Wie gut ist der WM-Führende?

Am Limit: Mercedes-Star Nico Rosberg gilt als Taktiker und Tüftler.
Nico Rosberg ist in der Form seines Lebens. Doch hat der Mercedes-Pilot das Zeug zum Weltmeister?

Nur gut, dass Nico Rosberg nicht auf seine Mutter hört. Der 28-jährige Deutsche könnte andernfalls längst Geschichte sein in der Formel 1. "Sie sagt ständig, dass ich nicht so schnell fahren soll", sagte der Rennfahrer einmal in einem Interview mit dem Männermagazin GQ.

Nico Rosberg verschwendet offenbar keinen Gedanken daran, ein folgsamer Sohn zu sein. Ein Sieg in Australien zum Auftakt , ein zweiter Platz in Malaysia, Rang eins in der WM – auch am Sonntag in Bahrain (Start: 17 Uhr MESZ/live ORFeins, RTL, SF2, Sky) werden Rosberg und sein Mercedes-Kollege Lewis Hamilton der Maßstab sein. "Es könnte sein, dass dies unsere Saison wird", hatte Rosberg bereits vor Saisonstart geahnt. Er wirkte eher entschlossen als ungeduldig.

Dabei galt er lange Zeit als das größte unerfüllte Versprechen der Formel 1. Mit 17 Jahren saß der Sohn des finnischen Formel-1-Weltmeisters Keke Rosberg (1982) erstmals in einem Formel-1-Auto. Gene, Netzwerk und Talent versprachen eine Weltkarriere, das Williams-Team sollte ihm auf dem Weg zum Champion entscheidend beschleunigen. Tatsächlich wirkte das englische Traditionsteam mit seinem unterlegenen Boliden wie ein Bremsklotz.

An Lob fehlte es dennoch nicht. Für Teambesitzer und Rennsport-Legende Sir Frank Williams war er der "aufregendste Fahrer des Feldes". Für seinen ersten Rennsieg sollten aber schließlich ein Wechsel zu Mercedes und 110 – zum Teil ernüchternde – Versuche nötig sein.

Das Mysterium

Wie gut ist der WM-Führende?
epa04144119 German Formula One driver Nico Rosberg of Mercedes AMG GP in action, during the second practice session for Malaysia Formula one Grand Prix at Sepang International Circuit, near Kuala Lumpur, Malaysia, 28 March 2014. The Malaysian Grand Prix will be held on 30 March. EPA/SRDJAN SUKI
Noch im letzten Jahr sagte sein Landsmann Sebastian Vettel: "Nico ist der am meisten unterschätzte Fahrer." Auch nach acht Jahren in der Königsklasse des Motorsports gibt der Mercedes-Pilot Rätsel auf. Nico Rosberg ist die letzte große Unbekannte der Formel 1. Obwohl er nichts schuldig blieb, kann niemand sagen, wie gut er tatsächlich ist. Nicht einmal Rosberg selbst: "Ich kann nur sagen, dass ich bislang noch kein weltmeisterfähiges Auto hatte. Und bis zur vergangenen Saison hatte ich auch nie ein siegfähiges."

Die ersten drei Mercedes-Jahre in dem schwächelnden Silberpfeile und an der Seite des scheiternden Michael Schumacher warfen mehr Fragen auf, als sie Antworten lieferten. Zumindest als Rosbergs Vorbild taugt Schumacher: "Ich will für Mercedes einmal das sein, was Michael für Ferrari war." Eine Ikone, ein Gott. Bescheidenheit ist keine Zier in der Formel 1.

Als Referenz hat Rosberg seit dem Vorjahr Lewis Hamilton. Es gibt wenig aussagekräftigere in der Szene. Für Doppelweltmeister Fernando Alonso ist Hamilton "der härteste Teamkollege", den er je hatte. In einem konkurrenzfähigen Auto und über eine Runde ist Hamilton kaum zu schlagen. Der Engländer bezahlt am Rennsonntag aber manchmal mit seiner Radikalität. In den Qualifyings musste sich Rosberg im Vorjahr dem Weltmeister von 2008 öfter geschlagen geben (8:11), in den Rennen konnte der Deutsche aufholen (neun Mal war Rosberg besser klassiert, zehn Mal Hamilton).

