italiener ist ebenfalls schon über 30. Aber die Form ist – wie Mario Matt immer wieder eindrucksvoll beweist – keine Frage des Alters. Viel entscheidender ist eine verletzungsfreie Vorbereitungszeit. Matt ist topfit.

Ex-Weltmeister Manfred Pranger trat heuer zurück. Nächstes Jahr werden ihm vermutlich Benjamin Raich, Reinfried Herbst und Matt folgen. Gibt es Hoffnungen, dass ein Junger die Lücke schließt, die beim ÖSV hinter Ihnen bedenklich groß zu werden droht?

Manuel Feller hat ja schon aufgezeigt. Er fährt jetzt Atomic wie ich. Nach einem Markenwechsel ist aber natürlich immer etwas Geduld erforderlich. Die verdient auch Marco Schwarz. Der Kärntner ist erst 19, aber ein echter Hoffnungsträger.

Taugt Ihnen der Aufenthalt in Lappland mit der fünfstündigen Autofahrt von Schweden nach Levi?

Wir werden sicher ein paar Mal stehen bleiben. Wenn zur Abwechslung ein Rentier die Straße quert.

PS: Möglicherweise wird Hirscher wie schon im Vorjahr selbst im Zielraum von Levi mit einem Rentier konfrontiert. So eines erhält der jeweilige Sieger von den Finnen als symbolische Prämie.

Wovon die Skifahrer in Zentraleuropa nur träumen können, davon haben die Finnen in Levi derzeit mehr als genug: Minusgrade. 9,9 Grad unter null waren am Donnerstag der Höchstwert (!), schon am Nachmittag um 16 Uhr zeigte das Thermometer wieder -18,6 Grad. Am Samstag wird es immerhin etwas wärmer, wenn die Ski-Damen den ersten Slalom nach dem Rücktritt von Marlies Schild bestreiten (10 und 13 Uhr, live ORFeins).

Für die Österreicherinnen geht darum, jene Lücke zu schließen, die die Slalom-Rekordsiegerin mit ihren 35 Erfolgen in Weltcup-Torläufen hinterlässt. In der Poleposition steht ihre kleine Schwester Bernadette, 24, die im letzten Winter zwei Mal Dritte geworden ist; von den beiden Salzburgerinnen abgesehen hat es 2013/’14 keine Österreicherin aufs Podium geschafft. Seit dem Sommer ist die Studentin neu auf französischem Material unterwegs (Rossignol).

Auf Bewährtes setzen Kathrin Zettel, Michaela Kirchgasser und Nicole Hosp, für die Bichlbacherin ist der Slalom in Lappland zugleich der Saisonstart, nachdem sie die Disziplin Riesenslalom weitgehend gestrichen hat.

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