Erste Klasse oder zweite Geige

Michael Raffl und Kollegen müssen heute vor das Tor der Deutschen
Wenn Österreich am Montag gegen Deutschland um den Klassenerhalt kämpft, steht viel auf dem Spiel.

Wahrscheinlich hätte jeder Eishockey-Fan die folgende Rechnung vor Beginn der Weltmeisterschaft in Prag sofort unterschrieben: Österreich hat vor dem Duell mit Deutschland drei Punkte und kann mit einem Sieg im direkten Duell den Klassenerhalt sichern. Weil Deutschland gegen Tschechien 2:4 verlor, haben die Deutschen heute auch keine Chance mehr auf das Viertelfinale.

Nach dem 1:2 nach Verlängerung gegen Lettland scheint die Stimmung in der Öffentlichkeit dennoch zu kippen. Obwohl Österreich als größter Außenseiter in das Turnier gestartet war und gegen die langjährige A-Nation Lettland mit 14 WM-Debütanten eine überraschend starke Leistung bot. Einzig das Toreschießen klappte nicht. Sonst hätten die Österreicher mit drei, vier Toren Unterschied gewonnen.

Headcoach Daniel Ratushny sah im Videostudium noch mehr: "Gegen Lettland hatten wir 23 gute Torchancen. Klar, es geht um Tore. Aber wenn du so viele Chancen erarbeitest, werden die Tore noch kommen." Deshalb wurde gestern vor allem der Torabschluss trainiert. "Wir werden nicht den lieben Gott entscheiden lassen, ob wir treffen."

Für das österreichische Eishockey steht heute (16.15 Uhr, ORF Sport+) mehr auf dem Spiel als nur ein emotionales Duell mit Deutschland. Der Unterschied zwischen einer A-WM und einer B-WM ist wie Tag und Nacht. Auf folgende Faktoren hat der Abstieg beziehungsweise der Klassenerhalt große Auswirkungen:

Das Preisgeld

Richtig Geld verdienen kann ein Verband erst mit der Qualifikation für das Viertelfinale. Dafür werden 575.000 Dollar ausbezahlt (513.000 Euro). Für die Plätze neun bis 12 sind es 190.000 Dollar, von 13 bis 16 nur 90.000 Dollar.

Der Trainer

Headcoach Daniel Ratushny wird eine große Trainer-Karriere vorhergesagt. Im Falle des Klassenerhaltes würde sich sein Vertrag automatisch um ein Jahr verlängern. Bei einem Abstieg müsste neu verhandelt werden.

Die Testgegner

Steigt Österreich ab, sind solche Höhepunkte wie die Tests gegen USA und Kanada nicht möglich. Christian Hartl, der Geschäftsführer des Verbandes, erklärt: "Diese Teams kommen nur ein paar Tage vor der A-WM. Wenn wir absteigen, sind unsere Spieler schon im Urlaub."

Die Erfahrung

Bleibt das junge österreichische Team oben, hat es bei der WM 2016 in Russland wieder sieben Spiele auf höchstem Niveau. Duelle bei der B-WM mit Teams wie Südkorea oder Ukraine sind für Österreichs junge Spieler sportlich wertlos. Ein Klassenerhalt würde vielleicht auch wieder eine Teilnahme an der Euro Hockey Challenge bringen (wenn EHC-Teilnehmer Frankreich absteigt). Dort spielen die zwölf besten Nationen Europas sechs Spiele vor der WM. B-Nationen dürfen nicht mitspielen.

Das Image

Ein Klassenerhalt mit diesem jungen Team wäre ein gutes Zeichen. Nach USA (23,76 Jahre) und Kanada (24,96) hat Österreich mit einem Durchschnittsalter von 25,92 Jahren das drittjüngste Team dieser WM. "Es wäre ein Schub für alle unsere Bemühung im Nachwuchsbereich", sagt Christian Hartl. Auch in den Verhandlungen mit potenziellen Sponsoren hat eine A-Nation deutlich bessere Karten.

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