Österreich ist bei der WM im Bilde

Im Stress: Gerald Wimmer schneidet jede Partie in Prag live mit, die österreichischen Spieler bekommen alle Szenen optisch aufbereitet.
Video-Coach Gerald Wimmer hilft mit bei der Vorbereitung auf die Gegner.

Wer einen Blick auf das Betreuerteam der Österreicher bei der WM in Tschechien wirft, der wird sehen, dass es dem Team an nichts mehr fehlt: Auf der Bank steht Headcoach Daniel Ratushny mit seinen Assistenten Dieter Kalt und Christoph Brandner, Teamarzt Gerhard Oberthaler sowie den Equipment-Managern Martti Hynninen und David Bedrin. Hoch oben auf der Tribüne machen sich Goalie-Coach Reinhard Divis und Entwicklungscoach Roger Bader ein Bild.

Unten in den Katakomben sitzt Gerald Wimmer. Der 51-jährige Salzburger ist karenzierter Polizist, hauptamtlicher Videocoach bei Red Bull Salzburg und dank der Freigabe seines Klubs seit Saisonbeginn auch beim Nationalteam. In Prag zerlegt er jede Partie in all ihre Einzelheiten. "Ich war bisher jeden Tag 12, 13 Stunden in der Halle." Gearbeitet wird in einer Trainer-Garderobe. Je nach Nation ist der Raum größer oder kleiner. Österreich hat den kleinsten.

Wimmer erklärt seine Arbeit bei einem Spiel: "Alles, was der Headcoach haben will, wie Spielaufbau, Forecheck, Defensiv-Zonen-Spiel, Überzahl, Unterzahl, Tore, wird live markiert." Daraus werden Clips gemacht, die der Trainer der Mannschaft zeigen will. Am Spieltag gibt es ein Pre-Game-Video, am nächsten Tag eines von der vorherigen Partie. Das Video-Studium mit der Mannschaft dauert maximal acht Minuten. "Dann ist die Konzentration eh weg", begründet Wimmer. Am Ende der Videos kommen positive Szenen, die mit Musik hinterlegt werden und die Spieler motivieren sollen.

Außerdem bekommen die Teamspieler noch einen Zusammenschnitt von allen ihren Einsätzen geschickt. Michael Raffl, der das aus der NHL gewöhnt war, hat beim Trainingscamp in Wien gleich danach gefragt. "Das Problem ist nur, dass hier in der Arena das Internet so langsam ist. Das Hochladen von einem Clip mit 100 MB dauert sechs bis sieben Stunden." Besonders schöne Aktionen sammelt Wimmer in einem eigenen Ordner. "Die gehen an Entwicklungscoach Roger Bader."

Soforthilfe

Wimmers Arbeit wird aber nicht nur für das nächste Spiel genutzt, sondern auch aktuell: Schon in der Drittelpause kann sich Headcoach Ratushny Szenen zeigen lassen und seinen Spielern Anweisungen geben.

"Es gibt viele wichtige Sachen, auf die man noch reagieren kann. Zum Beispiel ist in den letzten Minuten wichtig, dem Trainer zu sagen, wer in der Partie die meisten Bullys gewonnen hat", sagt Wimmer. Das scheint funktioniert zu haben: Gegen die Schweiz und gegen Schweden hat Österreich jeweils mehr Bullys gewonnen.

Normalerweise sind die Coaches mit Funk verbunden. "Dann kann ich ihnen gleich etwas sagen, wenn ich etwas sehe. Aber in Prag ist es in der Halle so laut, dass sie nichts verstehen. Jetzt bin ich entweder mit Roger Bader oder Reinhard Divis verbunden." Das ist der Nachteil, wenn sogar zu Mittag bei Spielen mit Österreich 14.000 Fans in der Arena sind. "Da muss ich spionieren, wie die Kanadier das machen. Bei ihnen funktioniert es. Das ist der Unterschied zu Österreich: Da ist es in den Stadien ein bisserl leiser."

Die Österreicher benutzten die elektronische Visualisierung auch in der Vorbereitung. Szenen, die das von Daniel Ratushny bevorzugte Spielsystem zeigen, wurden auf ein Portal geladen, auf das jeder im Teamkader Zugriff hat. "Wenn wir etwas hochladen, bekommt der Spieler ein eMail. So kann jeder nachschauen, wie der Trainer es in den Meetings gemeint hat."

Nach dem enttäuschenden 0:2 gegen die Franzosen hatte Gerald Wimmer noch bis tief in die Nacht hinein zu tun.

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