Österreich nach Krimi abgestiegen

Goalie Bernd Starkbaum hatte gegen Kanada so einiges zu tun - der anschließende Sieg Frankreichs tat aber mehr weh.
Die Franzosen besiegen die Letten nach Penaltyschießen, damit ist der Abstieg der Österreicher besiegelt.

Die Befürchtungen des österreichischen Eishockey haben sich am Dienstag bei der WM in Prag bewahrheitet: Frankreich und Lettland haben im Spiel gegeneinander genau jenes Resultat erzielt, das beiden den Klassenerhalt sichert und Österreich zum Abstieg verurteilte. Frankreich siegte mit 3:2 nach Penaltyschießen.

Österreich muss trotz der Siege gegen die Schweiz (4:3 n.P) und Deutschland (2:3 n.P.) sowie dem Punktgewinn gegen Lettland (1:2 n.V.) wie schon 2005 in Wien und Innsbruck, 2007 in Russland (Moskau und Mytischi), 2009 in der Schweiz (Zürich und Bern), 2011 in der Slowakei (Bratislava und Kosice) und 2013 in Helsinki gleich wieder absteigen. Seit der Einführung des neuen Modus mit zwei Achter-Gruppen haben stets zwei Siege bzw. fünf Punkte gereicht, mit zwei Ausnahmen: 2013 und 2015 erwischte es jeweils Österreich trotz zweier Siege. In der B-WM geht es nächstes Jahr damit gegen Mitabsteiger Slowenien, Italien, Polen, Japan und Südkorea.

Nervenschlacht

Der erstmalige Klassenerhalt seit elf Jahren lag lange in Reichweite, doch das Glück stand den Österreichern einmal mehr nicht zur Seite. Frankreich holte in einer Nervenschlacht im Schlussdrittel einen 0:2-Rückstand auf, vergab in den Schlusssekunden den Sieg nach regulärer Spielzeit, der Österreich erstmals seit elf Jahren den Klassenerhalt gesichert hätte. Doch Julien Desrosiers scheiterte. Im Penaltyschießen verwandelten dagegen alle drei Franzosen (Damien Fleury, Julien Desrosiers, Stephane da Costa) ihre Versuche, Lettlands Keeper Edgars Masalskis konnte keinen einzigen halten.

Lettland ging durch zwei Powerplay-Tore von Kapitän Kaspars Daugavins (12.) und Guntis Galvins (23.) 2:0 in Führung. Im Schlussdrittel gelang Frankreich durch Stephane da Costa (49.) und Sacha Treille (56.) der Ausgleich. Zehn Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit vergab Desrosiers seine Riesenchance, im Penaltyschießen durften die Franzosen aber doch jubeln. Genauso wie die Letten.

Gruppe A:

Kanada - Österreich 10:1 (4:0, 2:0, 4:1) Tore: Barrie (7.), Duchene (10., 55.), Hall (12.), Ekblad (15.), Spezza (22., 44.), Eberle (36.), MacKinnon (43.), Schenn (47.); Heinrich (43.)

Lettland - Frankreich 2:3 n.P. (1:0,1:0,0:2;0:0,0:1) Tore: Daugavins (12./PP), Galvins(23./PP) bzw. S. da Costa (49.), S. Treille (56.), Desrosiers (entscheidender Penalty)

Gruppe A
1. Kanada 7 7 0 0 0 49:14 35 21 *
2. Schweden 7 4 2 0 1 34:19 15 16 *
3. Tschechien 6 4 0 1 1 25:17 8 13 *
4. Schweiz 6 2 0 3 1 11:16 -5 9 *
5. Deutschland 7 2 0 1 4 11:24 -13 7
6. Frankreich 7 1 1 0 5 13:20 -7 5
7. Lettland 7 0 2 1 4 11:25 -14 5
8. Österreich 7 0 2 1 4 10:29 -19 5 **

* = Im Viertelfinale ** = Absteiger

Alles zur Eishockey-WM

Daniel Ratushny (Teamchef Österreich): "Es ist sehr emotional, ich finde kaum Worte. Ich bin enttäuscht für die Spieler, sie haben in sechs Spielen alles gegeben, sie hätten sich einen erfolgreichen Ausgang der Weltmeisterschaft verdient. Wir haben uns das Spiel gemeinsam mit dem Team angeschaut, es war eine intensive Enttäuschung da, fast Wut. Es war das Gefühl da, wir können es nicht glauben. Für eine Analyse der Ereignisse und Schlüsse daraus zu ziehen, ist es zu früh. Das erfolgt in den nächsten Tagen."

Dieter Kalt (ÖEHV-Verbandspräsident): "Unsere Mannschaft hätte sich den Verbleib in der A-Gruppe verdient, ohne Wenn und Aber. Es ist fast pervers, die Realität sieht leider anders aus. Bei zwei Weltmeisterschaften mit jeweils fünf Punkten den Abstieg zur Kenntnis nehmen zu müssen, tut mir für die Spieler leid, die bei der WM in Prag ihr Letztes gegeben haben. Trotz allem, wir haben als Team einen sehr guten Eindruck hinterlassen und müssen unser eingeleitetes Aufbauprogramm ganz einfach weiter durchziehen. Ich habe in den letzten Jahren noch nie eine so aufopfernd kämpfende Mannschaft wie unser Team gesehen und gratuliere jedem einzelnen, der hier in Prag mitgeholfen hat, diesen positiven Eindruck zu hinterlassen. Vor der Weltmeisterschaft haben wir von Vielen kein Vertrauen erhalten, trotz des schmerzhaften Abstiegs bin ich stolz auf das Team und alle Betreuer, die sich hier in Prag um das Prestige unseres österreichischen Eishockey bemüht haben."

Es war natürlich vermessen, einen Gedanken daran zu verschwenden, Österreich könnte gegen Kanada den einen Punkt erobern, der zur Absicherung des Klassenerhaltes reichen würde. Österreich bekam mit dem 1:10 eine fast genauso deutliche Abfuhr von Kanada wie Deutschland (0:10).

Obwohl die Kanadier zur Mittagszeit zu Beginn einen nicht sehr munteren Eindruck machten, war die Partie nach wenigen Minuten entschieden. Kanada verzichtete auf Superstar Sidney Crosby, der der einzige Spieler im Kader mit einer negativen Plus-Minus-Statistik ist (bei mehr Gegentoren als Toren auf dem Eis).

Nach zwölf Minuten stand es 3:0 für die "Weltauswahl" (Michael Raffl). "Man sieht sehr schnell, warum sie vier, fünf Millionen Dollar im Jahr verdienen und wir in der österreichischen Liga spielen", sagte Stürmer Mario Fischer über den Vergleich mit den NHL-Stars. "Es ist schon Weltklasse, gegen sie spielen zu dürfen."

Verteidiger Dominique Heinrich, der auch in diesem Duell in einigen Situationen seine Klasse zeigte, sagte: "Vielleicht war bei uns nach den harten Spielen gegen Lettland und Deutschland die Luft draußen." Der 24-Jährige war der einzige Österreicher, der Goalie Mike Smith (Arizona) nach einem schönen Antritt bezwingen konnte. Doch Heinrichs 1:6 (42.) schien die Kanadier gereizt zu haben. 21 Sekunden (!) später erhöhten sie auf 8:1. Erst nach dem 10:1 gaben sie Ruhe. "Wir wollten wissen, wie sehr wir uns seit dem 4:2 im Test in Wien vor zwei Wochen verbessert haben", erklärte Coach Todd McLellan zu.

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