Olympische Spiele: Chaos-Tage vor der Eröffnung

Ringe frei: Am 5. August werden die Sommerspiele in Rio de Janeiro eröffnet.
Schlechte Unterkünfte, schlechte Organisation – die Klagen vor Olympischen Spielen haben Tradition.

Es ist leider nicht überliefert, wie’s seinerzeit um die Stimmungslage in den letzten Wochen vor den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen bestellt war. Gut möglich aber, dass auch 1896 schon die Berichterstatter vor Chaos-Spielen warnten und das große Unheil heraufbeschworen.

Olympische Spiele haben seit jeher besondere Gebote. Eines scheint da längst auch zu lauten: "Alles ist schlecht, alles ist zum Scheitern verurteilt. " Zu wenig Zeit für zu viele Probleme; zu wenig Arbeiter für zu viele Baustellen; zu wenig Geld für zu viele Aufgaben – die Panikmache vor den Spielen hat eine lange Tradition. Und wenn es nur nach den negativen Schlagzeilen in den allerletzten Tagen vor einer Eröffnungsfeier ginge, dann hätten wohl keine einzigen Olympischen Spiele jemals stattgefunden.

Déjà-vu

Das ist nun in Rio de Janeiro natürlich nicht anders. Schon seit der Vergabe der Sommerspiele an die brasilianische Metropole ist große Skepsis und harsche Kritik zu vernehmen. Die Gewässer rund um Rio? Sind zu dreckig. Die Verkehrssituation in der 6,5-Millionen-Einwohner-Stadt? Ist zu chaotisch. Die Sicherheitslage in der Stadt? Schlicht besorgniserregend und unüberschaubar.

Nichts anderes war auch schon 2014 vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien zu hören gewesen. Und das aktuelle öffentliche Wehklagen über Rio muss olympische Wegbegleiter zwangsläufig an die Sommerspiele in Athen (2004) oder die Winterspiele in Sotschi (2014) erinnern, wo erst ebenfalls das blanke Chaos angekündigt worden war – und wo am Ende dann doch alle von perfekt organisierten Veranstaltungen schwärmten, da die üblichen Kinderkrankheiten rasch behoben waren.

Stimmungslage

Natürlich passierten in Rio de Janeiro in den vergangenen Wochen etliche Pannen und Schlampereien, die gleichermaßen Zweifel wie Beunruhigung auslösten: Ein Radweg, der einstürzte und zwei Todesopfer forderte; ein Jaguar, der beim Fackellauf ausbüchste; das berüchtigte Zika-Virus, das etliche Stars zur Absage bewog; der Streik der Polizei; die turbulente politische und wirtschaftliche Situation in Brasilien, wo erst im Mai Präsidentin Dilma Rousseff suspendiert wurde; das alles verstärkte das Bild von Chaos-Spielen nur noch mehr.

In den vergangenen Tagen gingen nun die Beschwerden einiger Athleten über die Zustände im olympischen Dorf und an den Sportstätten ein. Die australische Delegation weigerte sich bislang, die offiziellen Unterkünfte zu beziehen. Delegationsleiterin Kitty Chiller bemängelte "verstopfte Toiletten, undichte Rohre, freiliegende Stromkabel und dunkle Treppen". Auch die Teams aus Argentinien und Weißrussland übten heftige Kritik. "Es gibt kein warmes und kaum kaltes Wasser. Die Kanalisation funktioniert nicht, und es fehlt an Scheiben und Treppengeländern", ließ die weißrussische Delegation verlauten.

Nicht olympiareif

Mit Empörung und Entsetzen kehrten derweil die Sportler von ihrem Lokalaugenschein bei den olympischen Ruder- und Kanurevieren zurück. "Solche schlechten Bedingungen habe ich bei Olympia noch nie erlebt", beklagte sich der deutsche Kanu-Bundestrainer Reiner Kießler. Schützling Marcus Groß hält die stark verschmutzte Lagune, in der die Bewerbe stattfinden, schlicht für "nicht olympiareif".

Die Athleten erhielten die Order, nicht in Kontakt mit dem schmutzigen Wasser zu kommen. "In solchen Momenten wird’s einem unwohl", meinte Kajak-Olympiasiegerin Franziska Weber.

Klagen über Klagen, Kritik über Kritik. Es sind die klassischen Sommerloch-Themen vor den Sommerspielen. Spätestens am 5. August werden dann alle Feuer und Flamme sein. Für Rio. Für Olympia. Dann werden die Spiele offiziell eröffnet, und der Sport übernimmt die Themenführerschaft.

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