Die Fragen

Das heurige Jahr, in einem tonangebenden Mercedes, wird Antworten liefern. Schlummert in Rosberg ein Weltmeister? Und was ist über eine Saison wichtiger? Tempo oder Taktik? Speed oder Strategie? Kompromisslosigkeit oder Kalkül?

"Bei aller Rivalität sind wir Freunde geblieben", sagte Rosberg kürzlich. Die beiden verbindet nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch die Einstellung zum Geschäft – Rosberg: "Man muss sich verkaufen können. Es geht auch um Style und ums Äußere. Wenn zwei Fahrer gleich gut sind, hat derjenige bessere Chancen, der sich in dem Bereich mehr Mühe gibt."

250-mal hat er bereits dieses Drehkreuz zum Fahrerlager passiert, 250-mal ist er am offiziellen Medientag Journalisten aus England, Deutschland, Österreich oder Japan Rede und Antwort gestanden, 250-mal hat er Fans und Sponsoren getroffen und gegrüßt, was auf Neu-Deutsch mittlerweile als "Meet and Greet" bezeichnet wird.

Jenson Button wirkt dennoch nicht müde, auch nicht an diesem Formel-1-Wochenende in Bahrain, wo der englische McLaren-Pilot diese Prozedur einmal mehr souverän und charmant hinter sich gebracht. Jenson Button ist mit seinen 34 Jahren zwar nur der zweitälteste Pilot im aktuellen Fahrerfeld, Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen ist rund drei Monate älter, doch in Sachen Dienstzeit ist der Engländer einsame Spitze.

Seit 14 Jahren dreht Button, Weltmeister von 2009, seine Runden in der Königsklasse, in Bahrain bestreitet er sein 250. Rennen. Läuft alles nach Plan, ist Button am Saisonende in der ewigen Rangliste Dritter. Nur Rubens Barrichello (323) und Michael Schumacher (307) werden dann noch vor ihm liegen.

Lernwillig

Auch beim Jubiläum gibt sich der Hobby-Triathlet gewohnt bescheiden: "Ich bin immer noch nicht der perfekte Fahrer und werde es nie sein, denn es gibt immer noch mehr zu lernen."

Offenbar hält die Formel 1 jung. "Erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht", sagt Button, "erst 50 Rennen zuvor bin ich in Ungarn gewesen, habe meinen 200. Grand Prix gefeiert und ihn auch noch gewonnen."

Die Beständigkeit Buttons imponiert auch seinen Konkurrenten. "Ich ziehe meinen Hut vor ihm", sagte Landsmann Lewis Hamilton, der bei McLaren drei Jahre an der Seite des 34-Jährigen an den Start ging. "Wie er jedes Jahr zurückkommt und immer noch diese Motivation aufbringt." Skandale gab es in der Karriere von Button kaum. Seit 2009 ist das japanische Modell Jessica Michibata an der Seite des Piloten, das Paar ist eines der letzten Glamour-Paare im Zirkus.

Einen Schicksalsschlag musste Button Anfang dieses Jahres verkraften, als sein Vater John starb. Von den 247 Formel-1-Rennen seines Sohnes bis dahin verpasste der Vater lediglich eines.

Jenson Button

Der Engländer wurde am 19. Jänner 1980 in Frome geboren. Über den Kartsport kam er im Jahr 2000 in die Formel 1 zu Williams. Nach Stationen bei Benetton, Renault, BAR und Honda kam er 2009 zu BrawnGP, dem Nachfolgeteam von Honda. Mit dem Außenseiter gewann er prompt die Weltmeisterschaft und heuerte anschließend bei McLaren an. In 249 Rennen hat er bisher 15 Siege gefeiert.

Grand Prix von Bahrain

Sonntag: 17 Uhr MESZ/live ORFeins, RTL, SF2, Sky.
WM-Stand (2/19)

Fahrer: 1. Rosberg (D) 43 Pkte., 2. Hamilton (Eng) beide Mercedes 25, 3. Alonso (Sp) Ferrari 24, 4. Button (Eng) McLaren 23.

Teams: 1. Mercedes 68, 2. McLaren 43, 3. Ferrari 30.

Nächstes Rennen

GP von China am 20. April.

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